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Barbie, nein danke: So tickt Ava Max

Barbie, nein danke: So tickt Ava Max
Foto:  Roy Rochlin/Getty Images

Der Song „Sweet But Psycho“ läuft überall. Aber wer ist das Mädchen hinter dem Nummer-eins-Hit? Ein Gespräch mit der amerikanischen Newcomerin Ava Max, die kein Pop-Püppchen sein will.


Es waren aufregende Wochen für die Sängerin Ava Max, doch danach gab es erstmal Ruhe. Sie verbrachte den Jahreswechsel bei ihrer Tante in ihrer Heimatstadt im Norden von Virginia. Abseits vom Rummel, dort wo man sich mal richtig baumeln lassen kann.

Am Telefon klingt Ava, für die relativ frühe Stunde, 9 Uhr morgens US-Ostküste, schon ausgesprochen munter. „Es gibt Kaffee und unsere typischen albanischen Morgendonuts mit Marmelade und Honig“, sagt sie. „Ich bin gerade wunschlos glücklich.“ Die Eltern und Großeltern waren ebenfalls da, und so oft passiere es ja nicht mehr, dass sich alle sehen hier in Chesapeake, einer mittelgroßen Stadt nicht weit entfernt vom Atlantik.

„Ich selbst kann es ja immer noch nicht glauben, dass mein Song die Nummer eins ist in so vielen Ländern“, sprudelt es weiter aus Ava heraus. „Aber für meine Familie ist das noch viel verrückter und unwirklicher. „Meine Lieben sind sehr stolz auf mich.“

Plötzlich war „Sweet But Psycho“ überall

Ava Max, die in echt Amanda Ava Koci heißt und vor 25 Jahren als Tochter albanischer Einwanderer in Wisconsin zur Welt kam, war noch vor wenigen Wochen als Popmusikerin ein nahezu unbeschriebenes Blatt, sieht man mal von der Nummer „My Way“ ab, die es in Rumänienirgendwie auf Platz 38 der dortigen Hitparaden schaffte.

Außerdem ist sie die Gastsängerin im Song „Let It Be Me“, der auf David Guettas aktuellem Album zu finden ist. Und dann, im wahrsten Wortsinn plötzlich, war die Nummer, war „Sweet But Psycho“, überall: Im Radio, im Netz.

Das Lied, das mit einem jener „stechenden“ Streichertöne beginnt, die in der Filmmusik zu Hitchcocks Thriller „Psycho“ Zuschauernerven strapazierten, hat eine extrem einprägsame Melodie, zudem einen Text, in dem sich irgendwie alle wiederfinden. Das alles steckt in einem aufwendigen Video, in dem Max als männermordende Schönheit unterwegs ist.

„Sweet But Psycho“ ist perfekter Kommerzpop. Dabei ist der Song durchaus verwechselbar, denn er erinnert an „Bad Romance“ von Lady Gaga. „Ja, Gaga ist eindeutig eine Inspiration“, gesteht Ava umgehend. „Sie ist eine Legende.“

„Sweet But Psycho“ unterstreicht einmal mehr: Wenn alles stimmt an einem Song, dann kann es schnell gehen, eine Vorabbekanntheit der Interpretin ist kein Kriterium mehr. Über die Streaming-Plattformenhat sich das Stück rasant ausgebreitet: Zuerst war es Nummer eins in Schweden, wo man Musik nur noch online konsumiert, es folgte der übri­ge nordeuropäische Raum inklusive des Baltikums, dann die deutschsprachigen Länder (am 4. Januar erreichte es Platz eins in Deutschland).

Längst arbeitet sich„Sweet But Psycho“ durch Südeuropa. In Großbritannien eroberte es in der letzten Woche von 2018 die Spitzenposition. Zuhause in den USA stand es am 5. Januar „nur“ auf Platz 83. Amerika zündet spät, immerhin steht in der Billboard-Liste ein Pfeil nach oben. Auch hier ist noch alles möglich.

Gesangswettbewerbe in Einkaufszentren

„Du kannst es nicht vorhersehen, was ein Hit wird und was nicht“, so Ava, die sich den Namen „Max“ gab, „weil ich mich als Kind manchmal wie ein Junge fühlte und einen Namen wollte, der sozusagen beide Geschlechter vereint.“

Natürlich braucht man auch Glück. Die Geschichte der Ava Max ist „der Klassiker“, hat man so oder so ähnlich schon oft gehört. Mit fünf Jahren fängt sie an zu singen, weil die Mutter daheim ständig Opernarien anstimmt. Ava nimmt an Gesangswettbewerben in Einkaufszentren der Region teil, sie steht auf Gesangsdiven wie Christina Aguilera, Mariah Carey und Whitney Houston.

Als sie 14 ist, macht die Familie Ernst. „Meine Eltern nahmen mich aus der Schule, und wir zogen nach Los Angeles. Ich wollte es dort als Sängerin schaffen.“ Ihren Stoff lernte Ava fortan online, die Freunde blieben in Virginia zurück, richtig toll war das nicht, „aber ich wusste, dass ich dieses Opfer bringen musste.“ Es passiert: nichts.

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Poison, but tasty. #avamax #sweetbutpsycho

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Mit 15 kehrt sie zurück, doch mit 17 nimmt sie einen neuen Anlauf in L.A. „Ich wurde schneller erwachsen als die meisten anderen Teenager“, so resümiert Ava Max diese Zeit. „Ich war absolut bereit, hart zu arbeiten und mich durchzubeißen.“ Doch wieder hagelt es Enttäuschungen, Max verkauft mal Kleidung, mal Milchshakes und ist mit 19 Jahren pleite. „Ich war so frustriert, dass ich fast alles hingeschmissen hätte.“

Doch dann lernt sie den Produzenten Cirkut kennen. Der steht sonst in Diensten von Superstars wie Katy Perry und The Weeknd, kennt sich also aus mit Hits. Der Wendepunkt. „Cirkut brachte mir bei, wie man fliegt“, sagt Ava etwas hochtrabend. Gemeinsam entwickeln sie einen Sound sowie eine dezent feministische Grundhaltung, Ava nimmt etwa Aquas „Barbie Girl“ neu auf – leicht verändert als „Not Your BarbieGirl“.

„Ich war schon als Jugendliche ziemlich direkt und konnte auch bockig sein“, sagt die Sängerin, deren erstes Album 2019 kommen soll. „Wenn ich Leute blöd fand, dann wollte ich nichts mit denen zu tun haben, und meine Mutter bat mich oft, mal ein wenig netter zu sein. Nö. Und ich bin ganz sicher niemandes Barbie-Püppchen. Wer mir dumm kommt, der kriegt einen Tritt in den Hintern.“

Von Steffen Rüth


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