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Netflix-Serie “Skylines”: Die Stadt macht den Beat

Netflix-Serie “Skylines”: Die Stadt macht den Beat
Foto: Netflix

Hip Hop, Ehrgeiz und Macht: Netflix zeigt ab dem 27. September die vierte deutsche Produktion „Skylines“ – und will ein Sittengemälde aus der Rapszene zeichnen.


Johannes, genannt Jinn, hämmert ständig an seinem Sound arbeitend gegen Stahlrohre, auf Bürostuhllehnen, gegen Zellenwände. Er ist ein Hip-Hop-Produzent. Und um Hip-Hop, um Gangster-Rap, geht es in der vierten deutschen Netflix-Produktion mit dem Titel „Skylines“ (Start: 27. September), die im verruchten Frankfurter Bahnhofsviertel spielt. Ganz authentisch sollte die Serie die Undergroundszene aufnehmen, hat der Serienschöpfer Dennis Schanz beim Drehbesuch in Frankfurt erzählt. So authentisch, dass Schanz gleich einige Rapper mit an Bord geholt hat. Azzi Memo, Nimo, Olexesh, Azad, Nura, Miss Platnum, Celo und Abdi oder MC Bogy spielen sich selbst.

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Die Serie will die Zerrissenheit der Mainmetropole zeigen, deswegen wackelt die Handkamera immer mächtig, wenn sie durch die Hochhausschluchten fährt. Sie will das Bahnhofsviertel, wo Junkies vor polierten Portalen von Bankhäusern hocken, porträtieren, ganz oben wie ganz unten, Knall auf Fall. Im Zentrum der Geschichte: der junge Jinn, eigentlich Johannes Dietz (Edin Hasanovic), der aus den Undergroundclubs der Stadt heraus mit seinen Produktionen eine große Karriere machen will. Er ist das Wunderkind – und doch irgendwie ganz szeneuntypisch. Sein Vater Raimund Dietz („Tatort“-Kommissar Richy Müller) ist ein höchst erfolgreicher wie krimineller Finanzfritze. Jinn wird im Club von einem Mitarbeiter des Hip-Hop-Labels Skyline Records angesprochen, mit dem sich Gangster-Rapper Kalifa (Murathan Muslu) von den dreckigen Straßen Offenbachs bis zur Dachterrasse mit Wolkenkratzerpanorama hochgearbeitet hat.

45 Drehtage in Frankfurt

Kalifa wiederum hat ein eigenes Problem: Sein Bruder Ardan (Erdal Yildiz), mit dessen Drogengeld er einst das Label gegründet hat, ist nach 16 Jahren aus dem Exil zurückgekehrt, will jetzt auch einen Teil vom Kuchen – und bringt Skyline Records wieder in die Nähe der Drogenkriminalität. Dabei ist ihm Polizistin Sara (Peri Baumeister), die auch noch Kalifas Ex-Frau ist, auf der Spur.

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Man merkt: Da kommt einiges zusammen, und trotzdem nimmt die Geschichte nur langsam Fahrt auf. Zu lange braucht es, bis „Skylines“ diese ganzen mäandernden Nebenhandlungen klären kann. Bis zum ersten Mal finster dreinblickende Typen ihre Waffen laden – das ist ja die Mindesterwartung an eine Gangsterserie, – vergehen schon mal vier Folgen.

45 Drehtage verbrachte das Netflix-Team in Frankfurt – so entstanden dort auch die Aufnahmen für eine Release-Party, die wir an einem schummrigen Februartag besucht haben. Das Set summte: mit echten Rappern, mit der echten Hip-Hop-Szene. Eine riesige Menge aufgeregter wie hipper Statisten. Der ganze Aufwand nur für ein kurze Szene in der ersten Folge, in der die Party zu einer Kulisse zusammenschrumpft, von der Jinn sowieso fix wieder abhaut.

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Gangster-Rapper-Klischees werden weiträumig umfahren

Gangster-Rap ist oftmals eine Männerdomäne. Und Männer – Rapper wie Produzenten als auch Dealer oder Polizisten – haben in „Skylines“ typischerweise Monsterschultern und rufen ständig „Digga“. Auch der Einzige, der noch etwas Unsicherheit durchscheinen lässt, Serienheld Jinn, läuft irgendwann, als müsse er um jeden Preis verhindern, dass seine Testikel die Innenseite der Oberschenkel berühren. Und die Frauen? Die sind zwar definitiv mehr als schmückendes Beiwerk – sie sind Ermittlerinnen, Rapperinnen oder Geschäftsführerinnen. Doch während die Herren in Sachen Härte wetteifern, sind es die Frauen, die Verzweiflung zulassen und Job mit Familie nicht unter einen Hut kriegen. Auch wenn die Rollenerzählung nicht ganz ausgeglichen ist: Die Serie versucht, Gangster-Rapper-Klischees weiträumig zu umfahren. Dank der guten Besetzung gelingt das auch zu großen Teilen. Murathan Muslu beispielsweise, der den Labelboss Kalifa spielt, lässt die Filmfigur erst einmal sanft und liebevoll erscheinen, bevor er im Konflikt den harten Typen gibt.

Eine erstaunlich protestantische Arbeitsmoral legen eigentlich fast alle Beteiligten an den Tag – ob Immobilienmakler, Hip-Hopper, Krimineller oder Polizist. Hart und ständig arbeitend. Kein Funken Spaß dabei. Gelacht wird nur, wenn zu Ermittlungszwecken gekifft wird – und dann vergeht das Lachen auch schnell wieder.

Von Geraldine Oetken/RND


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