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ChatGPT & Co.: Ersetzt künstliche Intelligenz bald den Writers’ Room?

ChatGPT & Co.: Ersetzt künstliche Intelligenz bald den Writers’ Room?
Foto: Unsplash/Thea Hdc

Künstliche Intelligenz ist auf dem Vormarsch – Hollywoods Autorinnen und Autoren fürchten um ihre Jobs. Doch gelingt ChatGPT das eigene Drehbuch? MADS-Autor Arne macht den Selbsttest.


Seit mehreren Wochen streiken die Autorinnen und Autoren in Hollywood. Es ist der erste Streik seit 15 Jahren, trotzdem zeigt die Ausdauer der Streikenden, wie ernst die Situation ist. Neben besserer Bezahlung und einer Mindestgröße der Autorenteams fordert die Gewerkschaft Writers Guild of America (WGA) auch eine strikte Regulierung von künstlicher Intelligenz.

Befürchtungen zur KI

Weder dürfe KI als Quelle benutzt werden, noch solle sie Texte oder Dialoge (um)schreiben. Urheberrechtlich geschütztes Material dürfe nicht dazu verwendet werden, KI zu trainieren. Die Alliance of Picture and Television Producers (AMPTP), also die Gegenseite der Film- und Fernsehproduzenten, lehnte die Forderung ab stattdessen wurden lediglich jährliche Diskussionsrunden zu technologischen Fortschritten angeboten. Die Streikenden sehen durch die Nutzung künstlicher Intelligenz allerdings ihren Arbeitsplatz gefährdet. Damit sind sie nicht allein: Immerhin befürchten auch 28% aller Deutschen, dass KI viele Jobs ersetzten könnte.

Foto: Unsplash/Markus Winkler

Aber ist die Sorge der WGA berechtigt? Sind neue KI-Systeme wie ChatGPT in der Lage, Dialoge zu schreiben, die eine Serie oder eine TV-Show füllen könnten? Immerhin müssen Witze und andere Programminhalte für Shows wie „Jimmy Kimmel live“ oder „The Tonight Show with Jimmy Fallon“ täglich geschrieben werden. Ohne Zweifel wäre es für Unternehmen günstiger, Inhalte von einem Computer erstellen zu lassen.

Vorteile der KI-Nutzung

Noch im April 2023 hatte sich die WGA für den Einsatz von KI ausgesprochen. Als Bedingung nannten sie, dass die Autorinnen und Autoren die Credits für ihre Werke behalten müssten. Scheinbar sind die Gemüter auch innerhalb der WGA, die stolze 11.500 Mitglieder zählt, gespalten. Vor Streikbeginn standen die Autorinnen und Autoren der Nutzung künstlicher Intelligenz freundlicher gegenüber. Schließlich bietet ihre Nutzung auch Vorteile. So kann durch den Einsatz von KI-Systemen immens viel Zeit gespart werden. Es dauert dann nicht mehr Wochen, um ein Drehbuch zu schreiben, sondern vielleicht nur einen Tag, wenn ein Mensch das automatisch erstellte Drehbuch noch redigiert. Die gewonnene Zeit könnte für andere Aufgaben genutzt werden. Schließlich ist das Schreiben des Drehbuchs nur ein kleiner Teil der Arbeit an einer Serie. Außerdem könnten viel mehr Inhalte erstellt werden, die ein wachsendes Publikum anschauen kann.

Erste KI-Drehbücher

Natürlich wurde längst ausprobiert, wie sich Computer im Schreiben machen. Im Jahr 2016 wurde der Kurzfilm „Sunspring“ von dem Regisseur Oscar Sharp und dem Informatiker Ross Goodwin veröffentlicht. Das Drehbuch wurde schon damals von einer künstlichen Intelligenz verfasst. Auch wenn das Projekt beim Filmfestival Sci-Fi-London für Furore gesorgt hat, sind die grammatikalisch falschen Dialoge und Sätze der Figuren nur zum Lachen: „Das ist eine verdammte Sache ängstlich zu sagen!“ oder „Nichts wird ein Ding sein, aber ich bin derjenige, der auf den Stein kommen wird!“

Aus diesen Kinderschuhen ist künstliche Intelligenz allerdings definitiv herausgewachsen. Zwei Jahre später veröffentlichten Sharp und Goodwin das nächste gemeinsame Filmprojekt. Dieses Mal übernahm die KI noch mehr Aufgaben, lediglich der Schnitt wurde von Menschen erledigt. Sie stellten der KI eine Filmdatenbank und die Gesichter von Schauspielern zur Verfügung. Zwar waren die Dialoge in „Zone Out“ immer noch wirr, aber der Fortschritt war unübersehbar. Wie würde der Film heute aussehen, wenn ChatGPT das Drehbuch und die Regieanweisungen schriebe? Angenommen, man würde der KI alle nötigen Informationen geben: Ein grobes Thema, die Figuren, das Setting.

Um das Geheimnis um das perfekte künstliche Drehbuch zu lüften, startete MADS-Autor Arne ein Selbstexperiment: ChatGPT sollte für ihn das Drehbuch für eine elfte Episode der vierten Staffel von „Game of Thrones“ schreiben. Die Staffel hat zehn Episoden, und die elfte soll an die Handlung der zehnten anschließen. ChatGPT soll Regieanweisungen und Setting ergänzen.

ChatGPT: Kein überzeugendes Ergebnis

Das Ergebnis, der „Aufstand der Schatten“, überzeugt aber gar nicht. Die KI scheint nicht einmal die Handlung der Staffel zu kennen. Das Drehbuch handelt von der Verhandlung gegen Tyrion Lannister, der seinen Neffen König Joffrey getötet haben soll. Diese Verhandlung ist aber schon lange vorbei. Tywin Lannister, der mächtige Vater von Tyrion und Strippenzieher im Prozess, kommt gar nicht vor. Die Dialoge fallen außerdem durch eine so große Banalität auf, dass es beinahe schon wehtut. Einen neuen Handlungsstrang gibt es auch nicht.

Foto: privat/Screenshot

Zwar ergeben die Dialoge Sinn, aber viel mehr hat das Drehbuch nicht zu bieten. Geradezu mühselig scheint die KI die Wörter zu erzeugen. Würde dieses Drehbuch wirklich verwendet werden, hätte jeder Zuschauende nach spätestens fünf Minuten abgeschaltet. Auch wenn für das Schreiben von Drehbüchern noch bessere KI-Systeme entwickelt werden sollten bisher kann ChatGPT nicht einmal einen einzigen Drehbuchautor ersetzen.

Von Arne Seyffert


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Über den Autor/die Autorin:

MADS-Team

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