Cannabis-Legalisierung – sinnvoll oder gefährlich? Ein Pro und Contra
Es war ein zähes Ringen, nun hat die Bundesregierung eine kontrollierte Legalisierung von Cannabis beschlossen. Das Gesetz soll noch in diesem Jahr in Kraft treten. Ist das der ersehnte Durchbruch – oder ein Schritt in die völlig falsche Richtung? Die MADS-Redaktion diskutiert Pro und Contra.
Contra: Wollen wir wirklich eine weitere legale Droge, die verharmlost wird?
Schon jetzt kennt fast jeder in meinem Umfeld eine Person, die zu viel kifft. Ähnlich wie das Feierabendbier, das plötzlich auch schon mittags oder am Wochenende getrunken wird, kann der erste Joint, den man nur in stressigen Zeiten rauchen wollte, schleichend in die Abhängigkeit führen.
Denn so fängt es in der Regel an: Aus ab und zu am Wochenende wird langsam jeden Tag und dann mehrmals täglich. Bereits die Zahl der Alkoholiker ist in Deutschland in den vergangenen Jahren stark gestiegen. Da ist die Legalisierung einer weiteren Droge, die ebenso wie Alkohol verharmlost wird, nicht der richtige Weg, um Drogenabhängigkeit zu verringern.
Denn Cannabis kann, gerade gemischt mit anderen dann weiterhin illegalen Substanzen, unter Umständen sogar zu einer monatelangen Psychose führen. Auch bei geringem THC-Gehalt aus kontrolliertem, legalem Anbau bleibt dafür ein Restrisiko – besonders bei Menschen, die psychisch vorbelastet sind.
Zudem kann niemand garantieren, dass es beim Cannabiserwerb auf legalem Wege nicht auch so läuft wie beim Alkoholkauf: Die bereits 18-jährige Person kauft den Schnaps, Wein oder Wodka und gibt ihn dann an Freunde weiter, die selbst noch nichts kaufen dürfen, weil sie zu jung sind. Genauso könnte es in Zukunft auch mit Cannabis geschehen: Freier Konsum für alle, indirekt auch für Minderjährige. So bliebe der Schwarzmarkt trotz Legalisierung erhalten, könnte sogar boomen, indem Legales illegal weiterverkauft wird. Und gerade übermäßiger Cannabiskonsum während der Pubertät kann die Gehirnstrukturen nachweislich negativ verändern. Das zeigte eine internationale Langzeitstudie mit 800 Teilnehmenden. Die betroffenen Jugendlichen waren impulsiver und konnten sich schlechter konzentrieren.
Und woher sollen eigentlich all die Jugendschutzbeauftragen der Anbau- und Konsumvereine kommen, von denen im Gesetzesentwurf die Rede ist? Es mangelt bereits jetzt überall an Fachkräften in vielen Bereichen.
Wenn jeder konsumieren kann und nicht nur chronisch Kranke wie Krebspatienten, die Cannabis für Schmerzlinderung dringend brauchen, ist der Weg in die Sucht leichter.
Von Lisa Neumann
Pro: Die Legalisierung hilft auch Suchtkranken
Die Cannabis-Legalisierung war und ist eine verzwickte Angelegenheit. Lange haben Politiker, Ärzte, Kriminologen und viele weitere Experten darum gerungen, Studien erstellt und ausgewertet und Beispiele aus dem Ausland herangezogen. Herausgekommen ist nun ein Kompromiss, der versucht, die verschiedenen Interessen unter einen Hut zu bringen.
Wenn alles nach Plan läuft, kommt die Cannabis-Legalisierung Ende des Jahres. Eine gescheiterte Präventionspolitik wird über Bord geworfen und dem unkontrollierten Schwarzmarkt eine wirksame Maßnahme entgegengestellt. So können Konsumenten vor gefährlich hohen THC-Anteilen geschützt werden. Auch für Suchtkranke sind das gute Neuigkeiten, Ihnen kann deutlich wirksamer geholfen werden, nun da die gesetzlichen Barrieren fallen.
Das vorsichtige Vorantasten der Regierung mit anfangs strengen Restriktionen und einer nur langsamen Kommerzialisierung über Modellprojekte ist verständlich, bedenkt man, dass noch nie zuvor in der Bundesrepublik eine zuerst illegale Droge legalisiert wurde. Das Gesundheitsministerium zeigt, dass es auch die Bedenken von Gegnern der Legalisierung gehört hat und penibel darum bemüht ist, den Prozess so sicher wie möglich zu gestalten.
Bei einer solch kontroversen Angelegenheit ist es wenig verwunderlich, dass am Ende nicht alle glücklich sind. Entscheidend ist, dass die Koalition es endlich gewagt hat, benötigte Reformen anzustoßen. Ob der Spagat zwischen Gesundheits- und Jugendschutz sowie Polizei- und Wirtschaftsinteressen gelingt, wird sich erst in der Zukunft zeigen. Doch die Zeichen stehen endlich auf Fortschritt.
Von Robin Bläser
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