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Schule testet Gleitzeit – und die Aufregung bei Boomern ist mal wieder groß

Schule testet Gleitzeit – und die Aufregung bei Boomern ist mal wieder groß
Foto: Unsplash/Kenny Eliason

Eine Meldung versetzt viele Boomer in den Kommentarspalten sozialer Medien in Aufruhr. Dabei geht es jedoch lediglich um ein Experiment, bei dem Schülerinnen und Schüler selbst entscheiden dürfen, wann sie morgens zur Schule gehen. Kein Grund zur Aufregung, kommentiert MADS-Autor Tim.


Die Boomer sind sich mal wieder einig: Die Jugend verweichlicht, der Arbeitsmarkt wird zugrunde gehen, und früher war alles besser. Doch worum geht es überhaupt? Eigentlich um ein harmloses Experiment einer Schulklasse: Die 7a des Gymnasiums Plochingen in Baden-Württemberg hat ab dieser Woche die Option, sich eine Startzeit in ihren Schultag am Dienstag und Freitag auszusuchen – entweder um 7.50 oder um 9.40 Uhr – das Aufgabenvolumen bleibt jedoch gleich.

Das Experiment deckt sich zudem mit wissenschaftlichen Erkenntnissen: Studien belegen, dass sich der Biorhythmus von jungen Menschen innerhalb der Schullaufbahn ändert. Manche Schülerinnen und Schüler sind demnach weniger lernfähig, wenn sie früh in den Unterricht müssen. Andere Experimente zeigten bereits eine Verbesserung der Schlafqualität von jungen Menschen, die beim Start in den Schultag zwischen 8 und 9 Uhr wählen konnten.

Boomer: Weshalb die Aufregung?

Das Vorhaben des Gymnasiums Plochingen klingt also doch erst mal vielversprechend. Trotzdem wimmelt es in den Kommentarspalten sozialer Medien, etwa unter dem Instagram-Post der „Tagesschau“ zum Thema, von Menschen, die darüber meckern und es natürlich mal wieder besser wissen wollen als die Wissenschaft.

Doch warum sollten wir heutzutage an veralteten Systemen festhalten, wenn wir es doch eigentlich längst besser wissen? Für wen ist es von Vorteil, wenn sich Schülerinnen und Schüler morgens in den Unterricht setzen und zu müde sind, um überhaupt etwas zu lernen? Es ist doch viel eher ein Nachteil für den häufig in den Kommentaren erwähnten Arbeitsmarkt, wenn Hunderttausende Jugendliche Inhalte von Unterrichtsstunden verpassen. Zudem versäumen Schülerinnen und Schüler, die bei dem Experiment später in die Schule kommen, nichts, da sie so oder so die gleichen Aufgaben und Anforderungen erfüllen müssen.

Quelle: Screenshot/Instagram

Leere Gegenargumente

Die Gegenargumente sind nichts Neues und haben die Bezeichnung „Argument“ eigentlich nicht verdient: Von „Im Arbeitsleben kannste dir das auch nicht aussuchen“ bis „Früher haben wir das doch auch überlebt“ ist in den Kommentaren alles zu finden. Dabei bieten 75 Prozent der Unternehmen in Deutschland ihren Angestellten Gleitzeit an. Das heißt, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer können ihre Arbeitszeiten innerhalb eines festgelegten Zeitrahmens individuell bestimmen – ein Modell, das bereits seit mehr als 50 Jahren in Deutschland existiert. Nichts anderes wird den Schülerinnen und Schülern im Experiment des Gymnasiums Plochingen ermöglicht.

Und zu dem „Früher haben wir das doch auch überlebt“-Punkt: Sind wir nicht langsam an dem Zeitpunkt angelangt, an dem es nicht nur ums Überleben geht? Wenn dieses Argument bei jeder fortschrittlichen Idee geltend gemacht würde, könnten wir genau so gut in Höhlen wohnen und uns von Wurzeln und Beeren ernähren. Das haben die Leute früher ja auch überlebt. Daraus spricht außerdem eine unsympathische Missgunst: Nur weil viele Menschen früher unter schlechten Bedingungen in der Schule gelitten haben, heißt es doch nicht, dass junge Menschen heutzutage das gleiche Schicksal erleben müssen und wir das Schulsystem nicht zum Besseren ändern können.

Viele Kommentare fragen weiter: „Was wird nur aus der Jugend“ und „Wo soll das noch hingehen?“ Im Idealfall zu einem Schulalltag, der junge Menschen während des Heranwachsens unterstützend begleitet. Doch daran sind viele Boomer offensichtlich nicht interessiert.


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