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Sprechen Museen in MV auch junge Leute an?

Sprechen Museen in MV auch junge Leute an?
Foto: Jürgen Lenz

Die Digitalisierung ist zurzeit überall das Nonplusultra. Ob das auch für die Museen in MV gilt – und ob man damit auch Kinder und Jugendliche neugierig macht, erklärt der Fachmann für solche Häuser: Andrej Quade. Er leitet die Landesfachstelle Museum beim Museumsverband.

Es gibt sie in großen Ausführungen, es gibt sie als kleine Variante – Museen. Es kann ein überschaubares Haus sein, wie das Heimatmuseum in Warnemünde, das Salzmuseum in Bad Sülze oder es sind ganze Anlagen wie das Schloss Bothmer in Klütz.

Mehr als 250 Museen gibt es in Mecklenburg-Vorpommern. Doch welche Rolle spielen Sie? Erreichen sie auch jüngere Leute? Oder sind sie ein Auslaufmodell? Andrej Quade (52), Leiter der Landesfachstelle Museum beim Museumsverband in MV, sagt im OZ-Gespräch unter anderem, wie Museen im Alltag sichtbarer werden.

In welchem Museum waren Sie zuletzt?

Im Hamburger Museum der Arbeit habe ich mir die Ausstellung ‚Grenzenlos‘ angeschaut.

Rechnen sich Museen überhaupt?

Museen rechnen sich nie. Aber: Der Kulturbereich ist ein Wirtschaftsfaktor, Museen haben zum Beispiel mehr Besucher als die Fußballstadien. In allen Museen wird sehr diszipliniert kaufmännisch gedacht. Weil wir nur das Geld ausgeben können, das wir bekommen. Museen sind keine Unternehmen, die Profit erwirtschaften, aber wir arbeiten kostendeckend.

Mit welchen Erwartungen werden heute Museen konfrontiert?

Museen sollen Orte der Bildung sein, der Authentizität, der Identität, der Begegnung, Kommunikation, der Moderation, der Diversität, touristische Hotspots, wir sollen die Demokratie stärken – sind und können wir alles, aber wir können doch nicht alles managen.

Andrej Quade Foto: Klaus Amberger

Spielt die Digitalisierung bei den Schauen in Museen eine Rolle, um Publikum, aber auch jüngere Leute zu interessieren?

Ja, ganz klar. Aber wenn ein grundsätzliches Desinteresse nicht überwunden werden kann, nützt jede Digitalisierung nichts. Und wie definieren wir Digitalisierung, was ist in diesem Zusammenhang damit gemeint? Zum Beispiel funktionieren digitale Rundgänge durch Museen nicht so wie analoge Rundgänge – das ist nicht die Zukunft. Digitalisierungen im Ausstellungsbereich sollten keinen Projektcharakter haben, sie sollten langfristig und nachhaltig wirken. Sie sollten nicht nebenher, sondern mitgedacht werden. Es gibt aber tolle Möglichkeiten, etwa die sogenannte Augmented Reality (erweiterte Realität, Anm. d. Red.). Entscheidend sind aber der Willen der Träger, die finanziellen Möglichkeiten und natürlich die Akteure im Museum. Für die Attraktivität der Häuser ist grundsätzlich aber nicht die digitale Technik entscheidend.

Nochmal zu den jungen Leuten.

Ein Weg, Museen attraktiv zu machen, ist tatsächlich die Bildung. Schüler können sogenannte Multiplikatoren sein. Aber das ist ein schweres Geschäft, auch wenn viel probiert wird, Kooperationen bestehen und Arbeitsgemeinschaften für Schüler an Museen ins Leben gerufen werden. Die Stärke von Museen ist – und darüber erreichen wir zum Teil auch die jungen Leute – Authentizität, wir zeigen originale Objekte und erzählen deren Geschichten. Das kann die Dampflok sein oder die antike Statue oder aber Briefmarken, Urkunden, Münzen oder Gemälde. Es kommt auf die Vermittlung an, um mit den Geschichten die Besucher zu faszinieren. Dafür engagieren die Häuser Museumspädagogen. Und das können sie nur, wenn sie die finanziellen Möglichkeiten haben.

Was ist entscheidend, wenn man ein Museum führt? Sie selbst standen mehr als fünf Jahre dem Technischen Landesmuseum in Wismar vor.

Wichtig ist das Leitbild eines Hauses: Man braucht eine Idee, wohin es gehen soll. Das ist die Kernmotivation. Die Finanzierung muss auskömmlich gesichert sein, ganz klar. Sonst ist zukunftsorientierte Arbeit nicht möglich. Man sollte sich klarmachen, welche Besuchergruppen hauptsächlich angesprochen werden sollen. Und man sollte seine Ideen und seine Arbeit kommunizieren und verkaufen, PR und Marketing also. Und man sollte das, was man da tut, öfters auch mal hinterfragen.

Wie werden Museen sichtbarer?

Ich denke, dass Museen stärker regional und lokal verankert werden müssen. Ich spreche nicht von Provinzialität. Ich meine vielmehr, dass zum Beispiel die Stadtgesellschaft ein Museum als Normalität für ihr Leben schätzt, etwa wie das Theater oder das Kino. Wie das gelingen kann, muss debattiert werden. Dafür sind auch die Fachleute der Museen mitverantwortlich.

Sollte man Museen zentraler führen und unter einem Dach vereinen?

Ich bin für Vielfalt, sowohl was die Themen betrifft, die Flächengröße, die Konzepte und die Art und Weise, wie die Museen geführt werden. Diese Vielfalt sorgt immer wieder für positive Überraschungen.

Haben die Museen in MV eine Zukunft?

Ja, klar!

Auf welches ambitionierte Museumsprojekt in MV sind Sie schon gespannt?

Auf einige. Als Beispiele vielleicht das Archäologische Landesmuseum, das in Rostock am Stadthafen gebaut werden soll, das Ikareum in Anklam oder die neue Dauerausstellung zu den Prämonstratenserinnen im Kloster Rehna.

Die Museen in MV in Zahlen

259 Museen gibt es in MV. Drei Viertel von ihnen stehen in kleinen Orten und Städten mit bis zu 20 000 Einwohnern. 20 Prozent davon öffnen in Gemeinden mit bis zu 1000 Einwohnern ihre Türen.

Die flächenmäßige Größe der Museen reicht von 50 Quadratmetern bis mehr als 5000 Quadratmeter. Hinzu kommen noch Flächen etwa für Sonderausstellungen, Veranstaltungen, Pädagogik und Außenanlagen.

Beinahe die Hälfte aller Museen sind Volks-, Heimat- oder regionalgeschichtliche Museen. Mehr als ein Zehntel der Museen sind kulturgeschichtliche Spezialmuseen, ebenso hoch ist der Anteil der museumsähnlichen Einrichtungen (zum Beispiel Bibelzentrum Barth). Neun Prozent zählen zu den historischen und archäologischen Museen. Außerdem gibt es Kunstmuseen (8 Prozent) Schloss- und Burgmuseen (6 Prozent), Naturkunde-, Naturwissenschafts- und Technikmuseen (5 Prozent).

Die meisten Museen befinden sich in der Trägerschaft von Städten und Gemeinden (34 Prozent), mehr als ein Viertel in Vereinsträgerschaft, fünf Prozent werden von gemeinnützigen GmbHs getragen, auf Stiftungen und Privatpersonen entfallen jeweils vier Prozent.

Museen in MV: www.museumsverband-mv.de/museen-in-mv

Von Klaus Amberger

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