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Spotify & Co. – Wie Streamingdienste die Musikindustrie verändern

Spotify & Co. – Wie Streamingdienste die Musikindustrie verändern
Foto: Unsplash/Alexey Ruban

Weltweit 489 Millionen monatliche Nutzende allein auf Spotify machen deutlich: Für viele Menschen ist Musikstreaming im Alltag kaum noch wegzudenken. Somit ist es keine Überraschung, dass Streamingdienste Einfluss auf die Musikindustrie nehmen. Wohin entwickelt sich moderne Musik, warum erscheinen weniger Alben, und was hat es mit Playlist-Platzierungen auf sich?


Unabhängig von Genre, Sprache oder den dazugehörigen Interpreten muss sich Musik im digitalen Zeitalter auf Streamingplattformen beweisen. Wie erfolgreich ein Song ist, wird immer häufiger anhand seiner Streamingzahlen bemessen. Sogar die nötigen Verkaufszahlen für die Vergabe einer goldenen Schallplatte können heute in Streams umgerechnet werden. Ohne Streams ist kommerzieller Erfolg schwer erreichbar – wenig verwunderlich also, dass sich die Auswirkungen dieser Entwicklung in vielen Releases widerspiegeln.

Abo-Modelle lösen Tonträger ab

Der offensichtlichste Vorteil von Musikstreaming-Apps ist gleichzeitig auch das Totschlagargument gegenüber Oldschool-Alternativen – Monatsabonnements kosten meist weniger als einzelne CDs. Für die meisten Tonträger zahlen Fans bei Release zwischen 10 und 20 Euro. Ein Spotify-Premium-Abo kostet monatlich ebenfalls knapp 10 Euro, je nach Tarif sogar noch weniger. Fans stehen also vor der Entscheidung, praktisch den gesamten weltweiten Musikkatalog im Abo zu bezahlen oder die gleiche Summe in ein einzelnes Album zu investieren. Auch Künstlerinnen und Künstler und Investierende müssen abwägen, ob die Produktion eines physischen Produkts sich überhaupt rentiert. Abgesehen davon, dass immer weniger Menschen überhaupt Geräte mit CD-Laufwerk besitzen, ist sowohl auf Fan- als auch auf Business-Seite die digitale Variante objektiv naheliegend. Durch diese Entwicklung haben Spotify und Co. immer mehr Einfluss auf die Karrieren von Musikerinnen und Musikern, denn insbesondere für alle Newcomer gilt: Ohne Streams gibt es wenig Aussicht auf langfristigen Erfolg.

Foto: Unsplash/Claus Grünstäudl

„New Music Friday“: Spotify sortiert die Neuerscheinungen vor

Das Zeitalter des Streamings erleichtert das Veröffentlichen von Musik enorm. Prozesse wie das Produzieren von CDs und anderen physischen Inhalten fallen häufig weg – Songs können heutzutage sogar ohne die Hilfe eines Labels mit geringem Kostenaufwand digital veröffentlicht werden. Durch diese Entwicklung wird mehr Musik als jemals zuvor veröffentlicht, im Extremfall sogar bis zu 100.000 Songs täglich. Dadurch wirken die Streaming-Apps regelrecht überflutet. In dieser Masse aus Songs den Überblick zu behalten und Musik nach dem eigenen Geschmack zu finden kann zur Mammutaufgabe werden. Wer nicht gezielt nach einzelnen Artists, sondern beispielsweise nach Genres sucht, stößt auf bequeme Lösungen: offizielle Playlists. Ähnlich wie in Radio-Redaktionen werden Songs von Mitarbeitenden vorsortiert und dann in einer Liste präsentiert. In Deutschland erreichen Spotifys große Playlists wie „New Music Friday“ oder eine der Rap-Varianten, „Modus Mio“, Hörerzahlen in Millionenhöhe. Heißt im Umkehrschluss: Weit oben platzierte Songs profitieren von den regelmäßigen Hörenden und sammeln Streams durch die reine Platzierung in einer der Listen. Wer in Streaming-Apps also von der breiten Masse gehört werden will, sollte sich bemühen, in Playlists aufgenommen zu werden.

Mehr Singles, weniger Alben

Derartige Playlists bieten einzelnen Singles eine Plattform, jedoch keinen ganzen Alben. Insbesondere finanziell eingeschränkte Artists müssen sich also die Frage stellen, ob einige wenige (eventuell) gut angenommene Singles die Kosten eines gesamten Albums stemmen können, wenn der Großteil des Projekts nicht in Playlists landet und dadurch viel weniger Streams generieren kann. Die Lösung des Problems liegt auf der Hand: mehr Singles, weniger Alben. Wer sich musikalisch nicht auf Alben, sondern auf möglichst viele gut platzierte Singles fokussiert, kann am Ende wahrscheinlich mit mehr Gewinn rechnen – auch wenn Streaminganbieter dafür bekannt sind, pro Stream wenig Geld zu bezahlen. Wenn heutzutage Alben erscheinen, kennen Fans den Großteil der Songs häufig bereits als Singles aus einer langen Promophase, die einen finanziellen Flop verhindern sollte.

Tiktok-Trends: Einfluss aufs Streaming

Und wie gelangt eine Single in eine der Playlists? Im Idealfall warten viele Menschen gespannt auf einen Song – ob als Fan oder durch den Aufbau eines Hypes, ist eigentlich irrelevant. Beim Stichwort Hype kommt insbesondere die Plattform Tiktok ins Spiel: Schafft die Hörprobe eines Songs es, schon vor Release des Titels einen Hype aufzubauen, platzieren die Streaminganbieter die Single weit oben in ihren Playlists. Die Formel zum Erfolg scheint recht simpel: Tiktok-Hype + Playlist-Platzierung = Streaming-Hit. Für einige Künstlerinnen und Künstler bedeutet diese Entwicklung das Karriere-Aus, für andere stellt es jedoch auch das ultimative Sprungbrett dar. Die deutsche Newcomerin Nina Chuba hat es 2022 vorgemacht – ihre Tiktok-Hörprobe zum Song „Wildberry Lillet“ baute einen großen Hype vor Release auf, die Single wurde gut platziert und trägt heute mit mehr als 80 Millionen Streams sogar eine Platin-Auszeichnung. Mittlerweile können alle Songs der Künstlerin beachtliche Zahlen vorweisen, die sie in Deutschland auf höchster Ebene mitmischen lassen. Mittlerweile ist ihr Debütalbum erschienen – wegen des enormen Erfolgs ironischerweise sogar auch im altmodischen CD-Format.

Von Amir Khalifa


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