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Debütalbum „555“ von Noah Levi: Mehr ist mehr?

Debütalbum „555“ von Noah Levi: Mehr ist mehr?
Foto: Sven Zink

Von „The Voice Kids“ zum eigenen Album: Singer-Songwriter Noah Levi hat sein Debüt veröffentlicht. „555“ kann mehr als übliche Pop-Alben – verrennt sich allerdings in seinem eigenen Anspruch.


Mit gerade mal 13 Jahren hat Noah-Levi Kordt 2015 die dritte Staffel der Castingshow „The Voice Kids“ gewonnen. Das Singen hat er seither nicht aufgegeben, und nach zwei umfangreichen Mixtapes und einer EP veröffentlicht der heute Zwanzigjährige nun als Noah Levi sein Debütalbum. „555“ lautet der Titel. Darunter vereint sind stolze 17 Songs.

Überzeugender Startschuss

Der Opener „Sternhagel“ klingt vielversprechend: Was beim ersten Hören nur wie ein Liebeslied erscheint, offenbart tiefergreifende Thematiken. Noah Levi bedauert, „keine Lösung mehr für zu viele Probleme“ zu haben, reißt das Dasein als Workaholic an, spricht von verdrängten Gefühlen und Albträumen als Anzeichen von mentalen Problemen. Hintergrundmusik gibt es kaum, die Stimme wirkt – vor allem in den knappen, rockigen Screams zwischendurch, die aus dem Pop-Konzept ausbrechen. Der Song klingt durch seine kurze Laufzeit von unter zwei Minuten wie das Intro für etwas Pompöseres, hinterlässt den Wunsch nach mehr.

„555“: Vollgepacktes Debüt

Rein von der Anzahl der Titel kann „555“ dieses Mehr liefern. Allerdings wird schnell klar, dass die Knappheit von „Sternhagel“ nichts mit der Platzierung auf dem Album zu tun hat: Der Intro-Charakter ist eher die Regel. Hängenbleiben die übrigen Songs jedoch nicht, denn keinem bleibt wirklich genug Zeit, um seine Wirkung zu entfalten. So plätschern viele der neuen Lieder von Noah Levi einfach nur an Hörenden vorbei. „Einer von vielen“ spricht da als Songtitel eigentlich für das ganze Album.

Der Musikstil ist dennoch interessant: Auf „555“ vereint Noah Levi Popmusik mit genrefremden Elementen. Mehr als es bisher in seiner Musik der Fall war, hört man Klänge aus Urban, Indie oder Rap und dazu Latin-Trommeln. Eine gute Grundlage für starke Sounds, die „555“ durchaus bietet.

Mehr ist mehr?

So sticht der Klavieranfang von „Track 3“ hervor. „Immer“ ist mit seinen textlichen Wiederholungen ein Ohrwurm. Ebenfalls schön gemacht ist das düstere „Spiele“, bei dem im Hintergrund Industrialeinflüsse zu erahnen sind und mit Synthies gearbeitet wurde. Ein weiteres Highlight ist „Süchtig“: Die Atmosphäre hebt sich hier eindeutig vom Rest des Albums ab. Der Sound klingt umfangreicher und auch der Text über die zu schnell endende Kindheit, die auf die Sucht nach Erfolg prallt, passt gut zu Levis Biografie. Wirklich schade ist, dass der Song nur der vorletzte Track ist – mit ihm als Schluss hätte das Album mit einem Schlag enden können.

Zeitweise führt die Vielzahl an Einflüssen allerdings zu Titeln, in denen der Sänger zu viel auf einmal versucht. „Kuhl“ lässt sich in vier Abschnitte teilen, die stilistisch alle sehr unterschiedlich sind, sich allerdings nicht so richtig verbinden lassen wollen. Was als eine Steigerung an den ersten Song „Sternhagel“ anknüpft, wird rasch zu einem verkünstelten Konzept. Ebenso vollführt „Berg / Bestfriend“ kurz vor Schluss eine Kehrtwende, die einen Teil des Liedes klingen lässt, als wäre er ein komplett anderer Song – strukturell eine schwierige Entscheidung.

Noah Levi: Keine Kopie anderer Musiker

Noah Levis Ansatz geht in eine gute Richtung. „555“ vereint viele Ideen, dazu gibt es Texte, die echt klingen, persönlich und ungeschönt. Grundsätzlich schafft der Sänger es, dass sich das Album durchweg nach ihm anhört und nicht nach einer Kopie anderer Künstler. Die Menge an Input ist gleichzeitig aber das größte Problem. 17 unterschiedliche Songs sind eine Menge zum Verarbeiten – vor allem, wenn viele Songs nicht so richtig hängenbleiben. Die Lieder fließen zwar gut ineinander, doch auf Dauer wird „555“ dadurch langweilig. Mehr hervorstechende Songs wie „Spiele“ und „Süchtig“ oder auch ein Feature hätten dem Album gutgetan.


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Über den Autor/die Autorin:

Annika Eichstädt

Annika (24) macht ihren Master in Neuerer Deutscher Literaturwissenschaft. Das ist zwar brotlose Kunst, aber sie liest oder schreibt nun einmal den ganzen Tag. Bei MADS rezensiert sie am liebsten Musik oder Serien.

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