Kommentar: Das Aussterben der Innenstädte ist kein Wunder
Onlineshopping sorgt nach und nach für das Aussterben deutscher Innenstädte. Da sich diese Situation in Zukunft nicht ändern wird, bleibt das Festhalten an veralteten Konzepten zwecklos – stattdessen könnte die Lösung in der Spezialisierung liegen, kommentiert MADS-Autor Amir.
Der Einzelhandel in deutschen Innenstädten steckt in einer Krise – und das bereits seit Jahren. Während der Online-Handel boomt, sterben die Geschäfte aus – die Covid-Pandemie gab wankenden Kandidaten den Rest. Unternehmen reagieren auf die Problemsituation: MediaMarkt-Saturn-Chef Karsten Wildberger schlägt beispielsweise vor, Geschäfte je nach Nachfrage der Kundschaft auch an Sonntagen zu öffnen, der Konzern Galeria Karstadt Kaufhof meldet schon zum dritten Mal Insolvenz an.
Wer online kauft, statt in Geschäfte zu gehen, versetzt dem Einzelhandel anscheinend nach und nach den Todesstoß – dabei ist das Aussterben deutscher Innenstädte auch abgesehen von der Krisensituation nach der Pandemie eigentlich kein großes Wunder.
Wozu noch in große Geschäfte gehen?
Unabhängig vom Budget einer Person funktionieren Shopping-Ausflüge in Innenstädte nur dann, wenn auch das Angebot stimmt. Wer loszieht, um sich irgendein T-Shirt, irgendein neues Parfum und irgendeinen neuen Roman zu kaufen, wird in den allermeisten Fällen auch fündig. Wenn die Vorstellungen hingegen spezifischer werden, steht man schnell vor einer Hürde – und damit ist bereits eins der grundlegenden Probleme von Warenhausgiganten beschrieben.
Simpel heruntergebrochen ist beispielsweise Galeria Karstadt Kaufhof eigentlich nur das Amazon der Innenstadt – jedoch mit begrenzterer Auswahl und oftmals höheren Preisen. Da sich das Konzept derartiger Geschäfte über Jahre kaum weiterentwickelt hat, dienen sie in den meisten Fällen höchstens noch als Inspirationsquelle für den nächsten Online-Kauf. Dass an den langsam sterbenden Konzernen die Schicksale vieler Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hängen, tut sicherlich vielen Menschen leid – aber nicht so sehr, dass die Beratung, die viele Kundinnen und Kunden sich ohnehin bereits vom Social-Media-Tester des Vertrauens geholt haben, den Aufpreis gegenüber Online-Shops wettmachen könnte.
Kurz gefasst: Warenhausgiganten können vieles, aber nichts richtig gut. Das Konzept hinter den Geschäften wirkt in Zeiten von Online-Stores beinahe überambitioniert – statt also weiterhin alles und nichts anbieten zu können, sollte lieber eine Verkleinerung und Spezialisierung des Sortiments stattfinden. Da sich die gigantische Konkurrenz des Online-Handels, ebenso wie die Ignoranz gegenüber der problematischen Arbeitsbedingungen und Klimabilanzen von Amazon und Co. auch in Zukunft nicht einfach in Luft auslösen werden, führt ein Festhalten an veralteten Konzepten nur zu weiterem Zerfall.
Kleinere Stores als Zukunft der Innenstädte?
Was könnte also stattdessen funktionieren? Eventuell liegt die Zukunft deutscher Innenstädte nicht in riesigen „Wir haben alles“-Geschäften, sondern in kleineren, spezialisierten (Pop-up-)Stores. Unabhängig davon, ob man in der Stadt nach einem ausgefallenen Kleidungsstück, besonderer Deko, frisch gerösteten Kaffeebohnen oder einem Spielzeug für den Geburtstag der jüngsten Cousine sucht, haben spezialisierte Geschäfte das Potenzial, zum Kauf zu bewegen.
Der Grund dafür liegt oftmals im frischen Konzept, im ausgefallenen Sortiment und in einer tatsächlich spezialisierten Beratung. Statt also krampfhaft alles daran zu setzen, mit dem Online-Handel zu konkurrieren, sollte der Fokus verschoben werden, um diesen nicht mehr wegzudenkenden Teil des Geschäfts mit neuen Konzepten zu ergänzen.
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Wenn ich das gesuchte produkt in der Innenstadt nicht bekomme, bietet mir der Händler an, es für mich zu bestellen. Schön und gut, aber ich habe dann mindestens einmal Zeit und Kosten für den Stadtbesuch aufgebracht, vlt auch noch ein zweites Mal zur Abholung. Da bestelle ich doch lieber gleich vom heimischen Küchentisch; leichter, schneller bis zur Haustür, und oftmals preiswerter…