Seite auswählen

Werbung

„Dieser Beitrag wurde entfernt“ von Hanna Bervoets: Wie viel Grausamkeit kann ein Mensch ertragen?

„Dieser Beitrag wurde entfernt“ von Hanna Bervoets: Wie viel Grausamkeit kann ein Mensch ertragen?
Foto: Unsplash/Charles Deluvio

Mit ihrem neuen Roman „Dieser Beitrag wurde entfernt“ hält Hanna Bervoets Tech-Unternehmen wie Meta den Spiegel vor und setzt sich mit den psychischen Auswirkungen von Gewaltdarstellungen in Social Media auseinander. Gekonnt lässt die Autorin Content-Moderatorin Kayleigh ihre Story erzählen.


Kayleigh, eine junge Frau mit abgeschlossenem Studium, arbeitet aus Geldnot als Content-Moderatorin für das fiktive Social-Media-Unternehmen Hexa. Das erinnert wohl nicht zufällig an das reale Zuckerbergimperium Meta. In einem modernen Bürogebäude sitzt sie wie ihre Kolleginnen und Kollegen vor dem Bildschirm und muss illegalen, gewalttätigen Content nach den Guidelines von Hexa von dessen Social-Media-Plattformen löschen. Dabei wird ziemlich schnell klar, dass es online nicht um Moral geht, sondern um die Einhaltung von Hexas Richtlinien. Kayleighs Tätigkeit ähnelt der eines Roboters, der nicht zwischen moralisch richtig und falsch, sondern zwischen „Darf-gezeigt-werden“ und „Ist-auf-der-Plattform-verboten“ unterscheidet.

„Dieser Beitrag wurde entfernt“ schildert queere Lovestory

Gekonnt erzählt Hanna Bervoets in ihrem Roman nicht nur von der schleichenden moralischen Korruption ihrer Protagonistin, sondern schildert auch die queere Lovestory zweier Frauen, die in der modernen Welt verloren scheinen. Daran kann auch die Zweisamkeit von Kayleigh und Sigrid letztlich nichts ändern.

Der Roman gleicht einer Erzählung, welche aus der Ich-Perspektive von Kayleigh geschrieben ist. In einem Brief erteilt Kayleigh dem Anwalt Stitic eine Absage, sich der Sammelklage ehemaliger Mitarbeitender gegen das Unternehmen anzuschließen. Zugleich schildert sie in dem Brief ihre persönliche Story.

Kann man Kayleigh als Erzählerin trauen?

Die besondere Stärke von Kayleighs Erzählung zeigt sich dabei am Ende. Es ist ein Schluss, der die Leserinnen und Leser sprachlos zurücklässt und bei dem man nicht mehr weiß, was man der Protagonistin (noch) glauben kann.

Wieviel Macht hat Social Media über unser Leben?

„Dieser Beitrag wurde entfernt“ ist mit seinen knapp 100 Seiten ein kurzweiliges und fesselndes Buch, jedoch wegen der Gewaltschilderungen keine leichte Lektüre. Der Roman regt zum Nachdenken darüber an, wie Social Media die menschliche Psyche beeinflusst und welche Macht die sozialen Medien über unsere Leben bereits haben. In Bezug auf die Protagonistin stellt sich die Frage: Wie viel Gewalt kann ein Mensch ertragen, bevor er oder sie selbst gewalttätig wird?

Von Lisa Neumann


Lies auch:


Über den Autor/die Autorin:

MADS-Team

Unter diesem Namen sammeln wir Beiträge von Gastautorinnen und -autoren, Autorenkollektiven oder freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bei MADS. Die Namen des jeweiligen Autors oder der jeweiligen Autorin stehen unter dem einzelnen Beitrag.

Poste einen Kommentar:

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert