Social-Media-Recruiting: Wenn Unternehmen auf Tiktok Nachwuchs suchen
Tiktok erfreut sich großer Beliebtheit – rund 73 Prozent der 16- bis 19-Jährigen in Deutschland nutzen die App. Immer mehr Firmen versuchen daher, potenziellen Nachwuchs dort anzuwerben. Wie gut und überzeugend gelingt ihnen das?
Kurzvideos, in denen Influencerinnen und Influencer gegen Firmen-Azubis im Scannen an der Kasse antreten oder in einem Quiz ihr Wissen messen – solche Videos veröffentlicht unter anderem die Einzelhandelskette Edeka seit einigen Wochen auf Tiktok. Mithilfe von bekannten Gesichtern der Plattform, wie dem Tiktoker Kaan ETM und seiner Freundin Chana, versucht das Unternehmen, neue Mitarbeitende zu generieren. Hierbei soll vor allem die Generation Z angesprochen werden, die gut über Social Media zu erreichen ist.
Personalmangel macht erfinderisch
In Anbetracht des herrschenden Fachkräftemangels in Deutschland scheint die Idee gar nicht so schlecht. Im Zeitraum von Juli 2021 bis 2022 betrug die Fachkräftelücke knapp 540.000 Stellen. Dazu zählen vor allem der Gesundheits- und Pflegesektor, aber auch handwerkliche Berufe und der Einzelhandel. Unternehmen sehen durch Social Media ihre Chance und versuchen durch Individualität und positive Botschaften von sich zu überzeugen – denn rund 73 Prozent der 16- bis 19-Jährigen in Deutschland nutzen die App. Edeka möchte in seinen Clips eine gute Stimmung zu erzeugen und animiert Zuschauende am Ende dazu, sich zu bewerben. Vielen Tiktok-Nutzenden gefällt das. Kommentare wie „Wann kommt das nächste Video, Edeka?“ oder „Teil 2 bitte!!!! Bin so neugierig“ zeigen, dass die Idee gut ankommt.
Manchmal bleibt der Erfolg aus
Manche Beispiele zeigen allerdings auch, dass das Anwerben über Social Media nicht immer wie geplant läuft. In einem Kurzvideo sucht Finanzunternehmer Carsten Maschmeyer, der unter anderem aus der Sendung „Die Höhle der Löwen“ bekannt ist, nach Nachwuchs. Er wirbt für das Startup Circula, die Rückmeldungen dazu fallen jedoch überwiegend negativ aus. Links, über die gesprochen wird, seien nicht zu finden und einige Kommentierende äußern sich negativ zu dem Unternehmen selbst.
@maschmeyer Aufgepasst! Unser Startup Circula, die All-in-One-App für Mitarbeiterauslagen, sucht Sales-Talente. 👩💻📞 Bewirb Dich jetzt! #startup #sales #RecycleUp ♬ Summer day – TimTaj
In einem anderen Lip-Sync-Video wird versucht, auf die Jobbörse Zenjob und ihre Stellenausschreibungen aufmerksam zu machen. Ein Nutzer kommentiert darunter mit den Worten „Warum so cringe“ und zeigt, dass einige Inhalte auch das Gegenteil vom erhofften Ziel bewirken können. Sie fallen Zuschauenden dann unangenehm oder negativ auf und bewegen diese nicht dazu, sich auf die Stelle zu bewerben.
Tiktok: Kleinunternehmen haben es schwerer
Erfolg über Tiktok zu erzielen, ist besonders für kleine Firmen oder Familienunternehmen nicht einfach. Dadurch, dass sie zum Beispiel im Vergleich zu bekannten Einzelhandelsketten eine meist geringere Reichweite haben, werden weniger Menschen auf ihre Videos aufmerksam. Das wiederum führt dazu, dass sich kaum auf ausgeschriebene Stellen beworben wird. Außerdem fällt auf: Je professioneller und abwechslungsreicher ein Clip produziert ist, desto öfter wird er angeklickt. Ein hochwertig hergestellter Spot von Rewe erreicht mehr Menschen als der eines kleinen Handwerksunternehmens. Da diese bereits oft mit Personalmangel zu kämpfen haben, kann meist nicht viel Geld für Werbung ausgeben und dementsprechend weniger von Werbe-Tiktoks profitiert werden.
Klinikum Dortmund wird zum Tiktok-Hit
Eine positive Bilanz aus ihrer Onlinepräsenz ziehen aber auch medizinische Einrichtungen, so unter anderem das Klinikum Dortmund. Hier führten mehr als insgesamt 1,4 Millionen Likes dazu, dass sich die Quote an Pflegekräften und medizinischem Personal tatsächlich verbesserte.
In ihren einfach produzierten Videos führen sie nahbar durch verschiedene Abteilungen des Krankenhauses und zeigen den Arbeitsalltag von Menschen mit medizinischen Berufen. Viele Jobsuchende schienen sich durch die Inhalte angesprochen zu fühlen und haben daraufhin ihre Ausbildung in Dortmund begonnen. Es muss also nicht immer ein Hochglanz-Video sein – manchmal reichen auch gute Ideen.
Von Maja Göhmann
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