Deshalb ist Tinder mehr als eine Sex-App
Tinder ist oberflächlich und plump? MADS-Autorin Nina sieht das anders
Auf Schlüsselsuche im Escape-Room, zu Besuch im höchstgelegenen Kino Deutschlands oder klassische Parkspaziergänge – dass es bei Tinder-Dates nicht ausschließlich um unverbindlichen Sex geht, weiß ich nach meiner knapp zweijährigen Online-Dating-Erfahrung. Deshalb nervt es mich umso mehr, wie Tinder-Nutzer dargestellt werden: Als unzuverlässige und schnelllebige One-Night-Stand-Suchende.
„Das ist doch diese Sex-App!“, sagt meine Mutter entsetzt, als ich ihr so einfühlsam wie möglich eröffne, dass ich nach meiner dreijährigen Beziehung jemanden treffe, den ich über Tinder kennengelernt habe. Vielleicht liegt sie damit nicht einmal so falsch: Dass Tinder-Nutzer eine hohe Soziosexualität, also ein großes Interesse an Sex außerhalb von klassischen Beziehung haben, hat eine aktuelle Studie der norwegischen Universität Trondheim gezeigt. Ein Fünftel der 641 befragten Studierenden nutzt demnach die App aktiv und gibt gleichzeitig an, dass Gefühle beim Sex eine untergeordnete Rolle spielen – sie sind gegenüber Sex ohne Verpflichtungen offener.
Ein lockerer Umgang mit Sex muss allerdings nicht mit Oberflächlichkeit und plumpen Anmachsprüchen einhergehen. Wer sich die Profilbeschreibungen und Fotos auf Tinder genau ansieht, erkennt oft schnell, wonach die Person auf der Dating-Plattform sucht. Klar, das Tinder-Prinzip ist oberflächlich gedacht: Ein optischer Eindruck entscheidet über den Wisch nach links oder rechts, also ob man eine Person kennenlernen will oder nicht. Doch die sagenumwobene Liebe auf den ersten Blick oder die Frage nach der Telefonnummer im Club funktioniert doch auch nicht anders.
Ob schneller Sex oder unbefangenes Dating: Das entscheidet jeder für sich. Tinder ist eben auch das, was man daraus macht.
Nina Hoffmann