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Fantasy-Roman von Rügen: „Die Birkenbraut und ihr Ungeheuer“ von Arianne L. Silbers

Fantasy-Roman von Rügen: „Die Birkenbraut und ihr Ungeheuer“ von Arianne L. Silbers
Foto: Ann-Kathrin Güttner

Der Fantasy-Debütroman „Die Birkenbraut & ihr Ungeheuer“ von Arianne L. Silbers von der Insel Rügen ist eine Überraschung. Ebenso die Begegnung mit der 23-Jährigen.

Sie ist eine optische Halluzination, eine Sinnestäuschung. Arianne L. Silbers trägt ein weißes, gerafftes Kleid, einen sehr breiten, grauen Gürtel und endlos lange, weißblonde Haare. Als Haarschmuck ist ein grüner Schmetterling zu sehen, eine Luna-Motte. Es dauert vielleicht eine Hundertstelsekunde, ehe die Wahrnehmung bestätigt, dass die Autorin von der Insel Rügen, die dort in einem Vorgarten in Sagard steht und freundlich grüßt, keine Fee ist, sondern die Schriftstellerin Arianne L. Silbers, die den bürgerlichen Namen Jasmin Güttner trägt. „Ich glaube, ich habe gar keine normalen Klamotten“, sagt die 23-Jährige. Ihre Verkleidung ist keine Verkleidung.

Im Sommer kam ihr Debütroman heraus. Titel: „Die Birkenbraut & ihr Ungeheuer“. Ein Fantasyroman, genauer betrachtet ein Werk aus dem Subgenre Dark Fantasy, bei dem es einen gerade auch bei jungen Leuten beliebten düster-melancholischen Grundton gibt.

Komplexe Charaktere

Onora heißt die Hauptperson in dem 433 Seiten starken Band. Eine 16-jährige Heldin (schmal und hell mit hüftlangem, weißem Haar, das mit kohlefarbenen Strähnen durchzogen ist), die der Autorin äußerlich sehr ähnlich ist. Die jedoch wohl häufiger in Lebensgefahr schwebt als ihre Schöpferin. „Onora hat Mut, aber nicht auf traditionelle Art“, sagt Arianne L. Silbers. Damit deutet sich schon an, was die junge Frau von der Insel Rügen sagen möchte: Ihre Charaktere sind nicht eindeutig, es sind „Misch-Charaktere“ komplexerer Natur.

„Ich mag das moralisch Graue – das Silberne ist ja auch ein schöner Grauton.“ Und dieses Graue kommt in Gestalt einer weiteren Person, Onoras Beschützer Hecser, der gleichzeitig ihre größte Gefahr ist. Über sich selbst sagt der undurchschaubare, junge Mann: „Ja, ich bin ein Dieb und ein Mörder und ein Wilder, der das Schaudern seines Gegenübers spüren kann.“

Arianne L. Silbers

ZUR GALERIEDie Fantasy-Autorin Arianne L. Silbers in ihren Onora-Cosplay-Kostümen. Onora ist die Hauptfigur in dem Buch „Die Birkenbraut & ihr Ungeheuer“.

Einladung zum Träumen

Erzählt wird aus den Perspektiven beider Figuren. Es gibt Irrgärten, geheimnisvolle Türen, Schlösser, Monster und dunkle Wälder in einer magischen Welt. Es wird zuweilen brutal, auch blutig, es wird gestorben. Angesiedelt ist die Handlung in einer Zeit, die „noch etwas älter als das Mittelalter“ ist, so die Autorin. Im Hintergrund stehen die großen Themen des Buches: Freiheit und Verantwortung. „Doch was die Geschichte uns heute sagen soll, muss jeder für sich interpretieren“, meint Arianne L. Silbers zurückhaltend. „Für mich ist es eine Suche nach einer verschollenen Welt, die magisch war.“ Derzeit würden wir in einer nüchternen, wissenschaftlichen Epoche leben, allerdings gebe es einen Wunsch nach mehr. „Magie als Symbol hat Kraft, und ganz ohne sie fehlt der Sinn und man fragt sich, wo er ist.“ Sie möchte darüber nachdenken, was nicht zwingend logisch erklärbar ist. „Es ist wie eine Einladung zum Träumen.“

