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Diese Frau aus Brandenburg lässt sich an ihrer Haut aufhängen

Diese Frau aus Brandenburg lässt sich an ihrer Haut aufhängen
Foto:  Joe Carrotta

Luna Duran, Piercerin im Veltener Studio in der Brandenburger Oberhavel, ließ sich im Rahmen von Performances schon rund 20-Mal an ihrer Haut aufhängen. Zuletzt reiste die Körperkünstlerin dafür nach Island, im Mai geht es in die USA. Dort wartet eine große Herausforderung.


Jener Tag im Juli 2010 veränderte alles. Mit zwei Freunden war Luna Duran auf der staubigen Highway Interstate 95 unterwegs nach Virginia, sie kamen gerade von einem Festival zurück. Und dann fielen dem Fahrer auf der schnurgeraden Straße die Augen zu. Das Auto raste in eine Schlucht, überschlug sich dreimal. Wie durch ein Wunder überlebten alle den Crash. Luna Duran wachte schwer verletzt im Krankenhaus auf. Nase und Hüfte waren gebrochen, die Lunge verletzt, die Gesichtshaut aufgerissen. Monatelang konnte sie nicht laufen. Doch sie war am Leben. „Nach dem Unfall hatte ich eine zweite Chance bekommen. Und ich wollte endlich das tun, was ich immer wollte.“

Gut acht Jahre später, im August 2018, machte sich Luna Duran mit acht Freunden auf nach Island. An einem felsigen Fluss nahe der Stadt Egilsstaðir im Osten der Insel machten sie Halt. Wenig später hing Luna Duran an zwei Haken, in ihre Haut neben dem Brustbein gestochen, mitten über dem Fluss. „Body-Suspension“ heißt die Form der Körperkunst, die die 35-Jährige seit ihrem Unfall regelmäßig betreibt.

Rund 20-Mal hat sie sich in den vergangenen Jahren bereits an ihrer Haut aufhängen lassen, unter anderem auf Bühnen auf Happenings in größeren Hallen oder mitten in der Natur, meistens an mächtigen Bäumen. Unter anderem hing sie in Berlin, Massachusetts, Oslo oder Madrid. Seit September 2018 arbeitet Luna Duran nun als Piercerin im Veltener Studio „Nuke Artworks Tattoo &Piercing“ direkt am Bahnhof.

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Luna Duran, Piercerin im Veltener Studio, lässt sich an ihrer Haut aufhängen – zuletzt reiste die Körperkünstlerin dafür nach Island, im Mai geht es in die USA. ZUR GALERIE 

Nur der Anfang schmerzt

Schmerz empfindet Luna Duran nur am Anfang, wenn die Haken durch ihre Haut gebohrt werden. Zwar hatte sie zu ihren besten Zeiten 33 Piercings gleichzeitig, doch die meisten sind längst zugeheilt. Bei der Body-Suspension braucht es ohnehin immer frische Löcher in der Haut. „Das fühlt sich an wie bei jedem anderen Piercing auch“, sagt Luna Duran. Je nachdem, in welcher Position sie in der Luft schwebt, variiert auch die Zahl der Löcher.

Für ihre Lieblingsposition „Resurrection“ (zu Deutsch: Auferstehung) braucht es etwa nur zwei Löcher an der Brust, dann hängt Luna fast aufrecht in der Luft. Für ihre nächste Performance, die im Mai in San Francisco stattfinden wird, werden dagegen zwölf Haken in ihre Haut gestochen. Für die „Superman-Position“, in der sie wie fliegend schwebt, müssen die Haken auf der gesamten Rückseite des Körpers verteilt werden.

Die Zeit steht plötzlich still

Wenn Luna Duran dann hängt, braucht sie ein paar Minuten, um sich daran zu gewöhnen. „Das Adrenalin pumpt in meinem Körper, das Herz schlägt schneller. Der Körper merkt, dass etwas nicht stimmt“, sagt Luna Duran. Doch dann driftet sie ab in einen fast meditativen Zustand. „Die Geräusche um mich herum werden leiser, die Zeit steht still, ich höre auf zu denken und fühle mich und ich bin dankbar dafür, dass ich am Leben bin“, erklärt die 35-Jährige.

Sie hat gelernt, Schmerz und Angst zu überwinden, um immer wieder diese Erfahrung des Schwebens zu machen. „Ich beweise mir damit, dass ich stärker bin als der Schmerz. Daran wachse ich“, sagt die Wahl-Berlinerin. Bis zu drei Stunden hat sie schon während Performances gehangen. „Es gibt Leute, die haben das auch schon mehrere Tage lang geschafft.“

Luna Duran ist in der bolivianischen Hauptstadt La Paz aufgewachsen, später zog sie in die USA. Mit 15 Jahren sah sie zum ersten Mal ein Foto des Performance-Künstlers Fakir Musafar (bürgerlich: Roland Loomis), das ihn an Haken in der Luft schwebend zeigte. Später wurde eben jener Musafar ihr Mentor. Die Körperkunst ist so alt wie die Menschheit selbst, sagt Luna Duran. Body-Suspension geht auf das Sonnentanz-Ritual der amerikanischen Ureinwohner zurück, findet sich aber auch in vielen anderen Kulturen der Welt.

Profis am Werk

Nach den Performances braucht es etwa eine Woche, bis die Wunden abgeheilt sind. Wichtig sei es, dass die Haken von Profis gestochen werden, alles müsse steril sein, die Haut desinfiziert werden. „Es gibt auch sterile Pflaster, um die Wunden zu verschließen“, erklärt LunasMann Tim Gerdes (33), der sie bei ihren Performances begleitet. Für die Befestigung wird professionelles Kletter-Equipment benutzt.

Luna Duran verdient mit ihren Performances auch Geld. So verkauft sie die Fotos ihrer Body-Suspensions, gibt auch Seminare, die sich unter anderem mit der Körperkunst, aber auch mit dem Piercing selbst, beschäftigen. Im Veltener Studio hat sich Luna Duran, die vor anderthalb Jahren nach Deutschland kam, inzwischen gut eingelebt, ist beliebt hier. Sie mag die Ruhe hier, die Freundlichkeit der Menschen. Die US-Amerikanerin, die derzeit in Berlin-Rummelsburg lebt, kann sich sogar vorstellen, demnächst nach Velten zu ziehen. Dann ist es wohl nur eine Frage der Zeit, bis die ersten Body-Suspensions in der Ofenstadt starten.

Von Marco Paetzel

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