Die Toten Hosen: Von Gesellschaftskritik zu seichter Volksmusik?
Die Toten Hosen arbeiten an einem neuen Album – und haben kürzlich eine Single veröffentlicht. Warum „Feiern im Regen“ nicht zum Lebenswerk der musikalischen Gesellschaftsvisionäre passt, erklärt MADS-Autor Finn hier.
Provokante Texte, laute Gitarren und musikalische Statements gegen die Krankheiten der Gesellschaft – dafür sind die Toten Hosen bekannt. Dieses Image wurde auf dem letzten Album „Laune der Natur“ noch einmal neu entfacht: „Wir gehen nicht aus dem Weg mit unseren Kommentaren zu Pop und Politik“, hieß es in einem der Songs. Schon lange vorher schienen die Düsseldorfer Querköpfe noch eine andere musikalische Ader in sich zu entdecken. Auf eine Akustik-Session im Wiener Burgtheater folgte irgendwann das Album „Entartete Musik“, auf dem Campino und Gefolge mit dem Sinfonieorchester einer Düsseldorfer Hochschule bewegende Musik coverte. So wurde nicht nur dem Moorsoldatenlied, das ursprünglich von Häftlingen des Konzentrationslagers Börgermoor komponiert und gesungen wurde, ein eindrucksvoller Schliff verpasst. Auch „Willkommen in Deutschland“, ein Stück, in dem die Band ihre Einstellung gegen Rassismus, Nationalismus und Hass besingt, erhielt einen neuen Anstrich.
Die Toten Hosen: Ohne Strom, aber nicht ohne Punk
Nun haben sich die Punk-Rocker einem neuen Ziel verschrieben. „Alles ohne Strom“ soll das neue Akustik-Album heißen. Die Platte, deren Name eine Anspielung auf das aus eigener Feder stammende Lied „Strom“ ist, wird erneut mit der Unterstützung eines Orchesters und unter der Kontrolle eines Konzertpublikums aufgenommen. Wieder wird gecovert, bis jetzt können Fans schon einen Song von Rammstein und die neue Version eines eigenen Liedes hören.
Deutsche Volksmusik statt Alternative-Rock?
Und auch eine neue, ganz regulär im Studio produzierte Single erschien vor Kurzem. Von der einstigen Gesellschaftskritik hört man in „Feiern im Regen“ aber nichts mehr. Auch musikalisch erinnert der Song eher an deutsche Volksmusik, als an den immer ein wenig übersteuerten Alternative-Rock, den die Hörer aus den letzten Jahrzehnten gewohnt waren. Campino wollte mit dem Song klingen, wie die „Beatles in Feierlaune.“ Auch wenn sie das vielleicht geschafft haben, bleibt zu hoffen, dass die neue Single ein Experiment bleibt. Gerne darf dann das nächste Musikvideo auch wieder ein bisschen mehr schocken, als die im aktuellen Projekt mit schnorcheln und Schwimmflossen am Rheinufer herumtapsenden Bandmitglieder. Dann, und nur dann, freue ich mich auch auf das anstehende Akustik-Album.
Von Finn Bachmann.