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„Baby Reindeer”: Stalking basierend auf wahrer Geschichte

„Baby Reindeer”: Stalking basierend auf wahrer Geschichte
Foto: Netflix

Donny Dunn hat Mitleid mit einer Frau, die sich an dem Tresen in dem Pub niederlässt, in dem er arbeitet und lädt sie auf eine Tasse Tee ein. Was er noch nicht weiß: Diese Frau, Martha Scott, ist eine verurteilte Stalkerin. Sie wird ihm in den kommenden Jahren keine ruhige Minute lassen und sein Leben komplett auf den Kopf stellen. Das Verrückte: „Baby Reindeer” basiert auf einer wahren Geschichte.


Wer es sich bei einer Feel-Good-Serie gemütlich vor dem Fernseher machen will, sollte auf „Baby Reindeer“ eher verzichten. Die Geschichte um Donny (Richard Gadd) und Martha (Jessica Gunning) fesselt einen zwar geradezu an den Bildschirm, verschafft einem aber zeitweise so ein unangenehmes Gefühl, dass ein Serienmarathon eigentlich unmöglich ist.

Triggerwarnung: Die Serie als auch der Artikel behandeln Stalking und sexuelle Gewalt.

Davon handelt die Serie „Baby Reindeer“

Donny ist eigentlich Komiker, ist damit aber nicht so wirklich erfolgreich. Also hält er sich mit einem Job in einem Londoner Pub über Wasser. Eines Tages stapft Matha in den Pub, sichtlich aufgelöst, und kann sich nicht einmal eine Tasse Tee leisten. Er lädt sie auf den Tee ein und bringt damit etwas ins Rollen, das er nicht mehr aufhalten kann. Innerhalb der nächsten Jahre sendet Martha Donny unzählige E-Mails, hinterlässt ihm Voice-Messages und lauert ihm auf. Martha beginnt Donnys Exfreundin, seine neue Freundin und seine Eltern zu belästigen, die Auseinandersetzungen enden mehr als einmal in körperlicher Gewalt.

Die Polizei kann Donny nicht helfen. Er traut sich aber auch nie, die ganze Wahrheit zu erzählen. So ist seine neue Freundin Terri (Nava Mau), die in einer Szene von Martha beleidigt und angegriffen wird, eine Transfrau. Donny schämt sich für seine sexuelle Orientierung und verschweigt den tätlichen Angriff auf sie vor den Beamten.

Im Laufe der sieben Folgen erfahren wir viel über Donny, sein Leben und seine (gescheiterte) Karriere. Jahre bevor er Martha trifft freundet er sich mit Darrien (Tom Goodman-Hill) an, in der Hoffnung, dieser könnte seine Karriere etwas pushen. Doch Darrien setzt Donny jedes Wochenende unter Drogen, belästigt und vergewaltigt ihn. Donny kehrt immer wieder zu ihm zurück, ist mit seiner Sexualität nicht im Reinen. Irgendwie scheint Martha, so verrückt das klingt, die einzige zu sein, die ihn so sieht, wie er gerne sein will. Auch deswegen schiebt er eine Anzeige so lange vor sich her.

Basierend auf wahren Ereignissen

Doch als wäre dieses ungute Gefühl, das die Serie einem gibt, nicht schon genug: Die Geschichte rund um Martha und Donny ist, so oder so ähnlich, wirklich passiert. Und wer könnte Donny besser verkörpern, als Donny selbst? So erzählt Schauspieler Richard Gadd in der Netflix-Serie seine eigene Geschichte – zum zweiten Mal. Bevor der Streamingdienst die Serie adaptierte, gab es vorher One-Man-Theater-Show.

41.071 E-Mails, insgesamt 350 Stunden Material an Voicemails, 744 Tweets, 46 Facebook Messages, 106 Seiten Briefe und einige wirklich merkwürdige Geschenke habe Gadd von „Martha“ – Namen und Aussehen habe er in der Serie natürlich verändert – erhalten. Alle Mails, die in der Adaption eingespielt werden, hat Gadd von seiner Stalkerin wirklich erhalten, die ihn als „Baby Reindeer“ bezeichnete. Und alles begann so, wie in der Serie auch: in einem Pub.

Viereinhalb Jahre lang verfolgte seine Stalkerin ihn. Gadd ging zwar zur Polizei, doch wirklich geholfen habe ihm dort keiner. „Die Gesetze rund um Belästigung und Misshandlung sind so dumm“, betont er gegenüber dem Independet.

Richard Gadd: Stalking ist eine Krankheit

Gadd gibt Martha keine Schuld. „Ich kann nicht oft genug betonen, was sie in dieser ganzen Situation für ein Opfer ist“, betont er. „Stalking ist eine Krankheit. Es wäre falsch, sie als Monster darzustellen, weil sie krank ist und das System sie übergangen hat.“ Ganz wie in der Serie gibt Gadd auch die Fehler zu, die er im echten Leben mit Martha gemacht hat.

In der Serie wird Martha zu neun Monaten Haft verurteilt. Was mit Gadds Stalker im echten Leben passiert ist, möchte er nicht verraten, betont er gegenüber der Times. „Es ist vorbei. Ich hatte darüber sehr gemischte Gefühle. Ich will niemanden ins Gefängnis werfen, der eine psychische Erkrankung hat.“

Wenn die Stalkerin gestalkt wird

Das Internet ist voll von Artikeln, die fälschlicherweise Hinweise auf die echte Martha versprechen. In True-Crime-Foren kursieren die wildesten Theorien. Gadd betont zurecht immer und immer wieder, dass Stalking eine Krankheit ist. Zudem habe er die Erscheinung der Stalkerin so verändert, dass Martha mit ihrer Vorlage nichts mehr zu tun habe. „Wir haben uns so viel Mühe gegeben sie zu verkleiden, ich glaube, sie würde sich selbst nicht wiedererkennen“, betont er im Gespräch mit GQ. „Wir zeigen eine emotionale Wahrheit, keine akribisches Profil einer Person.“

Von Alix Czaplinski


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