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„Scheißgefühle dürfen kein Tabu sein“

„Scheißgefühle dürfen kein Tabu sein“
Foto: v.l.: Johanna Dreyer, Luisa Weydrich und Nele Groeger haben die Shitshow gegründet und wurden von Alena Schmick fotografiert.

Drei junge Frauen gründen die Shitshow, eine Agentur für psychische Gesundheit. Sie finden: Wir könnten Einsamkeit ganz bekämpfen. MADS-Autorin Jacqueline hat mit zwei der Gründerinnen gesprochen.


Hallo Nele, hallo Luisa. Keine Angst vor Scheissgefühlen ist euer Slogan bei Shitshow. Wieso hilft es, sich mit Einsamkeit auseinander-zusetzen?

Luisa: Negative Gefühle gehen oft mit Scham einher, weshalb wir Probleme mit uns selbst ausmachen. Scham schneidet uns von Support-Möglichkeiten ab. Dabei hilft es, sich auszutauschen. Wir sagen immer „a shit shared is a shit spared“ – also geteilter Mist ist halber Mist. Darum wollen wir negative Emotionen enttabuisieren.

Was ist das Erste, was jemand tun sollte, der sich einsam fühlt?

Nele: Als erstes sollte man sich fragen: Wieso empfinde ich Einsamkeit? Weil niemand bei mir ist, oder weil ich nichts mit mir anzufangen weiß? Und wie kann ich mich eigentlich selbst glücklich machen? Wer das weiß, kann Alleinsein zu einem positiven Gefühl umwandeln. Manche lesen zum Beispiel gerne ein Buch, das sie interessiert, andere lieben Zombiefilme. Und wer das lieber gemeinsam machen möchte, sollte nach Leuten suchen, die diese Interessen teilen.

Einsamkeit kann also eurer Meinung nach jeder ganz individuell bewältigen?

Nele: Es ist wirklich wichtig, sich selbst zu kennen. Ich bin zum Beispiel introvertiert. Lange fiel es mir schwer, das hinzunehmen. Besonders, weil heute die Quantität von Netzwerken mehr gefeiert wird als die Qualität. Für mich war es erholsam, dieser gesellschaftlichen Norm nicht mehr entsprechen zu müssen. Ich brauche eben Zeit für mich und wenige, enge Kontakte, um mich nicht einsam zu fühlen.

Kennt ihr Filme, die sich mit dem Thema befassen?

Luisa: Interessante Frage! Ich finde, der Hauptcharakter Otis der Serie Sex Education zeigt, dass jeder Mensch eigene Bedürfnisse hat, was das soziale Umfeld betrifft. Otis ist eher introvertiert und zieht seine Energie daraus, nur einen besten Kumpel zu haben. Seine Mutter ist Sextherapeutin. Als er in der Schule deshalb ein Sexberatungs-Business zu starten, hat er viel Kontakt zu Menschen – das macht ihn gar nicht so glücklich.

Nele: Ich hab ein Negativbeispiel: Into the wild. Am Filmende lautet das Kredo: Happiness is only real when shared. Das ist pauschalisierend – das stimmt einfach nicht für jeden.

Könnten wir schlechte Gefühle wie Einsamkeit denn ganz besiegen?

Luisa: Ja, da glauben wir ganz fest dran. Wenn wir dahin kommen, dass jeder so freimütig über Einsamkeit reden kann wie über den letzten Zahnarztbesuch, könnten wir uns zusammentun und das Gefühl unterbinden – oder zumindest stark reduzieren.

Von Jacqueline Hadasch


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