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„Spotlight“-Produzentin Helga Löbel: „Jugendliche konsumieren viel erbarmungsloser“

„Spotlight“-Produzentin Helga Löbel: „Jugendliche konsumieren viel erbarmungsloser“
Foto: Unsplash/Jon Tyson

Am 8. Dezember erscheint die sechste Staffel von „Spotlight“ auf Paramount+. Helga Löbel begleitet die Jugendserie seit Staffel eins. Mit MADS spricht sie über ihre Arbeit als UFA-Serial-Drama-Produzentin von Kinder- und Jugendserien.


MADS: Für jemanden, der nicht aus der Filmbranche kommt: Was macht eine Produzentin?

Helga Löbel: Erst mal macht das jede anders. Aber für mich sucht eine Produzentin eine Geschichte. Und dann kümmert sie sich vom weißen Blatt bis zur Kino- oder Fernsehausstrahlung um das Projekt. Sie ist also an jedem Schritt der Produktion federführend beteiligt.

Helga Löbel ist eine deutsche Film- und Fernsehproduzentin für Kinder- und Jugendformate bei der Produktionsfirma UFA Serial Drama. Dass sie das heute ihren Beruf nennen darf, ist reiner Zufall. So wollte sich Löbel in der neunten Klasse für ein Schülerpraktikum in einer Marketingagentur bewerben. Sie suchte in den Gelben Seiten nach einem Kontakt in ihrer Heimat Potsdam. In der Marketingagentur wurde sie allerdings nicht genommen und so entdeckte sie eine Zeile tiefer eine Produktionsfirma, in der sie schließlich ihr Praktikum absolvierte. Dort lernte sie Ihre Leidenschaft kennen: Geschichten erzählen.

Foto: Sascha Hoecker

Wie frei sind Sie in Ihrem Beruf?

Im Optimalfall fällt mir eine Geschichte ein, nach der schon ein Kunde sucht. Es gibt aber auch immer Geschichten, an die man total fest glaubt, im ersten Schritt aber nicht direkt einen Sender- oder Streaming-Partner findet. Wenn man aber weiter daran festhält und glaubt, die Geschichte machen zu müssen, kommt sie dann irgendwann auch, denke ich.

Ist Ihnen das schon passiert?

Ja. „Even Closer – Hautnah“ war so ein Format. Das habe ich eine ganze Weile mit mir herumgetragen. Irgendwann gab es dann die entscheidende Person, die gesagt hat: „Ja genau. Wir verstehen, warum du das machen willst, und wollen es mit dir machen.“

„Even Closer – Hautnah“ wurde dann nach nur einer Staffel abgesetzt. Wie fühlt sich das an?

Nicht zufriedenstellen natürlich. Ich hätte das sehr gerne fortgesetzt. Es gab auch weitere Ideen und Geschichten dafür – und wer weiß. Vielleicht hat es ja noch einmal eine Chance? Ich glaube nach wie vor sehr daran.

„Even Closer – Hautnah“ ist eine Serie, in der es um Intimität, Gefühle und Lust aus der weiblichen Perspektive geht. Die Geschichte dreht sich um eine WG in Hamburg, deren Bewohner allesamt Tänzer werden wollen. Der Einzug von Feli, einer neuen Mitbewohnerin, bringt dabei so einiges durcheinander. Helga Löbel produzierte die Jugendserie für RTL und TVNow.

Sie sind Kinder- und Young-Adult-Spezialistin. Das heißt, dass Sie vor allem für jüngere Altersgruppen produzieren. Warum?

Ich mag diesen unverstellten, echten, ehrlichen Kinderblick sehr. Einfach, weil ich selbst ein sehr direkter Mensch bin und mich damit gut identifizieren kann.

Was hebt Ihre Arbeit von der eines Produzenten für ältere Zuschauer ab?

Die notwendigen Fertigkeiten sind zum Teil die gleichen, zum Teil aber auch ganz andere. Kinder und Jugendliche sind in ihrem Konsumverhalten viel erbarmungsloser als Erwachsene. Sie stehen auf oder schalten weg, wenn es ihnen nicht gefällt. In meiner Wahrnehmung ist es deswegen viel, viel härter, für diese Altersgruppe zu produzieren.

