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Niclas Lenhardt (21) aus Greifswald von den Linken: „Ich bin Realist“

Niclas Lenhardt (21) aus Greifswald von den Linken: „Ich bin Realist“
Foto: Laura Schirrmeister

Mit 16 trat er in die Partei Die Linke ein. Niclas Lenhardt aus Greifswald sagt, warum es nur diese Partei sein konnte. Der 21-Jährige ist Teil einer OZ-Serie über junge Politiker aus Mecklenburg-Vorpommern.

Niclas Lenhardt ist fasziniert. Den 21-Jährigen faszinieren die Prinzipien des Parlamentarismus. „Wie ein Nerd schaue ich mir die Debatten des Bundestages an“, sagt der Student aus Greifswald, der aus der Nähe von Wittenberg (Sachsen-Anhalt) stammt.

Der junge Mann ist Mitglied der Partei Die Linke. Vor fünf Jahren trat er ihr bei. „Ich habe früh gemerkt, dass ich mich eher auf der linken Schiene einordne“, sagt er. Es sind die Grundwerte, die ihm wichtig seien, etwa: Menschen nicht nach ihrer Herkunft zu beurteilen.

Die Sache mit der Glaubwürdigkeit

Mit der Wahl der Linken wollte er sich auch zur SPD und den Grünen abgrenzen, weil sie für ihn ein Glaubwürdigkeitsproblem hätten – zum Beispiel gehe der erste internationale Bundeswehreinsatz nach dem Zweiten Weltkrieg oder die Etablierung der Agenda 2010 auf eine Entscheidung dieser Parteien zurück. Sein Schlüsselerlebnis aber war die Feststellung als 16-Jähriger, dass Die Linke keine Spendengelder von Konzernen annehme. „Auch das hat etwas mit Glaubwürdigkeit zu tun.“

Voraussetzung: gemeinsame Wertebasis

Niclas Lenhardt studiert Politikwissenschaft und Geschichte an der Uni Greifswald. Gregor Gysi ist für ihn eine Lichtgestalt, inhaltlich wie rhetorisch. Den linken Bundestagabgeordneten Jan Korte schätzt er ebenso. Er mag auch Politiker anderer Parteien, an denen „ich mich reiben kann“. Christian Lindner (FDP) beispielsweise finde er rhetorisch gut, aber „schade, dass er nur in seinem eigenen Kosmos lebt – inhaltlich und persönlich ist er weit weg von mir“. Grundsätzlich unterhalte er sich mit jedem – solange es eine gemeinsame demokratische Wertebasis gibt. „Das ist auch wichtig für den eigenen Horizont.“ Als eine rote Linie nennt er etwa „die Menschenfeindlichkeit der AfD“.

Kritik an sozialen Unterschieden

Warum politisches Engagement, Herr Lenhardt? „Ich möchte konkrete Sacharbeit leisten, weil ich das Gefühl habe, dass nicht alles perfekt läuft, um es freundlich auszudrücken.“ Zum Beispiel kritisiert er gravierende Vermögensungleichheiten und die deutlichen sozialen Unterschiede.

Seine größte Sorge im Wahljahr 2021 ist die Tendenz in der CDU, dass einige ihrer Mitglieder mit der AfD flirteten – „auch in MV“. Und ergänzt: „Ich bin Realist und will die Gefahren dabei nicht übermäßig hochspielen, jedoch beobachte ich diese Entwicklung in Teilen der CDU auch bei uns in Greifswald in der Bürgerschaft.“

Was habe ich mit der SED zu tun?

Wie viel Staat dem Land gut täte, beschreibt Niclas Lenhardt: „Die Linke plädiert nicht für ein allumfassendes Staatseigentum, sondern ihr Alleinstellungsmerkmal ist, dass sie darauf hinweist, dass der Staat im Hinblick auf Großkonzerne zu wenig Einfluss nimmt.“ Davon abgesehen sollte der Staat in Sektoren wie Bildung, Gesundheit oder beim Thema Wohnen das Sagen haben. „Man muss den Punkt ‚Eigentum verpflichtet‘ diskutieren.

Das Recht auf Eigentum möchte niemand antasten“, stellt er seine Auffassung dar. Frustrierend sei, dass Die Linke oft mit der SED (Sozialistische Einheitspartei Deutschlands), der Vorgänger-Partei der Linken, verglichen werde. „Ich bin 21! Was habe ich mit dieser DDR-Partei zu tun?“ Dann könne man ebenso der CDU vorhalten, dass sie nach dem Krieg viele Nazis aufgenommen habe. Gleichwohl sei die Auseinandersetzung mit der eigenen Parteigeschichte für ihn wichtig.

Niclas Lenhardt fehlt derzeit die studentische Kultur. Alles geschlossen. Fußball spielt er nur noch selten. „Die Politik nimmt viel Freizeit in Anspruch“, sagt der ehemalige Mittelfeldspieler. Er hört die Musik seines Vaters, Songs aus den 60er Jahren. Davon ist er aber ein bisschen weniger fasziniert als von – Politik.

INFO:

Rund 61 Jahre alt sind durchschnittlich die Mitglieder der CDU in Deutschland, in der SPD sind es 60 Jahre, in der AfD 51, in der Linken 55, in der FDP 51, bei den Grünen 48 Jahre.

In MV gibt es rund 5000 Christdemokraten, im Schnitt sind sie 58 Jahre alt. Die Grünen zählen hierzulande gut 1050 Mitglieder, durchschnittlich 46 Jahre alt. SPD: knapp 3000 Mitglieder, Durchschnittsalter 55. FDP: fast 700 Mitglieder, Durchschnittsalter 52. Die Linke: mehr als 3200 Mitglieder bei einem durchschnittlichen Alter von etwas mehr als 67 Jahren. Die AfD: rund 800 Mitglieder, im Schnitt haben sie ein Alter von Ende 40. Die Tierschutzpartei hat deutschlandweit rund 2000 Mitglieder – Durchschnittsalter 40.

An dieser Stelle stellt MADS junge Mitglieder der Parteien vor.

Bereits erschienen sind:

Anna Kassautzki (27) aus Greifswald von der SPD: „Meckern reicht nicht“

„Ich bin links-grün versifft“: Was Sebastian Hüller (20) aus Teterow zu den Grünen treibt

„Sahra Wagenknecht ist interessant“: Nico Jahnke (23) von der AfD aus Strasburg

„Möchte nicht blind durchs Leben gehen“: Seraphine Jörn (19) aus Rostock von der Tierschutzpartei

Niklas Ziemann (20) vom Darß bei der CDU: „Extreme sind nichts für mich“

„Ich mag andere Ansichten“: Luise Vogler (19) aus Nordwestmecklenburg von der FDP

Von Klaus Amberger

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