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„House of Flavor & Rap“: Was Kochen und Hip-Hop gemeinsam haben

„House of Flavor & Rap“: Was Kochen und Hip-Hop gemeinsam haben
Foto: Paul Denkhaus

Paul Denkhaus hat das Workshop-Projekt „House of Flavor & Rap“ ins Leben gerufen, um Kindern und Jugendlichen Hip-Hop in Verbindung mit nachhaltiger und gesunder Ernährung nahezubringen. Im MADS-Interview spricht er über seinen eigenen Weg zur Musik, seine Inspiration und die Verbindung von Ernährung und Hip-Hop.


Paul, wie ist deine Verbindung zum Kochen und zu Hip-Hop?

Die Begeisterung und den Wunsch zu kochen hatte ich schon sehr früh und habe es mit vier, fünf Jahren gelernt. Gleichzeitig habe ich in der dritten Klasse deutschen Hip-Hop für mich entdeckt. Das war damals noch gar nicht so groß, wie es heute ist. Gerade für so junge Menschen wie mich waren Fanta 4 und dergleichen präsent. Dafür war ich von Anfang an Feuer und Flamme und habe beides schon immer verfolgt. 

Welchen Stellenwert hatte Hip-Hop damals für dich?

Damals fand mein Vater das noch ziemlich cool, und er ist in der dritten Klasse mit mir auf mein erstes Konzert gegangen. Dann wurde das auch schnell das Medium, um mich von meinen Eltern und von der Gesellschaft abzugrenzen und mir über die Texte eine starke politische Meinung anzueignen.

Hast du damals auch schon selbst geschrieben?

Spätestens ab der sechsten Klasse habe ich angefangen, selbst zu rappen. Statt im Unterricht aufzupassen, habe ich Texte in die Hefte gekritzelt und mir Rappen beigebracht, während die anderen Mathe gelernt haben. Das Schöne an Hip-Hop ist ja, dass man nicht viel mehr als einen Stift und einen Zettel braucht. Damals hat man die Beats genommen, die man erst mal auf Platte gefunden hat. So ist Hip-Hop ja auch entstanden, quasi aus dem Nichts, ohne große Ressourcen.

Zur Person:

Paul Denkhaus ist 40 Jahre alt, seit 2004 gelernter Koch, hat mit knapp 30 Jahren seine Fachhochschulreife mit der Fachrichtung „Ernährung und Hauswirtschaft“ nachgeholt und Soziale Arbeit studiert. Schon seit seinen frühsten Kindesjahren hat er auch eine enge Verbindung zum Hip-Hop und hat von 2020 bis 2023 Videoproduktionen im Rahmen der Hip-Hop-Cooking-School geleitet. Seit 2022 ist er Doktorand an der Europa-Universität Flensburg zum Thema „Nachhaltige Ernährung und Essenlernen in Settings der Kinder- und Jugendarbeit“ und Gründer des Workshop-Angebotes „House of Flavor & Rap“ für Kinder und Jugendliche.

Wie sehen eure „Flavor & Rap“-Workshops aus?

Die Workshops finden in den Ferien über vier Tage hinweg in offenen Kinder- und Jugendeinrichtungen statt. Die Teilnahme ist freiwillig. Wir setzen uns damit auseinander, was Klimawandel und klimafreundliche Ernährung ist, und kochen zusammen. An Tag zwei und drei kocht ein Teil der Gruppe mit dem Food-Coach und der zweite Teil nimmt zusammen mit dem Rap-Coach einen eigenen Hip-Hop-Song auf. Darin wird sich mit den erarbeiteten Inhalten zu gesunder und umweltfreundlicher Ernährung auseinandergesetzt. Die Kids schreiben den Song unter professioneller Anleitung, weil die meisten vorher noch nie gerappt haben. Am letzten Tag drehen wir zu dem Song ein professionelles Musikvideo, in dem auch Essen und Kochen eine präsente Rolle spielen. Durch die Präsentation soll das Essen aufgewertet werden. Später kriegen die Kids den Link zu dem Video und ein Heft mit allen Rezepten. Dadurch kriegt auch das Umfeld mit, was wir gemacht haben.

