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Binz: EWE-Konzern heizt Rügen ein

Binz: EWE-Konzern heizt Rügen ein
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Da kommt er um die Ecke. Hans-Joachim Lange. Der Mann, der sich um das Fernwärmenetz und die Heizhäuser des Energiedienstleisters EWE auf Rügen kümmert. Seine blaue Latzhose fällt sofort auf. Ein Händedruck bleibt derzeit bei der Begrüßung aus. Den Kaffee trinkt er mit einem Schuss Milch. Die Uhr an Langes linkem Hand- gelenk ist ein zerkratzter Festina-Chronograph, der schon bei vielen Einsätzen dabei war. Der 63-Jährige ist kein Büroangestellter, sondern Mess-, Steuer- und Regelungstechniker.

EWE verfügt in MV auf Rügen über drei Heizhäuser. Ein viertes steht in Kavelstorf bei Rostock. Neben Bergen und Sellin steht ein Heizhaus in Binz und versorgt zum Beispiel Restaurants, Hotels und 1600 Wohnungen mit Wärme. Etwas versteckt und kurz vor dem Ostseebad liegt dieses Heizhaus, das eigentlich zwei Häuser sind. Ein großes – darin stehen drei Kessel, in denen Gas verfeuert wird. Über zwei Umwälzpumpen wird die Wärme (300 Kubikmeter pro Stunde) in das Binzer Versorgungsnetz gepresst. In dem kleineren Haus steht der „grüne Riese“.

„Grüner Riese“ mag Biogas

Der 20-Zylinder-Motor arbeitet so krachend, dass man ohne Lärmschützer auf den Ohren taub werden würde. „Das Haus ist wie eine Schutzhaube gebaut worden, sodass kein Lärm nach draußen dringt“, sagt Lange. Der Motor ist ein 1,5 Millionen Euro teures Blockheizkraftwerk (BHKW), das nach dem Prinzip der Kraft-Wärme-Kopplung Strom und gleichzeitig Wärme aus Erdgas produziert.

„Die Kraft-Wärme-Kopplung steht für die momentan effizienteste Energieerzeugung“, erläutert der EWE-Fachmann. „Im Vergleich zum deutschen Strommix sparen wir hier rund die Hälfte Kohlenstoffdioxid ein.“ Das Erdgas für die Kessel, die reinen Gasbrenner, und das BHKW wird übrigens mit Biomethan angereichert, das aus der Biogasanlage in Sagard auf Rügen stammt.

Seit 1990 ist Techniker Lange bei EWE. Zuvor kannte er das Netz schon vom Energieversorger HEVAG. Als noch mit Kohle geheizt, auch der „Koloss von Prora“ von Binz aus mit Wärme versorgt wurde. Lange muss lächeln und schüttelt mit dem Kopf. Andere Zeiten, andere Heizhäuser. „Heute kann ich sogar von zu Hause alles steuern und bei Havarien, die ich sofort mithilfe der digitalen Technik sehe, könnte ich sofort reagieren“, sagt der Rügener, der zu tiefsten DDR-Zeiten auch fünf Jahre als Fischer zur See fuhr, in den Kernkraftwerken Rheinsberg und Lubmin arbeitete und auch einen Elektromeister in der Tasche hat.

Lecks im Gasnetz äußerst selten

„Das Schöne an meinem Job ist, dass ich kreativ und eigenverantwortlich arbeiten kann“, erzählt der Großvater von zwei Enkelkindern. Seine Hauptaufgabe sei es, bei Störungen einzugreifen und etwa bei Ausfällen der Technik schnell den Fehler zu finden. Egal zu welcher Tageszeit, bei welchem Wetter. „Besonders im Gasbereich, in dem wir auch aktiv sind, muss man bei einem Leck sofort tätig werden.“ Doch so etwas komme äußerst selten vor, zum Beispiel bei Bauarbeiten. Gibt es ein Leck im Gasnetz, muss der Notdienst spätesten nach 30 Minuten vor Ort sein. Ebenso muss bei Bränden eine Gasleitung gesperrt werden.

Zehn Frauen und Männer arbeiten auf Rügen für EWE. Im Servicebereich, im Vertrieb und im technischen Bereich. Bei Hans-Joachim Lange im Binzer Heizhaus wird das Wasser für die Haushalte auf 85 Grad Celsius erhitzt. „Bis 110 Grad können wir hochfahren, falls es einen sehr kalten Winter gibt.“ Aber so einen warmen Winter wie jetzt gerade, habe er noch nicht erlebt.

Lange schaut auf seinen Computerbildschirm. Alles in Ordnung. In einer Ecke liegen ausrangierte Zündkerzen vom BKHW, dem „grünen Riesen“. Was man den Zündkerzen nicht ansieht, ist ihr Preis. Bis zu 600 Euro kostet so ein spezielles Bauteil. 20 braucht man für den großen Motor, eines pro Zylinder.

Der EWE-Techniker muss wieder los. Dreimal pro Woche werden die Heizhäuser abgefahren, zu denen gut 50 Unterstationen gehören. Welches Werkzeug hat er auf jeden Fall immer mit dabei? „Mein Gasspürgerät.“

Der Energiedienstleister EWE ist in den Geschäftsbereichen Energie, Telekommunikation und Informationstechnologie aktiv.

Mit mehr als 8700 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von gut 5,7 Milliarden Euro (im Jahr 2018) gehört EWE zu den großen Energieunternehmen in Deutschland.Im Nordosten agiert das Unternehmen vor allem auf der Insel Rügen. Hauptsitz ist in Oldenburg (Niedersachsen).

EWE bildet aus – sowohl im Technik- und IT-Bereich als auch im kaufmännischen Sektor. Zum Beispiel Elektroniker für Betriebstechnik, IT-Systemelektroniker, Kaufleute im Einzelhandel, Anlagenmechaniker, Industriekaufleute, Chemielaborant, Hauswirtschafter, Fachkraft für Abwassertechnik, Kaufleute für Marketingkommunikation oder Fachinformatiker für Systemintegration. Außerdem werden duale Studiengänge angeboten, etwa Betriebswirtschaft für Elektrotechnik, Wirtschaftsingenieurwesen oder Wirtschaftsinformatik.

EWE hat 2019 ein Gemeinschaftsunternehmen mit der Deutschen Telekom geschlossen. Der Name: Glasfaser Nordwest. Zwei Milliarden Euro sollen in den kommenden zehn Jahren in den Glasfaserausbau fließen. Geschätzte 1,5 Millionen Haushalte und Unternehmensstandorte im Nordwesten sollen so mit schnellerem Internet versorgt werden.

Vom klassischen Energieversorge r zum Lösungsanbieter für die Bereiche Wärme, Telekommunikation, Energie, Daten und Mobilität – so will sich EWE entwickeln. Die Kohlenstoffdioxid-Emission der EWE-Stromproduktion wurde gegenüber 2005 um 40 Prozent reduziert.

Die türkischen EWE-Gesellschaften wurden 2019 an das Unternehmen Socar aus Aserbaidschan verkauft. Damit wollte EWE das Minus-geschäft in der Türkei ab-stoßen.

Größter Anteilseigner von EWE sind 21 Landkreise und Städte, beispielsweise Oldenburg, Cuxhaven oder die Landkreise Stade, Delmenhorst und Cloppenburg. 26 Prozent der Anteile hält der sogenannte strategische Wachstumspartner Ardian, ein Infrastruktur-Investor.

Info:www.ewe.com/karriere

azubiblog.ewe.com

Von Klaus Amberger

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