Alexasearth: „Man kann den Feminismus nicht lieb angehen“
Alexa Grassmann setzt sich als Content Creatorin auf ihrem Instagram-Kanal Alexasearth für Gleichberechtigung ein. Im Interview mit MADS-Autorin Tara spricht sie über Wut im Feminismus, polygame Beziehungen und ihre eigene Gender-Identität.
Alexa, du schreibst in einer Story auf Instagram, dass du gerne eine fröhliche Feministin wärst, aber einfach wütend bist. Was sind Dinge, über die du am wütendsten bist?
Alltagssexismus. Dazu gehört, dass weiblich gelesenen Personen weniger zugetraut wird und noch viele Stereotype existieren. Je mehr man sich mit feministischen Themen beschäftigt, desto mehr strukturelle und kulturelle Ungleichheiten fallen einem auf. Man kann den Feminismus nicht lieb angehen.
Zur Person
Alexa Grassmann ist 1996 in Köln geboren und behandelt auf ihrem Instagram-Kanal Alexasearth Themen wie Selbstbestimmtheit und Queerness. 2023 veröffentlichte sie ihr erstes Buch „Sie lieben“, das von dem schambefreiten Umgang mit der eigenen Sexualität handelt.
Wann merkst du, dass dir zu wenig zugetraut wird?
Von Frauen werden einfach andere Attribute erwartet als von Männern. Automatisch lieb sein, agreeable, bloß nicht laut und hysterisch. Ich muss einfach stärker Grenzen setzen, gerade in Gesprächen mit Männern, um überhaupt zu Wort zu kommen. Auch im Arbeitskontext.
Wie äußert sich das auf Social Media?
In der Content-Creator-Szene muss man eher darauf achten, ernst genommen zu werden und nicht nur die zu sein, die einfach Fotos teilt. Sondern auch als Person, die Aufklärungsarbeit macht, etwas bewegt und feministische Arbeit leistet.
Dein Content handelt viel von deiner Sexualität: Erlebst du im Alltag Diskriminierung?
Hier in Berlin in meiner Bubble habe ich das Glück, nicht direkt diskriminiert zu werden, wenn ich einfach so durch die Straßen gehe. Das liegt vermutlich auch daran, dass ich nicht sichtlich als lesbisch gelesen werde wie vielleicht andere Personen. Übergriffe auf queere Personen, vor allem trans Personen, passieren trotzdem regelmäßig in der U-Bahn in Berlin. Ich bin vorsichtig und achte darauf, vor wem ich mich oute. Gerade wenn ich außerhalb meines Kreises bin, höre ich diskriminierende Aussagen, die auf fehlendem Wissen beruhen.
Wie gehst du damit um?
Ich habe bisher immer mit den Leuten diskutiert, aber seit kürzerer Zeit habe ich in manchen Kreisen aus Selbstschutz damit aufgehört. Man muss einfach für sich selbst überlegen, was einem am besten tut. Letztendlich ist man immer noch eine Minderheit. Durch den Dialog kann man zwar manchmal eine andere Perspektive aufzeigen, aber viele, die sich outen wollen, haben einfach Angst vor Zurückweisung und Ausgrenzung, und diese Angst ist berechtigt. Ich habe da leider keine perfekte Lösung.
Alexasearth: „Unsere Generation hinterfragt mehr“
Du hast schon Erfahrungen außerhalb der konventionellen monogamen Beziehungen gemacht. Viele werfen unserer Generation unter anderem wegen solcher Beziehungsmodelle vor, beziehungsunfähig zu sein. Wie stehst du zu der Aussage?
Monogamie und Heterosexualität sind die Norm. Ich hinterfrage als Person schon mal grundsätzlich alles, was die Norm ist. Vor vielen Jahren habe ich mich genau in dieser Konstellation wiedergefunden und kannte den Begriff „poly” gar nicht. Ich finde, das hat nichts mit Beziehungsunfähigkeit zu tun, sondern erfordert unglaublich viel Kommunikation und Konsens. Unsere Generation hinterfragt mehr und lebt nicht in vorgelebten Regeln. Rein historisch betrachtet hat die Monogamie als soziale Institution auch dazu beigetragen, die Kontrolle über Frauen und ihre Sexualität zu festigen.
Durch deinen Job kannst du viele deiner Ansichten teilen und Themen frei wählen. Gibt es auch Dinge, die dich an deinem Job stören?
Manchmal ist es schwierig, Grenzen zu setzen zwischen Arbeit und Freizeit. Ich bin auch ein kleiner Workaholic. Ich liebe es, viele Menschen erreichen zu können und meine Themen bestimmen zu können. Social Media bietet mir so viele Freiheiten, mich kennenzulernen und auszudrücken.
Was sind denn Themen, mit denen du dich momentan am meisten beschäftigst?
Meine Gender-Identität beschäftigt mich momentan am meisten. Wenn ich ganz ehrlich bin, finde ich das gerade für mich heraus.
Interview von Tara Yakar
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Schön zu sehen ist immerhin, dass es auch schon männliche „Pro Feministen“ gibt. Peter Jedlicka fällt mir dazu ein mit seinem „Gender Balance“ Buch.
LG Hannelore