Zum Workshop-Projekt:

Die Workshops von „House of Flavor & Rap“ richten sich an zehn- bis zwölfköpfige Gruppen von Neun- bis 13-Jährigen. Aufgrund einer Kooperation mit der Kaufmännischen Krankenkasse (KKH) ist die Teilnahme kostenlos. Derzeit finden die Workshops in den Modellregionen Schleswig-Holstein, Hamburg und Berlin statt. In näherer Zukunft sollen weitere Coaches ausgebildet werden, um die Region auf zum Beispiel Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen zu erweitern.

Wann hast du eine Verbindung zwischen dem Kochen und der Musik entdeckt?

In meinem Kopf kam der Punkt während der Kochausbildung. Ich weiß auch noch wirklich genau, wie das war: Ich habe was gehackt und habe dann irgendwie gemerkt: „Ach, das hat ja einen Takt, wenn ich mit dem Messer was hacke.“ Ich habe das dann auch öfter in meine Freestyle-Raps mit eingebaut, aber nie richtig konkretisiert. 

Was hast du daraus für dich gemacht?

Als ich noch Soziale Arbeit studiert habe, hab ich als rappender Koch Rezepte vertont oder Lieder gemacht, die sich auf lustige Art mit Essen auseinandersetzen. Als ich meine Bachelorarbeit über Ernährung als Auftrag an die Schulsozialarbeit geschrieben habe, bin ich auf ein Projekt in New York gestoßen, bei dem Ernährungsbildung über das Medium Hip-Hop vollzogen wurde. Das fand ich spannend und inspirierend. Daraufhin habe ich dann meine Masterarbeit über das Thema Hip-Hop und Ernährungsbildung geschrieben. Im Rahmen meiner Masterarbeit ist dann diese Workshop-Idee entstanden. Jetzt schreibe ich da meine Doktorarbeit drüber.

Was inspiriert dich an der Verbindung?

Man kann vollkommen kreativ sein und Sachen miteinander kombinieren, die erst einmal nicht zusammenpassen. Diese Kreativität als Brücke zu nutzen finde ich sehr spannend. Das ist mit Freiheit verbunden.

Welche Richtlinie verfolgt ihr bezüglich der Ernährung bei euren Workshops?

Wir orientieren uns an der Planetary Health Diet der EAT-Lancet-Kommission. Die setzt nicht voraus, dass man kein Fleisch mehr essen darf, sondern dass man Tierprodukte generell stark reduziert, und als Ersatz vermehrt Hülsenfrüchte implementiert. Das ist auch die Botschaft bei unseren Workshops: Wir arbeiten auf, dass Tierprodukte klimaschädliche Auswirkungen haben. Dabei vermeiden wir aber Begriffe wie vegetarisch oder vegan, weil das, glaube ich, nicht der Anspruch sein kann und man schon durch die Vokabeln viele verprellt. Vor allen Dingen wollen wir zeigen: Es gibt da was, das schmeckt, das hat mit Fleisch nichts zu tun und das könnte eine gute und einfache Alternative sein. 

Welche Ziele habt ihr euch für die Workshops formuliert?

Wir wollen pflanzliche Ernährung aufwerten, indem wir sie in zeitgemäße Gerichte transportieren, und vor allen Dingen auch motivieren. Die Kids erlernen zwei Schneidetechniken und die grundlegenden Garmethoden, also kochen, braten, backen. Wir setzen uns auch ein bisschen mit dem Zuckergehalt von den Eistees auseinander, die Rapperinnen und Rapper auf den Markt bringen, und machen unseren eigenen Eistee. Über das Erstellen des eigenen Raptextes wird das erarbeitete Wissen reflektiert. Dabei verstehen wir Hip-Hop als eine gemeinsame Sprache, die uns verbindet. „Each one teach one“ ist dabei unser Motto: Jeder kann von jedem was lernen. Damit soll Kreativität und Fairness vermittelt und gestärkt werden.

Von Sandra Kopa


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Über den Autor/die Autorin:

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