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Wie bekommt Demokratie mehr „Sex-Appeal“?

Wie bekommt Demokratie mehr „Sex-Appeal“?
Foto: Campus Verlag

Streitbare 21 Ideen für eine attraktivere Demokratie liefert ein frischer Sammelband. Der Clou: Die Ideen sollen innerhalb von zwölf Monaten umsetzbar sein.

Was, bitteschön, kann für die viel besungene Demokratie getan werden? Also, so konkret, ohne zu labern. Schließlich muss die Demokratie heute für die Leute attraktiv sein, egal mit welcher Farbe sie gerade geschminkt ist.

Nun ist ein Buch auf den Markt gekommen, das der Unduldsamkeit 21 Ideen liefert, wie die Demokratie in einem Zeitrahmen von lediglich zwölf Monaten gestärkt und bürgernah frisiert werden könnte. 24 Autoren notieren in dem Sammelband „Demokratieverstärker“ ihre Entwürfe für eine bessere, stabilere, lebendigere Demokratie.

Positiver Streit programmiert

Der Sammelband der Herausgeber Elisabeth Niejahr und Grzegorz Nocko kann Gegenwehr erzeugen. Aber ebenso Sympathien für Gedanken und Motivation, Geschriebenes weiterzutragen. Vielleicht haben die beiden Herausgeber, die bei der Hertie-Stiftung („Jugend debattiert“) arbeiten, diese „Reibungsmöglichkeit“ mit eingepreist, gar im Sinn.

Es geht zum Beispiel darum, wie Polizeianwärter besser rekrutiert oder wie ausländische Fachkräfte effizienter begleitet werden könnten. Wie es gelingen kann, dass auch junge Eltern sich auf kommunaler Ebene engagieren oder überhaupt Mütter und Väter öfter politische Mandate übernehmen können, wird ebenso beschrieben wie eine Wahlrechtsreform, um den Bundestag zu verkleinern. Da kommen Fuck-up-Nights für die Demokratie ins Spiel – was sich so plakativ liest, ist nichts anderes als das zivilisierte „Abfeiern“ einer Fehlerkultur in der Start-up-Szene. Kinder und Jugendliche sollen das Schulleben mitbestimmen, um Vertrauen in demokratische Prozesse zu bekommen und um zu erfahren, dass sie etwas bewirken können. Die diverse Besetzung bei Film und Fernsehen wird thematisiert oder soziale Gerechtigkeit in der Klimapolitik.

Vielfalt der Autoren fehlt

„Dieser Sammelband vereint bewusst Vorschläge sehr unterschiedlicher Personen“, steht im Vorwort. Das stimmt leider nicht. Vielmehr handelt es sich bei den Autoren um eine homogene Gruppe: akademisch, intellektuell, mehrsprachig. Alle sind ähnlich sozialisiert: Einer stammt aus Israel, zwei sind als Kinder nach Deutschland gekommen, einer wuchs in Ostdeutschland auf. Beinahe alle Autoren stammen aus West-Deutschland. Vielfalt geht anders.

Qualität der Beiträge variiert

Bei der Frage, für wen das Buch geschrieben wurde, wird es neblig. Denn abgesehen davon, dass die Herausgeber das nicht sagen, kann der Eindruck entstehen, dass die knapp 250 Seiten ein Werk der Selbstvergewisserung von Leuten sind, die größtenteils untereinander vernetzt sind und eher dem links-grünen bürgerlichen Lager zuzuordnen. Neben blassen Autoren, wie dem FDP-Abgeordneten Joachim Vogel, der sich selbstvernarrt als modernen Führer sieht, gibt es zum Glück auch Überraschungen. Etwa, aber nicht nur, Prof. Karl Lauterbach (SPD). Er plädiert dafür, dass mehr Wissenschaftler in den Parlamenten sitzen sollten. Dafür liefert er Argumente, die analytisch, ohne Fachbegriffe, Superlative und „Show-Anglizismen“ daherkommen. Klatschen möchte man bei den Darlegungen etwa von Günter Krings (CDU), der den Zusammenhang von Demokratie und Gesetzgebung fantastisch erläutert.

Fazit: Die „Politikagenda“ fasst an und drängt zu Auseinandersetzungen über den Fortgang der Demokratie. Ein Anhang mit Erklärung der Fachbegriffe und ein besseres Lektorat wären schön gewesen, um sich nach der Lektüre den Autoren näher zu fühlen. Hoffentlich bleibt der Sammelband nicht nur ein Kandidat für die Demokratie-Nischen von Bibliotheken.

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Von Klaus Amberger

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