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Shitstorms ohne Ende: Hat die deutsche Comedy-Szene ein Männerproblem?

Shitstorms ohne Ende: Hat die deutsche Comedy-Szene ein Männerproblem?
Foto: Bogomil Mihaylov/Unsplash

Luke Mockridge, Felix Lobrecht und mehr: Ein Shitstorm jagt den nächsten in der deutschen Comedy-Szene. Auffällig ist: Betroffen sind fast ausschließlich Männer. Dahinter steckt ein strukturelles Problem der Branche.


Es ist das dominierende Thema der Comedy-Szene in diesen Tagen: Luke Mockridges Comeback. Ihm wurde in der Vergangenheit vorgeworfen, sich gegenüber Frauen übergriffig verhalten zu haben. Seine Ex-Freundin warf ihm sogar versuchte Vergewaltigung vor. Das Ermittlungsverfahren gegen Mockridge wurde allerdings eingestellt. In einem Interview mit dem „Stern“ sprach er nun ausführlich über diese Zeit des Shitstorms und auch eigene Fehltritte. Er sei ein Arschloch gewesen, finde sein früheres Verhalten mittlerweile spätpubertär und uncool. Er sei ein Kind seiner Zeit gewesen. Mockridge gibt Erklärungen ab – aber keine Entschuldigungen. In den sozialen Medien hat ihm das neben Zuspruch seiner Fans auch weitere Kritik eingebracht.

Auch Comedian Felix Lobrecht steht derzeit in der Kritik: Denn es kursieren Videos seiner Show „Hype“ auf Tiktok, in denen er sich über behinderte Menschen lustig macht. Er erklärt zum Beispiel, dass er sich immer über Behindertenparkplätze aufrege. „Behindertenparkplätze sind so ein Instrument, mit dem sich Behinderte in das Leben von Nicht-Behinderten so reinbehindern“, sagt Lobrecht.

@mechthild

Puhh, einfach auf der Bühne ganz ✨quirky✨ zu sagen „die wenigsten würden das vor Publikum auf der Bühne machen“ ist halt auch keine Rechtfertigung ableistische und billige Witze auf Kosten von Menschen mit Behinderung zu machen. Und nein Felix, du regst dich nicht nur über Behindertenparkplätze, sondern auch über Behinderte auf. Also: Call me, wenn du ne Ghostwriterin für actual gute Behindi-Witze brauchst 🥰 Das kannst du doch besser! Genannte Videos von @🪴 A l a n a 🪴 @ steffuuu.fleig (Insta) Ausschnitt von „Felix Lobrecht HYPE” @NetflixDE #felixlobrecht #comedian #darkhumor #ableismus #behinderung #behindertenparkplatz #cancelculture

♬ Originalton – Matilda
Die Creatorin Mathilda kritisiert Lobrechts Witz

Auch der Schweizer Sender SRF stand neulich im Zentrum der Kritik, nachdem es eine Auswahl ausschließlich männlicher Comedians gab, um einen Late-Night-Show-Spot zu füllen. Komikerinnen werfen dem SRF strukturellen Sexismus vor. Der Sender reagierte mit einem Krisengipfel und gestand ein „strukturelles Ungleichgewicht“ ein, denn die Comedy-Szene sei stark von Männern geprägt. 

Sexismus in der Comedy-Branche

Und genau das ist der Knackpunkt: Die Comedy-Szene im deutschsprachigen Raum ist nach wie vor stark von Männern geprägt. Für Frauen ist es immer noch schwieriger in der Szene Fuß zu fassen. Hazel Brugger macht ihre Auftritte als Frau in der Comedy-Szene immer noch zum Thema. Und nicht nur ist es schwieriger, sich als Frau in der Branche zu behaupten – auch gehören sexistische Witze noch immer zur Norm (siehe Mario Barth). Genderforscherin Stevie Schmiedel spricht gegenüber der „Frankfurter Rundschau“ von einer Schere, die weit auseinandergehe: Einerseits gebe es immer noch sexistische Witze, andererseits auch immer mehr weibliche Comedians.

Moderatorin und Entertainerin Katrin Bauernfeind erklärt in einem Interview mit dem „Kurier„, dass es für viele Männer immer noch unmöglich sei, eine Komikerin zu sehen. Als Grund dafür sieht sie die allgemeine gesellschaftliche Erwartungshaltung gegenüber Frauen an. Häufig werde Frauen einfach weniger Talent zugeschrieben, sie würden als weniger lustig wahrgenommen. Erfolgsformate etwa aus den USA und Großbritannien zeugen vom Gegenteil. Serien wie „Fleabag“ und „The Marvelous Mrs Maisel“ sind Beispiele für erfolgreiche komödiantische Serien, in denen nicht nur Frauen die Hauptrolle spielen, sondern die auch von Frauen erschaffen wurden. Sie zeigen, wozu weibliche Comedians fähig sind, wenn sie die entsprechenden Möglichkeiten haben.

Foto: Michel Grolet/Unsplash

Betroffen sind nicht nur Berufskomikerinnen: Humorforscherin Helga Kotthoff erklärt gegenüber der „Zeit„, dass Frauen früher vorgeschrieben wurde, dass sie keine Witze machen sollten. 2019 fand eine Gruppe Forschender in einer Studie heraus, dass Frauen, die in ihrem Berufsumfeld Witze machen, als inkompetent eingestuft werden, während dasselbe Verhalten bei Männern als besonders souverän und respektabel gilt. Der Witz gilt also immer noch als Männerdomäne – das zeigt sich gesamtgesellschaftlich und natürlich vor allem in der Comedy-Branche.

Wie steht es also um die deutsche Comedy-Szene?

Die Berichte zeigen: Obwohl sich schon einiges getan hat, sind Frauen in der deutschen Comedy-Szene immer noch unterrepräsentiert. Ex-ARD-Programmchef Volker Herres gab in einem Interview mit der „BILD am Sonntag“ selbst zu, dass ihm kein weibliches Pendant zu großen Moderatoren und Entertainern wie Kai Pflaume einfalle. Es muss sich also noch einiges tun. Und da Repräsentation vor allem medial stattfindet, werden sich Sender wie der SRF weiterhin strukturellen Sexismus vorwerfen lassen müssen, bis sie etwas an ihrem Programm ändern.

Von Olivia Bodensiek


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Über den Autor/die Autorin:

MADS-Team

Unter diesem Namen sammeln wir Beiträge von Gastautorinnen und -autoren, Autorenkollektiven oder freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bei MADS. Die Namen des jeweiligen Autors oder der jeweiligen Autorin stehen unter dem einzelnen Beitrag.

1 Kommentar

  1. Laurent Plettner

    Großer Moderator und Entertainer Kai Pflaume?
    Der hat in seinem Leben noch nichts Witziges von sich gegeben.
    Keine Frau kann weniger unterhaltsam sein als er!

    Antworten

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