Einmal Instagram und zurück
Philipp Lüders zählte zu Beginn des Jahres noch zu Sachsens erfolgreichsten Influencern. Doch dann hatte er plötzlich die Nase voll. Trotzdem kann er sich dem Bann der sozialen Medien nicht endgültig entziehen.
130 000 Menschen. Das entspricht etwa vier vollen Rudolf-Harbig-Stadien. So viele Abonnenten konnte Philipp Lüders auf seinem Profil bei der Bilderplattform Instagram verbuchen. Zumindest bis Anfang des Jahres. Heute sind es „nur“ noch 1000. Mode, vor allem Streetstyle war und ist immer noch zentrales Thema seines Profils.
Im Januar entschied sich der Dresdner trotz der großen Zahl an sogenannten „Followern“, sein erfolgreiches Profil zu löschen. „Es ist mir alles zu unpersönlich geworden. Es ging nicht mehr um die Mode, sondern nur noch darum, wer die meisten Likes und die teuerste Mode präsentiert.“, begründet Lüders seinen Entschluss, den er zum Jahresbeginn fasste. Und der ist heutzutage nicht unerheblich, denn bei dieser Größe zahlen Firmen für ein gesponsortes Bild schon mal um die 300 Euro. Zumindest in der Theorie, bestätigt Lüders. In seinem Fall lag der Gewinn im dreistelligen Bereich, erzählt er. „Oftmals werden aber auch die Produkte, für die man werben soll, selbst als Bezahlung angesehen oder mit dieser verrechnet“.
Ende 2013 legte der heute 26-Jährige sein Profil bei Instagram an. Damals studierte er Wirtschaft in Halle, lebte und arbeitete in Leipzig. „2014 entwickelte ich ein Konzept und schloss mich mit anderen Instagrammern zusammen. Gegenseitig haben wir uns dann gepusht“, erinnert er sich. Übersetzt heißt das soviel wie, sich gegenseitig Aufmerksamkeit in der sozialen Welt von Instagram verschafft.
Abonnenten kaufen?
Das sorgte für schnelles Wachstum, doch viele der Follower waren nach Aussage von Lüders sogenannte „Ghosts“, also Gefolgsleute, die nicht interagieren, keine Fotos kommentieren oder auf das begehrte Herz drücken, um einen „Like“ zu hinterlassen. Und dann gibt es da noch Zeiten, in denen einfach nichts vorangeht. Ob er sich Abonnenten gekauft hat ( „50 Follower für nur 1,49 Euro“ ist online in Sekundenschnelle gefunden, kein Scherz)? „Nein!“, sagt Lüders entschieden. Aber darüber nachgedacht hat er schon- „Der Druck steigt, wenn vier oder fünf Monate lang gar nichts passiert. Ich habe überlegt, mir Likes zu kaufen, anstatt Follower. Aber damit hätte ich mich nur selbst belogen und mich unglaubwürdig gemacht. Mit dieser Herangehensweise habe ich mich selbst gestoppt“, erinnert er sich.Ja, es ist nicht leicht, über die Welt von Instagram zu schreiben und dabei ohne Anglizismen auszukommen und auch Blogger Philipp Lüders scheint das schon verinnerlicht zu haben. Denn knappe vier Jahre nach dem Start bei Instagram war er einfach „exhausted“ (zu deutsch: erschöpft), wie er heute erzählt.
Werbeplattform für Werbezwecke nutzen
Aber scheinbar nicht erschöpft genug, sich dem bunten Treiben in den sozialen Medien nicht erneut auszusetzen. Denn seit August dieses Jahres ist er wieder im „Game“ und hat sich erneut als „phil.ldrs“ bei Instagram angemeldet. Über 1000 Abonnenten sind es seitdem wieder geworden, Tendenz steigend. Thema ist und bleibt die Mode, Streetstyle genauer gesagt. Und mehr Momente aus dem privaten Leben. Damit will Lüders nahbar bleiben. Auch Likes interessieren ihn nach eigener Aussage nicht mehr so sehr wie früher und inaktive Abonnenten werden händisch aussortiert. Nur Leute, die real sind, dürfen bleiben.
Lüders will Instagram diesmal nutzen, um Werbung für seinen Blogwww.philippldrs.de zu machen. Diesen betreibt er mit Unterbrechungen seit August 2016. Dort schreibt er ebenfalls über Mode, beispielsweise über fünf verschiedene Möglichkeiten, Turnschuhe zu tragen. Kenner der Szene werden entrüstet aufschreien, es sind natürlich Adidas Yeezy 700 oder Balenciaga Triple S und nicht nur Turnschuhe. Auch lange Texte über Polygamie, Sex meets Beziehungsstatus oder warum man als modebewusster Mann nicht immer automatisch schwul ist, sind dort zu lesen.
Mode zum Lesen
Den Blog sieht Lüders, im Gegensatz zu Instagram, als sichereres Standbein. „Was machen die ganzen Instagrammer, wenn die Plattform tot ist? Ich habe dann immer noch meinen Blog“, sagt er. Dennoch verlässt er sich nicht allein darauf. Hauptberuflich arbeitet er als Social-Media-Koordinator für die PTH-Group. Diese verwaltet Läden wie Calvin Klein, Esprit oder Tommy Hilfiger. Denn allein von seinen eigenen Kanälen in den sozialen Medien möchte er nicht leben. „Dafür bin ich zu sehr Sicherheitsmensch.“
Philipp Lüders möchte seine Spuren auf dieser Welt hinterlassen oder wie er es formuliert: „Tryin´ to leave my footprints on the world“. Das ist auf seinen Profilen zu lesen. Und das mittels Mode, aber nicht in Form von Klamotten, sondern zum Lesen. „Wenn niemand mehr für seine Outfits belächelt wird, führt das zu einer offeneren Gesellschaft“, sagt er, erklärt gleichzeitig aber auch, dass er von Leggings ohne was drüber nicht viel hält. Also eigene Outfits schön und gut, aber bitte mit (gesellschaftlich anerkanntem) Stil. Um zu erklären, wie man seinen eigenen Stil finden kann, schreibt Lüders derzeit an einem Moderatgeber. Ende des Jahres soll dieser erscheinen. Damit will er erreichen, dass die Menschen ihren Kleiderschrank mit anderen Augen sehen. Würden dann 130 000 Menschen sein Buch kaufen, wäre das wohl ein Bestseller über den man noch lange reden würde. Aber diese Menschen sind größtenteils eben nicht real.