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Klimakiller, Klimasünde, Klimairrtum?

Klimakiller, Klimasünde, Klimairrtum?
Foto: Foto: Unsplash/ Patrick Hendry

Flugscham, Autoscham und Streamingscham sind gut – verschieben aber den Fokus weg von den größten CO2-Verursachern, findet MADS-Autorin Jacky.


„Schämt euch“, tönt es in den Medien, beim Familiendinner, an Kneipentischen. Scham hat es zum Trendwort schlechthin geschafft. Und lässt sich offenbar beliebig mit klimaschädlichen Aktivitäten kombinieren. Der viel zitierten Flugscham, die Menschen dazu treibt, zu Liebe des CO2-Verbrauchs Flugreisen zu meiden, folgten Autoscham und kürzlich auch die Streamingscham. „Klimakiller + Scham“ lautet die mediale Wunderformel, mit der sich gut geklickte Artikel zimmern lassen.

Klimascham: zurecht?

Sieht man sich die größten CO2-Verursacher in Deutschland an, fällt auf: Für den Löwenanteil des Ausstoßes in Deutschland war 2017 mit knapp 40 Prozent der insgesamt ausgestoßenen Menge Kohlendioxid die Energiebranche verantwortlich. Ihr folgen das verarbeitende Gewerbe und die Industrie mit rund 23 Prozent, der Straßen- und Luftverkehr mit rund 21 Prozent und Haushalte und Kleinverbraucher mit 17 Prozent.

Also: Sollten wir uns nicht viel mehr für die Nutzung fossiler Energien schämen – es spricht bloß niemand darüber? Klingt Energiescham vielleicht zu unsexy, ja geradezu nicht klickbar?

Energienutzung überprüfen

Mag sein. Denn: Unsere Energienutzung ist womöglich die naheliegendste Stellschraube für einen klimafreundlicheren Lebensstil. Das legt zumindest eine Analyse des statistischen Bundesamtes nahe. Betrachtet man die Haushalte in Deutschland, fällt auf: Der Einzelne emittiert am meisten Kohlendioxid durchs Wohnen – und zwar 36,3 Prozent seines gesamten Ausstoßes. Grund dafür sind oftmals schlecht gedämmte Häuser und großer Heizbedarf. Aber auch: Der eigene Stromanbieter. Bis heute liefern Kohlekraftwerke einen Großteil des Stroms in Deutschland. Erneuerbaren Energien haben es ermöglicht, dass die Stromerzeugung heute ein Drittel weniger CO2 ausstößt als 1990, schreibt der Bayrische Rundfunk.

Ist all der Flug- und Streamingscham also umsonst? Bestimmt nicht. Auch Mobilität ist für einen Großteil der CO2-Emissionen des Einzelnen verantwortlich. Nicht nur beim Energieverbrauch von Einzelpersonen, auch in der gesamtdeutschland Ansicht schlagen Flugreisen zu Buche: Und zwar mit vier Prozent des insgesamt ausgestoßenen Kohlenstoffdioxids, schreibt der Spiegel. Für einen ähnlichen Anteil des klimaschädlichen Gases ist weltweit der Konsum digitaler Medien mit vier Prozent der Emissionen verantwortlich.

Grüner Strom für alle

Also: Wir fragen uns zurecht, ob wir zu Liebe der Umwelt weniger fliegen oder streamen sollten. Trotzdem zeigen die Statistiken, dass es wesentlich größere Baustellen in unserer persönlichen Klimabilanz gibt: Unseren Energieverbrauch. Vielleicht rückt der deshalb in den Hintergrund, weil Serien und Reisen eher Alltagsthemen sind. Beim Kaffee schnacken wir sicherlich eher über Game of Thrones und die Reise nach Vietnam als unseren Stromanbieter. Dabei gibt es eine Fülle an Tipps, wie wir hier CO2 einsparen können.

Auch, wenn Fliegen und Streamen nicht die größten Klimakiller in unserer Bilanz sind: Unsere Scham ist generell gut. Scham zeigt, dass wir uns reflektieren. Auch, wenn nicht immer die größten CO2-Baustellen am lautesten diskutiert werden.

Von Jacqueline Hadasch


Über den Autor/die Autorin:

Jacqueline Hadasch

Jacqueline (24) studiert BWL. Das passende Klischee bedient sie aber wenig. Sie schreibt gern über Nachhaltigkeit und geschichtliche Themen und hat eine Vorliebe für Kaffee.

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