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„Girl Math”: Was steckt hinter dem TikTok-Trend – und warum ist er problematisch?

„Girl Math”: Was steckt hinter dem TikTok-Trend – und warum ist er problematisch?
Foto: Unsplash/Freestocks

Erst „Girl Dinner”, jetzt „Girl Math”: So rechtfertigt Frau heute ihre Luxus-Einkäufe. Aber sind wirklich nur „Girls” von schlechtem Umgang mit Geld betroffen? Der TikTok-Trend mag unterhaltsam sein, ist aber auf einigen Ebenen problematisch. Ein Kommentar.


Geht ein Tiktok-Trend, kommt direkt der nächste. Erst „Lucky Girl Syndrome”, zuvor „That Girl”, letzten Monat „Girl Dinner” – und jetzt die neueste Variante: „Girl Math”. Unter dem Strich heißt „Girl Math”, das eigene Konsumverhalten mittels schlechter Mathematik zu rechtfertigen. Ausreden für Ausgaben sind zum Beispiel: Bargeld ist kein echtes Geld, im Sale nichts zu kaufen ist Verlust, Sachen unter 5 Euro sind eigentlich kostenlos.

Vom Radio zu Tiktok

Ursprung des Hashtags ist die Radioshow  „Fletch, Vaughan & Hayley”. Die Moderatoren und Moderatorinnen haben eine eigene Rubrik mit dem Titel „Girl Math“ geschaffen, inklusive catchy Intro-Song. Darin rechnen sie ihren Anrufern und Anruferinnen nicht ganz ernst gemeint vor, wieso ihre sündhaft teuren Anschaffungen keine Geldverschwendung sind, sondern geniale Investitionen. Als „quasi gratis” wurden schon Leinenbettlaken, Dyson-Föhne und Extensions erklärt.

@fvhzm

#itsbasicallyfree but it’s also basically a secondary income 💁‍♀️ Let us know if you need us to #girlmath one of your purchases! 🤪

♬ original sound – FVHZM

Seit Clips davon auf Tiktok trenden, gibt es etliche Nachahmer. „Girl Math”, das sind Cost-per-Wear-Rechnungen, schlechtes Auf- und Abrunden. Teilweise machen die Erklärungen Sinn – schließlich lohnt es sich an bestimmten Stellen, einmal mehr Geld auszugeben statt regelmäßig etwas Billiges nachzukaufen. Oft aber ist die Argumentation ziemlich abstrus: So spare man sich mit ägyptischer Baumwolle einen Flug nach Ägypten, trägt man eine Tasche für 300 Euro jeden Tag für ein Jahr, ist der Cost-per-Wear-Preis unter einem Euro – bisher richtige Mathematik, jetzt kommt die falsche Abbiegung – und damit praktisch gratis. Das ist in der Regel ironisch gemeint, mit einem Augenzwinkern, und dient vor allem der Unterhaltung.

Von „Girl Math” zu „Girl Debt”

Dennoch ist die Pointe problematisch – auf mehr als einer Ebene. Ironie hin oder her, die Anrufer und Anruferinnen der Radioshow sowie die Tiktok-Userinnen geben ihr Geld tatsächlich so aus. Und das stets mit dem Stempel eines femininen Kaufverhaltens. So wird gedankenloses Konsumverhalten gerechtfertigt, und dazu ein verantwortungsloser Umgang mit Geld. Damit werden unterschwellig vor allem junge Frauen und Teenager dazu ermutigt, sich Dinge zu kaufen, die man sich nur mit einem bestimmten Wohlstand leisten kann. Was als Witz begann, ist inzwischen zum Trend geworden, bei dem Frauen ihr schlechtes Verhältnis zu Geld offenlegen.

@lucywelcher

Absolutely no point in keeping this money bc its free🤗

♬ original sound – LUCY

Sexismus gibt’s gratis

Noch dazu schwingt bei „Girl Math“ eine ordentliche Portion Sexismus mit. Die dümmliche Frau, die etliche unnötige Sachen kauft, und das am besten mit der Kreditkarte des reichen Ehemanns – das ist nur eines der Klischees, das hier bedient wird. Nicht jeder Tiktok-Trend ist so tiefgehend. Hier stellen sich erwachsene Frauen jedoch selber als „Girls” dar, die keine Ahnung von Finanzen haben und ständig überteuerte Einkäufe begehen.

Das Problem: Die Ausreden, die hier bemüht werden, nutzen nicht nur Frauen und Mädchen. Dass sich Käufe mit Bargeld wie gratis anfühlen, weil es den Kontostand nicht verändert, ist im Zeitalter von EC-Karten, Paypal und Google Pay wohl nicht nur bei „Girls” so. Sich ab und zu etwas zu gönnen, ist kein Problem – bitte aber ohne „Girl Math” als Mantra zu nehmen. Denn eine Sache gibt es wirklich gratis in der „Girl Math”-Logik – traditionelle Rollenbilder.


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Über den Autor/die Autorin:

Marie Bruschek

Marie (20) studiert Weltliteratur. Wenn sie nicht gerade schlechte Wortwitze macht oder sich zum zehnten Mal Mamma Mia anguckt, schreibt sie für MADS über alles, was sie gerade interessiert.

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