Eines ihrer Lieblingszitate aus dem Buch lautet dementsprechend: „Manche Menschen sehen und fühlen einfach mehr als andere und das aus gutem Grund. Ihr solltet gehen, wohin euch eure Träume ziehen, und nicht auf all die Feiglinge hören, die das Fremde und Unbekannte fürchten.“ Gleichwohl steht auf der Rückseite des Buches, versteckt unter dem Schutzumschlag, die mahnende Aufforderung: Verirr dich nicht! Allein dieser Satz vermittelt sofort das ambivalent angenehme, fröstelnd-dunkle Gefühl, es könnte doch nicht so harmlos ausgehen.

Mit Disziplin bis zu 2000 Worte pro Tag

Die Newcomerin aus Sagard verblüfft mit ihrer flüssigen Sprache und mit ihrem sicheren Stil. Sie schafft es, dass Leser schnell in den detailreich beschriebenen Kulissen verschwinden, sogar das Muster des Innenfutters eines Umhangs ist zu „sehen“ und Tiere so „gezeichnet“, dass sie nah sind.

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„Ich plane meine Geschichten sehr genau durch“, berichtet die Autorin. Kapitel für Kapitel. Lediglich der Beginn und das Ende des Handlungsgerüstes standen zu Beginn der Schreibarbeit fest. Der Rest war Disziplin. „Mehr als 2000 Worte schaffe ich pro Tag nicht“, berichtet sie. Das sei das Limit, dann sei sie an ihre Leistungsgrenze, „dann bin ich mit durch“. Meist schreibe sie nachts in ihrem Zimmer unter dem Dach im Haus ihrer Eltern. „Tagsüber fordert mich das Studium.“ Ein Fernstudium der Kulturwissenschaften mit Schwerpunkt Geschichte. Gerade schreibt sie an ihrer Bachelor-Arbeit.

Seit 2017 war das Manuskript für die Birkenbraut fertig. „Während meines Abiturs hatte ich die Rohfassung vollendet.“ Die Verlagssuche dauerte beinahe vier Jahre. Währenddessen entstand bereits das nächste noch nicht verlegte Werk.

Autorin gestaltete Buchcover selbst

Arianne L. Silbers (das „L“ steht für Luise, den Namen ihrer Urgroßmutter) schreibt auf einem Laptop. „Ich habe eine unordentliche Handschrift“, berichtet die Studentin. Dennoch liebt sie Schriften jeglicher Formen, hat sogar eine Geheimschrift entwickelt, die an angelsächsischen Runen angelehnt ist und auf ihrer Homepage zur Betrachtung bereitsteht. Außerdem zeichne sie gern, etwa Szenen aus ihren Geschichten. So hat sie beispielsweise unter anderem das Cover ihres Buches gestaltet. Der Titel sei übrigens ein Echo eines ihrer Lieblingsmärchen: Die Schöne und das Biest.

„Ich bin eine Exzentrikern“, sagt die Autorin über sich selbst. Leicht lächelnd. Aber eine, die schon Stipendiatin mehrerer literarischer Förderprogramme war und die auch mithilfe von Fotos, die von ihrer Schwester stammen, in ihre magische Onora-Welt führt. Da ist es egal, dass ihre langen Haare nicht echt sind, sondern zu ihrem elfengleichen Cosplay-Auftritt gehören. Arianne L. Silbers winkt noch einmal zum Abschied aus ihrem Vorgarten. Plötzlich ist die Fee verschwunden. Es bleibt ein Buch.

Arianne L. Silbers, „Die Birkenbraut & ihr Ungeheuer“, 433 Seiten, 18 Euro, Kampenwand Verlag

Von Klaus Amberger

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