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Reisen mit Interrail: Erwartungen vs. Realität

Reisen mit Interrail: Erwartungen vs. Realität
Foto: Patrick Seeger/dpa

Das Interrail-Ticket ist seit Jahren ein beliebtes Mittel, um innerhalb kurzer Zeit möglichst nachhaltig und budget-freundlich durch Teile Europas zu reisen. Doch ist es so einfach, wie es klingt? MADS-Autorin Milla war allein unterwegs und berichtet von ihren Erfahrungen.


Nachhaltig, praktisch und günstig: Daran denken viele, wenn es um Interrail-Reisen geht. Doch diesen positiven Erwartungen stehen auch mögliche negative Erlebnisse gegenüber. Besonders als Female-Solo-Traveller spielen Sicherheit und die Wahl der Reiseziele eine wichtige Rolle. Ich bin allein in sieben Wochen von Deutschland über Italien, Frankreich und Spanien nach Portugal gereist. Was an Vorurteilen und Erwartungen an Interrail-Trips dran ist, erkläre ich hier:

Milla Stremme war sieben Wochen lang mit Interrail unterwegs. Foto: Milla Stremme

1. „Man lernt keine neuen Leute durch Interrail kennen“

Das stimmt so nicht, denn wenn man in Hostels wohnt, ist es ziemlich unmöglich, keine neuen Leute kennenzulernen. Die meisten Menschen in Hostels sind auch Backpacker, die, genau wie man selbst, neue Leute kennenlernen möchten. Die Möglichkeiten dazu gibt es überall – beim Kochen in der Küche oder bei Aktivitäten, die vom Hostel organisiert werden. Den typischen Hostel-Smalltalk lernt man schnell: „Is there something going on in the hostel tonight?” oder ein einfaches „Where are you from?” bieten immer eine Grundlage, neue Menschen kennenzulernen, mit denen man daraufhin manchmal Tage und Wochen verbringt – oder nur ein paar Stunden.

Foto: Milla Stremme

Die Devise lautet: mutig sein und Leute ansprechen. Und nicht den Mut verlieren, wenn man mal abgelehnt wird oder generell niemanden kennenlernt, denn das nächste Hostel wartet schon.

2. „Man sollte alle Züge, Hostels und Sitzplatzreservierungen vorbuchen

Es gilt abzuwägen, was einem wichtiger ist: die Sicherheit, genau das Hostel zu bekommen, was man will, um somit so günstig wie möglich zu reisen, oder Abstriche bei der Auswahl der Hostels zu machen, dafür aber volle Flexibilität und Spontaneität zu genießen.

Ich habe mich für letzteres entschieden und es nicht einen Moment bereut. Ich konnte Tag für Tag wählen, wohin ich möchte, ob ich noch länger bleiben möchte oder ob es zum nächsten Ziel weitergehen soll. Es kann immer sein, dass man Leute kennenlernt, mit denen man noch Tage in der Stadt verbringen oder sogar gemeinsam weiterreisen möchte.

Eine andere Variante wäre das Buchen von Hostels, die eine Option zum kostenlosen Stornieren anbieten. Doch die Bedingungen zum Stornieren weichen von Hostel zu Hostel so stark ab, dass man aufmerksam planen muss, um die volle Flexibilität genießen zu können, ohne Geld zu verlieren. Ist man wählerisch mit den Hostels und will eine volle Auswahl, dann sollte man sich wahrscheinlich ans Vorbuchen halten. Ansonsten ist die flexible Variante zu empfehlen.

Foto: Milla Stremme

Dasselbe gilt für Sitzplatzreservierungen: Entweder kann man sie vorab buchen und sicher sein, alle direkten Verbindungen zu kriegen. Oder aber man nimmt oder längere Reisetage in Kauf, um die Sitzplatzreservierungen zu umgehen, die bei beliebten Strecken gerne mal ausverkauft sind, wenn man sie doch noch spontan buchen möchte.

3. „Hostels sind die günstigsten Unterkünfte

Ja, das stimmt in den meisten Fällen. Dabei gibt es jedoch auch große Unterschiede. Besonders in der Hauptsaison von Juni bis August können die Hostels durchaus teuer werden. Doch gerade als Solo-Traveller sind Hostels meistens die günstigste Unterkunft. Ist man mit einer Gruppe unterwegs, kann es sich preislich durchaus lohnen, nach einem Airbnb zu schauen.

4. „Hostels sind dreckig und heruntergekommen

Das stimmt so nicht. Der Großteil der Hostels ist modern und schön eingerichtet und passt sich an junge Menschen an. Das ist wie mit normalen Hotels: Es gibt gute und saubere Hotels, und es gibt schlechte und heruntergekommene. Ich habe in meinen gebuchten Hostels sehr gute Erfahrungen gemacht und habe weder dreckige Duschen noch schäbige Betten vorgefunden. Ganz im Gegenteil: Einige Hostels fühlten sich für mich aufgrund der Menschen und ihrer Atmosphäre schnell nach einem Zuhause an.

Foto: Milla Stremme

5. „Züge haben immer Verspätung

Diese Annahme führt wahrscheinlich auf ein Trauma dank der Deutschen Bahn zurück – und stimmt nicht immer. Denn in den sieben Wochen, in denen ich auf Reise war, hatte nur ein Zug Verspätung. Eine Erwartung, die sich demnach für mich glücklicherweise nicht erfüllt hat.

Foto: Milla Stremme

6. „Allein als Frau mit Interrail zu reisen ist gefährlich

Besonders diese Erfahrungen sind für jede Frau anders. Als Frau allein zu reisen ist natürlich anders, als zusammen mit anderen auf Tour zu gehen. Man nimmt die Umgebung und die Menschen intensiver wahr und macht sich deutlicher bewusst, wo man sich befindet und wie man sich womöglich verhalten muss. Doch ich habe mich in sieben Wochen nie bedroht gefühlt. Es verging allerdings auch kaum ein Ort, an dem ich mich nicht mindestens einmal durch einen Mann unwohl fühlte.

Ich hatte das Gefühl, allein als Frau anders wahrgenommen zu werden, als wenn ich mit anderen Leuten zusammen war. Allerdings ist das nicht unbedingt ein Interrail-Problem, sondern solche Situationen finden auch vor der eigenen Haustür oder in der eigenen Stadt statt. Deshalb würde ich es nicht zwingend als gefährlich bezeichnen, als Frau allein zu reisen – eher als intensiv.

Von Milla Stremme


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Über den Autor/die Autorin:

MADS-Team

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