Abtreibungsgesetz: Texas schränkt Frauenrechte stark ein
Das neue verschärfte Abtreibungsgesetz im US-Bundesstaat Texas nimmt Frauen die Freiheit, über den eigenen Körper entscheiden zu können. Selbst bei Vergewaltigungen gibt es keine Ausnahmen. Das ist nicht vertretbar, meint MADS-Autorin Jette.
Es ist ein Stück Freiheit und Selbstbestimmung, das der US-Staat Texas seinen Einwohnerinnen nimmt. Im September ist dort ein verschärftes Abtreibungsgesetz, das sogenannte Herzschlaggesetz, in Kraft getreten. Dieses solle laut Gouverneur Greg Abbott sicherstellen, „dass das Leben jedes Kindes mit einem Herzschlag vor den Verheerungen einer Abtreibung bewahrt wird“.
In seiner Begründung ignoriert der Gouverneur, dass es durch Verbote nicht weniger Abtreibungen gibt – sie werden lediglich auf illegale und damit gefährlichere Weise durchgeführt und führen so zum Tod zahlreicher Frauen. Laut einer Studie der Weltgesundheitsorganisation (WHO) finden in Ländern, in denen Abtreibungen ganz oder teilweise verboten sind, drei Viertel der Eingriffe unter unsicheren Methoden statt. In Ländern mit liberaleren Abtreibungsgesetzen dagegen, würden neun von zehn Eingriffen unter WHO-Standards durchgeführt.
Frauen haben keine wirkliche Chance abzutreiben
Die sogenannte „Heartbeat Bill“ macht es Frauen in Texas nahezu unmöglich, legal eine Abtreibung vorzunehmen. Denn ab dem Zeitpunkt, ab dem der Herzschlag des Fötus zu hören ist, ist der Eingriff verboten. Das ist meist in der sechsten Schwangerschaftswoche der Fall. Zu diesem frühen Zeitpunkt wissen Frauen allerdings oft noch gar nicht, dass sie überhaupt schwanger sind. Laut der Bürgerrechtsorganisation ACLU seien ungefähr 85 bis 90 Prozent der Frauen, die in Texas eine Abtreibung vornehmen lassen, länger als sechs Wochen schwanger.
Nicht einmal bei Missbrauch oder Inzest gibt es Ausnahmen. Für Gouverneur Abbott stellen ungewollte Schwangerschaften nach Vergewaltigungen kein Problem dar. Schließlich verfolge der Staat Texas dieses Verbrechen strafrechtlich.
Bürger werden zu Denunzianten
Doch am absurdesten ist, dass die Durchsetzung des Gesetzes nicht etwa von den texanischen Behörden übernommen werden soll, sondern von Bürgerinnen und Bürgern. Sie sollen Anzeige gegen Personen erstatten, die einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen oder unterstützen. So müssen zum Beispiel medizinische Angestellte oder auch Taxifahrer, die eine Schwangere zum Eingriff fahren, bei einer Verurteilung mit einer Strafe von 10.000 Dollar rechnen. Dieses Geld soll dem Hinweisgeber als Belohnung ausgezahlt werden. Was das mit einer Gesellschaft macht, ist kaum vorstellbar. Das Verhalten von Menschen, die Frauen in einer Notlage helfen, wird degradiert und bestraft. Abtreibungsgegner werden zu Kopfgeldjägern.
Abtreibungsgesetz: Der Kampf ist noch nicht vorbei
Immerhin: Nach zahlreichen Protesten schaltete sich nun die US-Regierung ein. Das Justizministerium verklagte den US-Bundesstaat und fordert, dass das neue Gesetz sofort für ungültig erklärt werde. Justizminister Merrick Garland hält die neue Verordnung für verfassungswidrig und bezieht sich dabei auf das Grundsatzurteil „Roe versus Wade“ von 1973. Dieses schreibt fest, dass Gesetze, die Abtreibungen verbieten, gegen die Verfassung der USA verstoßen.
Allerdings ist die Debatte damit nicht abgeschlossen. Insgesamt haben acht Bundesstaaten die „Heartbeat Bill“ bereits verabschiedet. Kurz nach Inkrafttreten des neuen Gesetzes in Texas hatte der oberste Gerichtshof einen Eilantrag dagegen abgelehnt. Grund ist die konservative Mehrheit im Gericht, die nicht ganz zufällig entstanden ist. Ex-Präsident Donald Trump wollte bereits in seiner Amtszeit gegen Abtreibungen vorgehen und ernannte deshalb gezielt konservative Richter. Hinter ihm stehen fundamentale Christen, die Verbindungen zum extremen Flügel der Republikaner haben. Deren Ziel ist es, „Roe versus Wade“ zu kippen, was mit einer konservativen Mehrheit im Supreme Court vielleicht gelingen könnte.
Das Thema ist also längst nicht vom Tisch. Fest steht, dass ein Verbot von Abtreibungen nicht das Leben des ungeborenen Kindes schützt, sondern das von Mutter und Kind nur noch stärker gefährdet.
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