
Schulkolumne: Die Referendarin und die Ferien

Helena (25) ist eine von rund 30.000 Lehramtsanwärtern in Deutschland. Was passiert eigentlich hinter der sagenumwobenen Lehrerzimmertür? Wie ist es, Schülerinnen und Schüler zu unterrichten, die nur ein paar Jahre jünger sind als man selbst? Und wie kommt Helena mit dem Druck klar? Davon erzählt sie – unter Pseudonym – in ihrer MADS-Kolumne: die Referendarin.
„Frau Fischer? Sie haben doch nur zwei Klassen, oder?“, fragt mich vor Kurzem ein Achtklässler, während seine Mitschülerinnen und Mitschüler still ein Tafelbild abschreiben. „Ja, das stimmt“, antworte ich. „Dann haben Sie ja ziemlich viel frei“, entgegnet er und blickt mich unschuldig an. Kurz entgleisen mir die Gesichtszüge und ich unterdrücke ein hysterisches Lachen. Durchatmen.

Bild: Amelie Rook
Eine stressige Phase
Ich verstehe seine Perspektive: Von außen betrachtet ist das wirklich nicht viel. Was mein Schüler allerdings nicht weiß, ist, dass ich gerade jeden Tag von 6.30 bis 22.30 Uhr am Schreibtisch sitze. Die Wochenenden eingeschlossen. Das ist zwar nur eine der stressigen Phasen während meines Referendariats am Gymnasium. Doch auch im Durchschnitt komme ich auf eine 60-Stunden-Woche. Als ich beim sonntäglichen Telefongespräch mit meinen Eltern darüber ordentlich jammere, trösten sie mich mit einem „Na ja, dafür hast du ja jetzt schon wieder Ferien und frei“. Danke. Ich war am Rande eines cholerischen Ausbruchs.
Auftanken ist notwendig
Noch mal für alle zum Mitschreiben: Ja, wir Lehrer haben Ferien. Nein, frei haben wir trotzdem oft nicht. In den Winterferien gönne ich mir jetzt eine Woche. Die ist auch notwendig, um aufzutanken und weitermachen zu können. Die zweite Woche verbringe ich am Schreibtisch, um den Unterricht nach den Ferien vorzubereiten. Gerade wir Referendare brauchen diese Zeit, um uns in die Themen einzuarbeiten. Ich kann nämlich nicht herunterrattern, wie die Vereinten Nationen aufgebaut sind oder wie der Phenylrest auf die Acidität am Beispiel von Phenol und Anilin wirkt. In den Osterferien schreibe ich meine Examensarbeit, meine Kollegen korrigieren das Abi. Jetzt werden einige mit dem Finger aufzeigen und auf die Sommerferien verweisen. Tja, die sind wirklich – abgesehen von Unterrichtsvorbereitung und Dienstbesprechungen in den letzten Wochen – was Feines.
Von Helena Fischer
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