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Das sagen ausländische Studenten über Hannover

Das sagen ausländische Studenten über Hannover
Foto:  HAZ

Fast 5000 junge Studenten aus dem Ausland lernen zurzeit an Hannovers Unis. Wir stellen drei von ihnen vor – an ihren neuen Lieblingsorten. 

NEUE FREUNDE FINDEN – SCHWIERIG

Zwischen staubigen Büchern und den Blick auf komplizierte Formeln gerichtet, verbringt Mahmoud Hassan einen Großteil seiner Zeit in der Bibliothek auf dem Conti-Campus. Darum freut sich der 28-jährige Maschinenbau-Student über jeden Anlass, der ihn vom Lernstress ablenkt. Doch für den gebürtigen Ägypter war es in seinen ersten Monaten in Hannover schwierig, neue Freunde zu finden, die ihn auf andere Gedanken bringen könnten. „Mir sind hier zwar alle sehr höflich begegnet, aber mit den Deutschen tiefe Freundschaften zu knüpfen, ist nicht einfach“, erklärt Mahmoud auf Englisch mit arabischem Akzent. „Das liegt natürlich auch an der Sprachbarriere.“

Raus aus der internationalen Blase: Mahmoud aus Ägypten möchte Freundschaften mit Hannoveranern schließen. Foto: Heidrich

SPRACHBARRIERE BLEIBT

Über Facebook stieß der Masterstudent auf die internationale Gruppe Enjoy Hannover. Diese wurde vor drei Jahren mit dem Ziel gegründet, ausländischen Neuankömmlingen in Hannover eine Plattform zu bieten.  „Die Gruppe soll es ihnen erleichtern, neue Freundschaften zu knüpfen“, erklärt Administratorin Mailys, die selbst aus Frankreich stammt. Um das zu ermöglichen, veranstalten die Mitglieder gemeinsame Aktivitäten, gehen zum Beispiel Lasertag spielen oder schwimmen. „Solche Aktivitäten sind hilfreicher, um sich in einem neuen Land einzufinden, als trockene Deutschkurse“, sagt Mahmoud. Dass er trotzdem nur wenige Kontakte zu den Hannoveranern selbst hat, findet er schade. „Bei Enjoy Hannover habe ich zwar viele neue internationale Freunde gefunden, aber das reicht nicht, um sich vollständig in einem neuen Land zu integrieren“, sagt Mahmoud. Er möchte nicht dauerhaft in seiner internationalen Blase stecken. „Es wäre schön, wenn die Universität da mehr Veranstaltungen anbieten würde, die uns internationale Studenten mit den deutschen Studenten zusammenbringt“, sagt Mahmoud.

DEUTSCHE SIND GAR NICHT SO STRENG

Fast wie zu Hause: Immer wenn sie Heimweh hat, geht Sara aus dem Iran zum Leibniztempel im Georgengarten . Foto: Samantha Franson

​Im Schneidersitz sitzt Sara Sharifpour auf den steinernen Treppenstufen des Leibniztempels. Immer wenn die Iranerin Heimweh hat, besucht sie den kreisrunden Tempel im Georgengarten und hört Musik. „In Shiraz gibt es einen ähnlichen Tempel“, sagt die 30-Jährige mit dem kurzen, welligen Haar. „Deshalb erinnert mich der Leibniztempel an zu Hause.“ Seit 14 Monaten lebt Sara in Hannover. Entschieden hat sie sich für die Stadt, weil sie hier auf Englisch „Optische Technologien“ studieren kann.

VERSPÄTETES HEIMWEH

Als sie schon ein Jahr in Deutschland lebte, hatte sie das erste Mal Heimweh. „Ich habe einen Film gesehen, der im Iran spielt“, erzählt Sara. „Die Straßen und Gebäude zu sehen hat in mir irgendetwas ausgelöst.“ Die Besuche im Leibniztempel helfen ihr, das Heimweh zu bekämpfen. „Dort ist selten viel los und ich kann allein sein“, erzählt sie. Am meisten vermisst sie ihre Familie und engsten Freunde aus dem Iran. Über die Gruppe Enjoy Hannover hat sie zwar auch Freundschaften in Hannover geschlossen, aber ersetzen können diese ihre Kindheitsfreunde nicht. „Manche Themen kann ich nur mit meinen Freunden aus dem Iran besprechen“, sagt Sara.