Wurde Ihre Arbeit schon abgewertet, weil Sie „nur“ für Kinder und Jugendliche produzieren?

Klar. Der ganze Bereich, auch Autorinnen und Autoren, Regisseurinnen und Regisseure leiden darunter. Aber das ist Quatsch! Die Kommunikation mit Kindern und Jugendlichen erfordert Verantwortungsbewusstsein und ein immenses Fachwissen.

Das wäre?

Beispielsweise können Zwei- bis Fünfjährige nicht zwischen Realität und Fernsehen unterscheiden, sodass ihnen die Szenen auf dem Bildschirm wehtun, als hätten sie sie in echt erlebt. Zehn- bis 13-Jährige hingegen nehmen alles überhöht und als Vorbild wahr. Da muss man extrem sensibel arbeiten.

Mussten Sie schon einmal ein Projekt absagen, weil die Kommunikation in Ihren Augen nicht gestimmt hat?

Zum Glück nicht. Gerade in Deutschland gibt es in der Kinderfilm- und -fernsehbranche unheimlich viele verantwortungsvolle Menschen. Auf der Fachebene wird mit Vorträgen und Forschung auf jeden Fall auch genug dafür getan. Das viel größere Problem ist, dass zu wenig investiert wird.

Inwiefern?

Es wird beim linearen Fernsehen unheimlich viel aus dem Ausland eingekauft. Das hat dann aber wenig mit einer deutschen Lebenswirklichkeit zu tun. Ich glaube, dass wir die nachwachsende Zielgruppe schon früh an eigene Inhalte gewöhnen müssen, damit wir sie später nicht verlieren.

In einem älteren Interview verrieten Sie, dass Sie gerne innovativ arbeiteten, aber auch immer das Ziel verfolgten, langjährige Formate aufzubauen. Beißt sich das nicht?

Nein. Jede langlaufende Serie braucht irgendwann ein Refreshment. Diesen Punkt darf man auf keinen Fall verpassen, damit die Serie am Puls der Zeit bleibt. Bei „Spotlight“ war es mit der sechsten Staffel jetzt so weit.

Foto: Paramount+/Sascha Hoecker

Sie sind seit der ersten Staffel von „Spotlight“ dabei. Was war in dieser Produktion anders?

Dieses Mal haben wir sehr viel diskutiert (lacht). Es war klar, dass wir für die kommende Staffel einen neuen Ansatz brauchen, ohne die DNA der Serie zu verlieren. Wir glauben, dass es uns gelungen ist. Letztendlich muss das aber das Publikum entscheiden.

In „Spotlight“ geht es um Luna, Lenny und die Clique rund um Greta und Rocco, für die mit der bestandenen Aufnahmeprüfung an der Berlin School of Arts ein Traum in Erfüllung geht. Dort warten anschließend ein harter Alltag, neue Freundschaften, die erste Liebe und vieles Weitere auf sie. Die erste Staffel der beliebten Jugendserie, ebenfalls von Helga Löbel produziert, erschien 2016 auf dem Sender Nickelodeon.

Die neue Staffel von „Spotlight“ erscheint ab dem 8. Dezember. Warum sollten sich Zuschauerinnen und Zuschauer die sechste Staffel angucken?

Die Zuschauerinnen und Zuschauer, die heute 16 sind, haben ‚Spotlight‘ schon als Kind gesehen. Die sollten sich die neue Staffel unbedingt anschauen. Schon aus retrospektiven Gründen. Sie werden ihr Kinderformat nämlich einerseits nicht wiedererkennen, andererseits aber auch doch viel Bekanntes entdecken. Sie werden immer noch auf Toni, Ruby, Azra und unser großes Liebespaar Rocco und Greta treffen – nur eben in neuer Umgebung und mit einem sehr überraschenden Ende.

Interview: Jule Trödel


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