Seite auswählen

Werbung

„Heartstopper“ Staffel 3: Mehr Tiefe, mehr Themen, weniger Leichtigkeit?

„Heartstopper“ Staffel 3: Mehr Tiefe, mehr Themen, weniger Leichtigkeit?
Foto: Samuel Dore/Netflix/dpa

Die dritte Staffel der Coming-of-Age-Serie „Heartstopper“ läuft bei Netflix. Während die ersten beiden Staffeln für ihren leichten und optimistischen Stil geliebt wurden, nimmt die neue Staffel nun intensivere Themen in den Fokus. „Heartstopper“ gelingt trotzdem der Balanceakt zwischen Tiefgang und Leichtigkeit, meint MADS-Autorin Marie.


Wer bei der dritten Staffel von „Heartstopper“ eine Fortführung der kuschelig-süßen LGBTQ+-Story der vorherigen Staffeln erwartet, wird direkt in den ersten Folgen ins kalte Wasser geworfen. Denn die neue Staffel der Graphic-Novel-Adaption wirkt düsterer, ernster als die anderen. Schon vorher gab es Andeutungen, dass Charlie Spring (Joe Locke) gemobbt wurde, sich selbst verletzte und unter toxischen Familienmitgliedern litt. Doch der Ton blieb dabei stets optimistisch. Charlies Ess- und Zwangsstörung, die sich bisher nur angedeutet haben, werden nun vor allem in der ersten Hälfte der neuen Folgen zum Fokus der Handlung.

„Heartstopper“ Staffel 3: Multiperspektivität als Stärke

Feinfühlig schafft es „Heartstopper“ hier, nicht nur bei Charlies Perspektive zu verharren, sondern auch einzubeziehen, wie schwer eine mentale Krankheit für Freunde und Familie sein kann. Nick (Kit Connor), Charlies Freund und engste Bezugsperson, ringt mit der Verantwortung, für Charlie da zu sein, aber sich auch genauso hilflos im Kampf gegen dessen Essstörung zu fühlen.

Die Serie scheint mit Charlie und seiner Freundesgruppe mitzuwachsen und schreckt dabei nicht vor schwierigen Fragestellungen zurück. Ganz im Gegenteil: Sie nimmt sich sogar bewusst die Zeit, psychische Krankheiten mit allen Facetten zu porträtieren, und gibt dem Thema genügend Raum. Zuschauende leiden mit, als sich Charlies schwere Tage häufen und der eigentlich fröhliche 15-Jährige immer weniger am Leben teilnimmt. Aber er findet sich in einem unterstützenden Umfeld wieder. Und dadurch behält auch die dritte Staffel trotz allem den zuversichtlichen Ton der vorherigen beiden Staffeln.

Es geht nicht darum, dass keiner der Charaktere Probleme hat, „Heartstopper“ schafft jedoch den Drahtseilakt zwischen realitätsnaher Darstellung und hoffnungsvollem Nachgeschmack. Auch die Repräsentation ist weiterhin stark und authentisch. Die Diversität in der Besetzung wird bei „Heartstopper“ nie als Selbstzweck dargestellt, sondern als natürlicher Teil der Welt. Diese Normalisierung queerer Identitäten ist eines der Hauptaugenmerke der gesamten Serie und der Grund, warum sie sich von anderen Teenie-Dramen abhebt.

Nebencharaktere bekommen genug Raum

Genau wie bisher dreht sich in „Heartstopper“ jedoch nicht alles um die beiden Protagonisten, auch viele Nebencharaktere haben ihre eigene, komplexe Plotline. Vor allem Tori, Charlies Schwester, rückt diese Staffel in den Fokus. Auch sie hat ihre eigenen Päckchen zu tragen. Ihre Entwicklung ist subtil, aber bedeutsam und gibt der Serie zusätzliche emotionale Tiefe. In den bisherigen Staffeln war Tori eine eher distanzierte, stille Figur, aber in dieser Staffel erleben wir mehr von ihrer inneren Welt und ihrem Verhältnis zu ihrem Bruder. Ihr Wunsch, für Charlie da zu sein, kollidiert oft mit ihrer Unfähigkeit, sich selbst zu öffnen.

Auch Isaacs Suche nach Zugehörigkeit und Verständnis außerhalb der üblichen romantischen Normen und Darcys Suche nach ihrer Identität finden in der neuen Staffel mehr Raum.

Trotz dieser emotionalen Tiefe und Vielfalt an Themen in der dritten Staffel von „Heartstopper“ gibt es auch eine Schwäche: Die Vielzahl an angesprochenen Problemen und Identitätsfragen führt dazu, dass manche Handlungsstränge und Charaktere nur oberflächlich behandelt werden. Viele Themen werden zwar angesprochen, aber oft nicht ausreichend vertieft. Dazu wäre in den acht Episoden á 30 Minuten auch kaum die Zeit gewesen, aber so fühlen sich einige Entwicklungen gehetzt an, und den Charakteren und ihren Konflikten wird die Tiefe genommen, die sie verdienen würden.

Animationen und stimmungsvoller Soundtrack als Markenzeichen

Die visuelle Gestaltung bleibt einer der stärksten Aspekte von „Heartstopper“. Die Schmetterlinge, Herzchen und Funken, die aus der Graphic-Novel-Vorlage stammen, unterstreichen viele Szenen spielerisch und lockern das Geschehen auf. Der Soundtrack, der die Folgen begleitet, rangiert von hellem Indie-Pop zu emotionalen Balladen. Mit seiner Pop-Lastigkeit passt er perfekt zu den visuellen Elementen und dem allgemeinen Ton der Serie.

Mit ihrer gelungenen Mischung aus emotionaler Tiefe, queeren Charakteren und visueller Kreativität bleibt „Heartstopper“ auch in der dritten Staffel eine erfrischende und authentische Serie. Trotz kleiner Schwächen schafft sie es, schwierige Themen sensibel und hoffnungsvoll zu behandeln, und beweist erneut, dass Liebe, Freundschaft und Selbstfindung in all ihren Facetten Platz haben – auch wenn der Weg manchmal steinig ist.

Von Marie Thielebörger


Lies auch:


Über den Autor/die Autorin:

MADS-Team

Unter diesem Namen sammeln wir Beiträge von Gastautorinnen und -autoren, Autorenkollektiven oder freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bei MADS. Die Namen des jeweiligen Autors oder der jeweiligen Autorin stehen unter dem einzelnen Beitrag.

Poste einen Kommentar:

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert