Nachhaltige Kleidung: Warum gibt es häufig keine großen Größen?
Nachhaltigkeit spielt eine immer größere Rolle. Doch nachhaltige Kleidungshersteller bieten häufig keine Größen über 44/L an. MADS erklärt, warum das so ist, und was der Unterschied zwischen „plus-sized“ und „size-inclusive“ ist.
Der Anteil nachhaltiger Kleidung ist verglichen mit dem von „Fast Fashion“ sehr gering. Dies führt zwangsläufig dazu, dass es nur ein geringes Angebot für große Größen gibt. Man könne Labels, die Kleidung in Größe 50 und aufwärts anbieten, vermutlich an zwei Händen abzählen, so „REFINERY29„. Die Chance, dass diese in die gewünschte Preisklasse fallen und Kunden zudem optisch ansprechen, ist folglich klein.
Große Größen an der Kleiderstange
„Ich würde mir wünschen, dass man Kleidungsstücke von 2XS bis 4XL an einer Kleiderstange finden würde“ – so äußerte sich Bloggerin Julia Kremer, als die Modemarke H&M 2020 ihre großen Größen aus den Geschäften nahm und auf die Onlineseite verlegte. „Wir kurvigen Frauen sind es von klein auf gewohnt, dass wir dankbar sein können, wenn wir überhaupt etwas finden. Als 12-Jährige musste ich in die Erwachsenenabteilung, weil es nichts für mich gab. Weil an meine Körperform nicht gedacht wurde“, beschwerte sie sich gegenüber ihrer Community.
Das Problem, dass die Auswahl großer Kleidergrößen beschränkt ist, gilt nicht nur für nachhaltige Brands, sondern allgemein in der Modewelt. Da „Fast Fashion“ den größten Anteil der Kleiderindustrie abdeckt, gibt es dort auch das größte Angebot an Größen über 40. Doch warum ist das überhaupt so? Auch Julia Kremer stellte in ihrem Instagram Post diese Frage: „Über die Hälfte der Frauen tragen Kleidergröße 42+ – warum sieht man das so wenig? In den Medien? In der Mode?“
Ein häufiges Argument von Firmen sei die teurere Herstellung, so der Body-Positivity-Blog „Marshmallow Mädchen“. Ein großes Kleidungsstück benötigt mehr Stoff und ist dadurch kostspieliger. In der Regel werden allerdings die Kosten eines Kleidungsstücks auf alle Größen verteilt, sodass Kunden und Kundinnen für das gleiche Teil in einer anderen Größe denselben Preis zahlen. Das ist nicht nur bis Größe 40 möglich, sondern auch darüber hinaus. Zu beobachten ist das am Modehändler „Bonprix“, der seine Kleidung bis zur Kleidergröße 56 anbietet und damit nicht unbedingt einen großen Verlust macht, erklärt „Marshmallow Mädchen“. „Die Hauptursache scheint schlicht und ergreifend die Ablehnung dicker Körper zu sein“, ist das Fazit des Blogs. „Viele Designer weigern sich etwa, Plus-Size-Stars einzukleiden, weil sie ihre Mode nicht mit dicken Menschen in Verbindung gebracht haben möchten.“
Der Unterschied zwischen „plus-sized“ und „size-inclusive“
Beide Begriffe beschreiben größere Kleidergrößen, wenn auch ein wichtiges Merkmal sie voneinander unterscheidet.
„Plus-sized“ schafft eine Trennung zwischen großen Größen und denen darunter. Menschen, für die das Label „plus-sized“ ausgelegt ist, stellen eine „Ausnahme der Regel dar und werden so zur Gruppe der ‚anderen’“, erklärt Alexandra Waldman, Mitbegründerin und Kreativdirektorin der Kleidermarke Universal Standard. Zu „REFINERY29“ sagte sie, man sei automatisch weniger bedeutsam, wenn man aus dem Kleidergrößenrahmen falle. „Wenn ein Modeunternehmen eine Plus-Size-Kollektion auf den Markt bringt, gibt es oft nur eine begrenzte Anzahl von Modellen, die sich [fast immer] von jenen in ‚Normalgröße‘ der Brand unterscheiden“, äußert sich auch Danielle Hall, Mitbegründerin der Social-Shopping-Plattform „Insyne“.
„Size-inclusive“ hingegen bedeutet, ein Kleidungsstück in allen Größen anzubieten – und in allen Größen in derselben Ausführung. „Uneingeschränkt einkaufen zu können und sich keine Sorgen machen zu müssen, dass es ein bestimmtes Kleidungsstück nicht [in plus-sized] gibt, ist sehr bedeutsam“, sagt Sylvie Wilson, Schwester und Geschäftspartnerin von Danielle Hall.
Auch wenn es von vielen Brands noch immer abgelehnt wird, sollte „size-inclusive“ zur Normalität werden, damit Menschen aller Kleidergrößen sorgenfrei und ohne Einschränkungen shoppen gehen können – und das in Zukunft auch nachhaltig.
Von Merle Pries
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