Trotzdem wohnt sie gern in Hannover und kann sich vorstellen, nach dem Studium in der Landeshauptstadt zu bleiben. Dass sie sich hier wohlfühlen würde und die Menschen so freundlich sind, hatte Sara anfangs nicht gedacht. „Ich habe oft gehört, die Deutschen wären hart und streng“, erklärt Sara. „Aber das habe ich in Hannover zum Glück ganz anders erlebt.“

MUSIK IST GUT GEGEN BARRIEREN

Schneller Anschluss durch Musik: Nikhil aus Indien hat mit seiner Band Dead Simple schon im Kulturpalast gespielt. Foto: privat

Mein Lieblingsort ist eindeutig die Limmerstraße“, sagt Nikhil Shankar begeistert. Vor zwei Jahren ist der 23-Jährige nach Hannover gezogen. Schnell eine Bleibe zu finden fiel dem gebürtigen Inder anfangs schwer: Seine ersten beiden Wochen verbrachte Nikhil deshalb bei einem Pärchen, das an der Limmerstraße wohnte und ein Zimmer zur Untermiete anbot. Deshalb erinnert ihn die Straße in Linden an seinen Neustart in Hannover. „Die Leute scheinen dort immer wach zu sein, und man trifft auf so viele verschiedene Menschen“, erklärt der junge Inder mit dem strubbeligen Haar und der großen Brille, die an die 90er-Jahre erinnert.

AUF UMWEGEN NACH HANNOVER

Dass Nikhil seinen Master in Hannover machen würde, entschied er vor zwei Jahren, als er das erste Mal nach Deutschland kam: Für seinen Bachelorabschluss absolvierte er ein Pflichtpraktikum in Nürnberg. „Teil des Praktikums war es, die Industrie-4.0-Messe in Hannover zu besuchen, und ich konnte mir anschließend gut vorstellen, in der Stadt zu studieren“, erklärt Nikhil, der sich in seinem Studium mit der Anwendung von Lasertechnik beschäftigt. „Dass es in Hannover so grün ist, hat mir besonders gefallen.“ Die Entscheidung, in Hannover  zu studieren, hat er nicht bereut. „Heimweh kenne ich gar nicht“, sagt Nikhil fröhlich. Bereits mit 16 ist er von zu Hause ausgezogen, um in einem entfernten Ort in Indien zu studieren. Seitdem hat er einige Länder und Städte erkundet. „Dadurch, dass ich nie wirklich lange an einem Ort geblieben bin, konnte ich mich in Hannover recht schnell einleben.“ Überrascht hat ihn allerdings der offene Umgang mit Alkohol. „Ich kann zu jeder Zeit draußen mit Freunden ein Bier trinken, ohne dafür verurteilt zu werden“, erklärt Nikhil lachend.

INTEGRATION DURCH MUSIK

Um in Hannover neue Freunde zu finden, hat ihm besonders sein enger Bezug zur Musik geholfen. Bei Radio Leinehertz oder auf der Bühne im Kulturpalast hat er bereits gesungen. Seit einem halben Jahr ist Nikhil Mitglied der Akustikband Dead Simple. „Musik hat mir geholfen, die erste Barriere zu überwinden“, sagt Nikhil, der neben dem Singen auch noch Gitarre und Ukulele spielt. „Musik ist eben nicht darauf angewiesen, dass man eine bestimmte Sprache beherrscht.“ Nina Hoffmann

11 PROZENT KOMMEN AUS DEM AUSLAND

4815 ausländische Studenten ​haben laut dem Landesamt für Statistik im Wintersemester 2017/2018 in Hannover studiert – 10,7 Prozent aller Immatrikulierten. Die Leibniz-Uni verzeichnet mit 3003 Studierenden den größten Anteil, gefolgt von der Hochschule Hannover (HsH), der Medizinischen Hochschule und der Hochschule für Musik und Theater (HMTMH). Die meisten sogenannten Bildungsausländer stammen aus China, Tunesien und dem Iran. Sehr beliebt sind laut HsH und HMTMH Fächer im technischen und musischen Bereich.

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Über den Autor/die Autorin:

Nina Hoffmann

Nina (24) studiert Soziologie und kennt somit alle Sprüche über eine Karriere als Taxifahrerin. Statt an ihren Fahrkünsten zu feilen, liest sie lieber Texte über Gender-Fragen und Emanzipation - oder noch besser: Die dazugehörigen Kommentare der Facebook-Nutzer/innen.

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