„Nightflyer“: So ist die neue Serie vom „Game of Thrones“-Autor
Eine alte Geschichte von „Game of Thrones“-Autor George R. R. Martin wird zur Serie. In „Nightflyers“, das ab dem 1. Februar bei Netflix läuft, ist ein Raumschiff unterwegs zu Außerirdischen.
„Im Weltraum hört dich niemand schreien!“ So lautete damals der Slogan zu Ridley Scotts „Alien“, dem Space-Schocker, für den der Schweizer Surrealist H. R. Giger eins der effektvollsten Monster der Filmgeschichte schuf – den schwarzen, bananenschädeligen Xenomorphen mit dem glasigen Doppelgebiss. Es war der Versuch, die beiden Genres auf der Leinwand zu vermischen. Und zumindest die letzte Überlebende, Ripley, hörte niemand schreien. Weil sie das Monster besiegte. Nach dem Film hatte man keine schönen Fingernägel mehr.
An Schriftsteller George R. R. Martin („Das Lied von Eis und Feuer“) muss der Film damals vorbeigegangen sein. Der Amerikaner, der neben Philip Pullmann und Tad Williams zu den Meistern gegenwärtiger Phantastika zählt, reagierte mit seiner Geschichte „Nightflyers“ 1980 auf die Erklärung eines wohl ebenfalls kinofern lebenden Kritikers, Horror und Science-Fiction seien unvereinbar. Die erste Verfilmung von Martins Geschichte 1987 untermauerte diese Behauptung leider, war eher scheußlich als gruselig, zudem tricktechnisch unschön. Das Raumschiff, so schrieb damals Caryn James in der „New York Times“, erinnere an „einen großen Klumpen Schokoladenpudding“. Jetzt hat der Sender für Wirklichkeitsferne und Zukünftiges, Syfy, sich noch einmal an eine Serie von dem Stoff gemacht. Weil George R. R. MartinTV-Produzenten seit der Fantasyserie „Game of Thrones“ an einen großen Klumpen Gold erinnert. In Deutschland startet die neue Version am 1. Februar bei Netflix.
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George R. R. Martin – nicht originell, aber spannend
An Martins Story ist nichts sonderlich originell: Wir schreiben das Jahr 2093, die Erde ist dabei, unbewohnbar zu werden, und die Fluchtbewegung der Terraner Richtung All reicht gerade mal bis zum kolonisierten Mond. Zu wenig. Da wird an den Rändern des Sonnensystems das Raumschiff einer Sternenrasse entdeckt, von deren technischem Know-how man sich eine letzte Chance für die Menschheit erhofft. Hat dein Planet Klimawandel, lass ihn reparieren.
Ein Raumschiff namens Nightflyer startet zu den Volcryn. Doch der Weg ist weit, und Crew und Forscher sind einander schon zu Beginn herzlich abgeneigt. Der Captain (David Ajala) kommuniziert mit dem Rest aus unerfindlichen Gründen nur als Hologramm und teilt zu aller Entsetzen mit, dass ein gefährlicher Telepath (Sam Strike) zwecks „erstem Kontakt“ an Bord kommt. Nach Ankunft von Thale haben die Raumfahrer spukige Visionen, wie man das von „Event Horizon“, „Solaris“ oder „Shining“ kennt. Und der Bordcomputer mit dem allsehenden roten Auge (HAL 9000 aus „2001“ lässt grüßen) gehört auch nicht zu den Guten.
Immerhin kein Pudding als Raumschiff
Gemessen am schmalen Budget ist die Optik geglückt. Die neue Nightflyer ist definitiv kein Pudding, erinnert äußerlich an den interstellaren Gartentransporter aus „Lautlos im Weltraum“, ist dabei innen tunnelartig, klaustrophobisch, voller Verstecke für das Böse wie die Nostromo in „Alien“. Die Figuren, denen darin zunehmend ungemütlich wird, sind dagegen unterschiedlich gelungen. Interessanter als das von Gretchen Mol und Eoin Macken konturarm gespielte Heldenpaar Karl (Astrophysiker) und Agatha (die Betreuerin des Telepathen) sind einige der Nebenfiguren – der punkige Thale, der Geistercaptain, die traurige Kybernetikerin Lommie, die sich mit dem Computer verbinden kann (gespielt von Maya Eshet) und die genetisch veränderte Melantha (Jodie Turner-Smith).
Die ersten beiden Folgen zupfen zwar nur gelegentlich an Zuschauers Nerven, dabei aber heftig, wie an zu fest gespannten Saiten. Dieser Trip fängt vielversprechend an, man hofft, dass sich „Nightflyers“ möglichst bald aus dem Gewirr der Verweise befreien und zu etwas Eigenem werden wird. Möglichst einem Fingernagelgefährder.
Man ist auch gespannt auf die Außerirdischen. Vielleicht hat der erste Kontakt ja auch schon stattgefunden und die Nachtflieger wissen nur nicht, dass die Volcryn keine Philantropen sind. Die ersten Schreie hat man am Ende der zweiten Episode jedenfalls schon gehört. Sie waren durchdringend.
Von Matthias Halbig