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Der Fall Andrew Tate zeigt ein großes Missverständnis zum Thema Meinungsfreiheit

Der Fall Andrew Tate zeigt ein großes Missverständnis zum Thema Meinungsfreiheit
Foto: Unsplash/ Markus Winkler

Twitter, Instagram und Co. stehen immer öfter in der Kritik, wenn sie Personen wie Donald Trump und Andrew Tate von ihren Plattformen sperren. Viele werfen ihnen deshalb einen Eingriff in die Meinungsfreiheit vor. MADS-Autor Tim erklärt, warum das Quatsch ist.


Der ehemalige Kickboxer Andrew Tate ist in jüngster Zeit sehr oft durch homophobe und frauenfeindliche Aussagen aufgefallen. Auf Tiktok und anderen Plattformen wurde er sogar dafür gefeiert und ging viral, obwohl derzeit ein Verfahren wegen Menschenhandels gegen ihn läuft. Youtuber Daz Games hat nun ein Video veröffentlicht, das darüber aufklären soll, wie gefährlich Tates Aussagen sind. Unter anderem berichtet er davon, dass sich mehrere Frauen bei ihm gemeldet hätten, die Tate sexuelle Übergriffe und Menschenhandel vorwerfen.

Instagram und Twitter reagierten sofort darauf und sperrten die Accounts von Andrew Tate, auch Youtube und Tiktok nahmen Inhalte im Zusammenhang mit Tate von ihren Plattformen. Viele große Persönlichkeiten des Internets unterstützten den Schritt.

Doch die Reaktionen auf den Schritt sind nicht nur positiv. Andere Userinnen und User werfen den Plattformen vor, in die Meinungsfreiheit einzugreifen.

Andrew Tate hat gegen Richtlinien verstoßen

Der Vorwurf, man spreche Andrew Tate mit diesem Schritt die Meinungsfreiheit ab, ist aus mehreren Gründen unsinnig. Der erste Grund ist sehr simpel und liegt eigentlich auf der Hand: Wenn man sich bei Plattformen wie Instagram und Twitter anmeldet, stimmt man automatisch bestimmten Nutzungsbedingungen zu. Dazu gehört bei diesen Plattformen, dass man keine Gruppen beleidigen und Hate Speech betreiben darf – was Tate zweifelsohne häufig getan hat. Deshalb dürfte es eigentlich für niemanden verwunderlich sein, dass seine Accounts gesperrt wurden.

Ein Account auf Social-Media-Plattformen ist auch kein Grundrecht, auf das alle Bürgerinnen und Bürger einen Anspruch hätten. Soziale Netzwerke sind privatgeführte Unternehmen, die entscheiden können, wer auf ihren Seiten aktiv sein darf und wer nicht.

Meinungsfreiheit bedeutet keine Freiheit vor Konsequenzen

Ein weiterer Punkt, warum der Vorwurf wenig gehaltvoll ist: Meinungsfreiheit bedeutet nicht, dass man keine Konsequenzen erfährt, die Meinungsäußerungen nach sich ziehen.

Das Recht auf eine freie Meinungsäußerung wird unter anderem in der europäischen Grundordnung, Artikel 11 festgehalten, bedeutet aber nicht, dass man alles und jeden beleidigen darf. In dem Artikel wird ebenfalls ausgeführt, dass die Meinungsfreiheit mit Pflichten und Verantwortung verbunden ist. Das heißt, die Meinungsfreiheit hört da auf, wo die Freiheit anderer eingeschränkt wird.

Andrew Tate behauptete immer wieder, Frauen wären Männern unterlegen und wären eine Art Besitztum – spricht ihnen also jegliche Freiheit ab. Solche Aussagen fallen also nicht unter die Meinungsfreiheit und sollten Konsequenzen nach sich ziehen.

Von Tim Klein


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Über den Autor/die Autorin:

1 Kommentar

  1. Ano Nymous

    „Person X behauptete immer wieder, Frauen wären Männern unterlegen und wären eine Art Besitztum – spricht ihnen also jegliche Freiheit ab. Solche Aussagen fallen also nicht unter die Meinungsfreiheit und sollten Konsequenzen nach sich ziehen.“

    Person X behauptet etwas. Person X spricht/schreibt also eine Behauptung von der Person X überzeugt ist. Person X gibt also seine persönlichen Überzeugung kund.
    Wenn eine persönliche Überzeugung gesprochen oder geschrieben wird, ist dies keine aktive einschränkung der Freiheit einer anderen Person.
    Wieso sollte das nicht unter Meinungsfreiheit subsummiert sein?
    Und selbst wenn man dies als Freiheitseinschränkung werten wollen würde, bliebe hier auch noch übrig, dass es sich nicht um eine einzelne Person, sondern um eine ganze Gruppierung handelt, die hier angesprochen wird. Besser hergeleitet ist dieser Aspekt z.B. bei dem richterlichen Urteil dazu, dass „Bullen“ nicht als Polizisten-Beleidigung gewertet wird.

    Bis zu dem von mir zitierten Absatz las sich der Artikel als eine Herleitung oder als Vorbereitung auf ein Loblied an die Freiheit – also positiv.
    Ich habe bis dahin damit gerechnet, dass vielleicht auf die gesellschaftiche Auswirkung von diesen „privatwirtschaftlichen Plattformen“ eingegangen wird. Das die kulturelle Wirkung und die Akzeptanz in die Bewertung einfließt, wenn sich jemand schnöde auf AGB/TOU beziehen will, um einer Person „den Hahn zuzudrehen“. Vor allem erst dann zu reagieren, wenn es „überhand nimmt“ und nicht schon sofort, wenn man vom Verstoß gegen die AGB/TOU weiß, hat nicht nur ein „Geschmäckle“.

    Die Welt hat sich weitergedreht. Solche Plattformen gehören zur allgemeinen Kommunikation dazu. Sie sind Bestandteil der Kultur. Hier jemanden den Hahn zuzudrehen, sollte nur aufgrund von Gesetzesverstößen stattfinden. In dem Moment, wo eine gewisse Reichweite solch einer Plattform erreicht ist, sollten schnöde AGB/TOU nicht in die Freiheiten eingreifen, die von Gesetzen gegeben werden.
    Wenn ich ein kleines Forum oder eine TelegramGruppe – mehr oder weniger privat – führe – geschenkt – da kann ich natürlich walten wie ich möchte. Alle Teilnehmenden können jederzeit woanders hingehen um mindestens die gleiche Reichweite zu bekommen.
    Wer aber bei Youtube und Twitter gebanned wird, ist raus. Das ist ein Maulkorb – eine tatsächlcihe Einschränkung der freien Meinungsäußerung, weil diese Plattformen eine Monopolstellung haben.
    Hier muss mit unterschiedlichen Maßstäben gearbeitet werden, denn hier existieren einfach andere Maßstäbe.

    Evelyn Beatrice Hall: „I disapprove of what you say, but I will defend to the death your right to say it“

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