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Druck, Druck, Druck: Casper spielt auf der Ideenexpo

Druck, Druck, Druck: Casper spielt auf der Ideenexpo
Foto: Ideenexpo

Ein Gratiskonzert ohne Kompromisse: Auf der Ideenexpo feiert Rapper Casper feiert den Moment  – mit einem kraftvollen Auftritt, der den Besuchern kaum Gelegenheit zum Durchatmen lässt.


Wummernde Bässe kündigen ihn an – eine Antithese zu dem rosa Vorhang, der noch geschlossen ist, und die Blumenbeete auf Kunstrasen davor. Dann turnt Casper auf die Bühne der Ideenexpo, bei der am Sonnabend der 400.000. Besucher begrüßt wurde. Der Mann mit der Reibeisenstimme, die bei ungehaltenem Schreien in seiner Metalphase entstand, macht von vornerein klar: Er macht hier keine Kompromisse. Seine Band treibt ihn und das Publikum an mit pulsierenden Klängen aus Bass, E-Gitarre und Schlagzeug.

Casper singt, er habe „keine Lust, seine Zukunft zu diskutieren“, stattdessen lebe er im Hier und Jetzt auf der Bühne. Das Publikum, das vorne im Stehbereich feiert, kennt die Zeilen und singt stimmgewaltig den Refrain mit. Die Zuschauer auf den „billigen Plätzen“, wie Casper die Stufen auf dem Messegelände nennt, sind ruhiger.

Ganz viel Dampf

„Das Konzert ist kostenlos. Aber nicht die Ideenexpo schenkt euch dieses Konzert, ich schenke es euch“, sagt Casper. Mit seinem Klassiker „Im Ascheregen“ bringt er auch die höher sitzenden Besucher im kolosseumartigen Rund zum Klatschen. „Lass uns untergehen“, singt er. Es ist kein Schrei aus Verzweiflung, es ist ein Feiern des Moments. Dazu pochen herzschlagartige Schlagzeugtrommeln und quietscht die E-Gitarre. Bei seinem Lied „Adrenalin“ liest eine Frauenstimme zu Beginn die Wörterbuchdefinition vor: „Durch Ärger hervorgerufener Gefühlsausbruch“. Wie das klingt? Schnelle Paukenschläge, aggressive Stimme, überrumpelnd.

Rollend wie eine Eisenbahn klingt das Lied „Alles endet (aber nie die Musik)“. In einem Pingpongspiel singt Casper die Textzeile an und lässt sich vom Publikum bestätigen: Nein, die Musik rollt weiter. Und wie? Mit ganz viel Dampf. Für einen Moment scheint dann das Lied „Das bisschen Regen“ eine Verschnaufpause zu bieten mit der melodiösen Frauenstimme, die hier aus dem Hintergrundgesang heraus in den Vordergrund tritt, doch Casper lässt nicht zu, dass es ein Durchatmen gibt. Druck, Druck, Druck.

Ein Casper als Perfektionist

Er springt einbeinig über die Bühne, zieht sich seinen Strickpullover aus und hüpft ohne Unterlass. Das Lied handelt von der Eifersucht: „Spar dir die Lügen, ich weiß genau wo du warst, hör die Lügen zum tausendsten Mal.“ Ein vergleichsmäßiger Wohlfühlsong ist „Ganz schön okay“. Vielleicht das Maximum an Lob, das sich der Perfektionist Casper herablässt zu formulieren, gilt dem Leben in den Tag ohne Ziel und Pläne. Für sein neues Album in diesem Jahr hat er Jahre gebraucht.

Seine große Stärke hat er in die neuen Lieder zumindest teilweise herübergerettet. Sein Lied „So perfekt“ ist auch deshalb erfolgreich geworden, weil er es darin schafft, die Geschichte des Heranwachsens authentisch zu erzählen.  In „Billie Jo“ erzählt er die Geschichte eines kriegstraumatisierten Mannes. Das ist dunkel, doch das Lied klingt nicht hoffnungslos, wütend vielleicht – aber Aufgeben gilt nicht. 

Von Jonathan Josten


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