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Youtuber Rezos Video über die CDU: Was ist dran an seiner Kritik?

Youtuber Rezos Video über die CDU: Was ist dran an seiner Kritik?
Foto:  Screenshot Rezo ja lol eyi

Kurz vor der Europawahl macht Youtuber Rezo mächtig Stimmung gegen die CDU. Was ist dran an Rezos These, dass die Partei unsere Zukunft zerstört?


Eigentlich macht Rezo vor allem Musik- und Comedyvideos auf seinem Nebenkanal „Rezo ja lol ey“. Doch seit Samstag gibt’s für seine mehr als 675.000 Follower ein etwas anderes Video. In „Die Zerstörung der CDU“ rechnet er mit der Volkspartei ab – 55 Minuten lang, und zwar so richtig. Er wolle zeigen, dass „nach der Expertenmeinung von Zigtausenden deutschen Wissenschaftlern die CDU aktuell unser Leben und unsere Zukunft zerstört“, sagt Rezo.

Grund für sein Video ist die anstehende Europawahl am 26. Mai, für die er Werbung machen möchte – aber die CDU sollen die jungen Leute bitte nicht wählen. Das Video wurde über 3,2 Millionen Mal bisher geklickt und hat zahlreiche Reaktionen bei Youtubern und Politikern ausgelöst. Sogar CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak konterte.

Faktencheck CDU

Was sind seine Hauptargumente und inwiefern entsprechen sie der Wahrheit? Das haben wir für euch zusammengefasst:

Keine Belege im Video

Zu seiner Behauptung, wonach die CDU sämtliches Leben und aller Zukunft zerstöre, legt Rezo in seinem mit Quellen gespickten Video keinen Beleg vor. Stattdessen leitet er es aus dem wissenschaftlichen Konsens darüber ab, dass der Klimawandel menschengemacht ist und drastisches Umsteuern durch die Politik erfordert.

Vorwurf: Die CDU macht nur für Reiche Politik

Rezo nimmt es den Christdemokraten nicht ab, dass ihre Politik dem Gemeinwohl dienen soll. Er präsentiert allerhand Studien, wonach die Schere zwischen Arm und Reich in den vergangenen Jahrzehnten auseinandergegangen, die Steuerlast für Arme zugenommen und die Akkumulation von Kapital vornehmlich durch Erbschaften und Schenkungen und weniger durch Arbeit möglich gewesen ist.

Alles richtig. Doch: Hat dies alles die CDU zu verantworten? Schließlich fiel die letzte große Steuerreform der Bundesrepublik in die Zeit der rot-grünen Bundesregierung unter Gerhard Schröder und Joschka Fischer. 2001 senkte Rot-Grün den Körperschaftsteuersatz auf 25 Prozent; der Spitzensteuersatz fiel von 51 Prozent stufenweise auf 42 Prozent. In diese Zeit fiel auch der massive Ausbau des Niedriglohnsektors.

Wenn man der CDU die soziale Ungleichheit zum Vorwurf macht, überschätzt man ihren Einfluss in Deutschland.

Vorwurf: Die CDU richtet den Planeten zugrunde

Der Klimaschutz nimmt viel Raum in Rezos Video ein. Er macht der Bundesregierung zum Vorwurf, dass sie ihre selbst gesteckten, international hinterlegten Klimaziele verfehlt. „Ziele setzen und nicht halten, ist kein Verhalten für die Bundesregierung“, sagt er, womit er recht hat.

Das Problem:  Rezo blendet sämtliche andere globalen Klimaakteure aus. Andere Regierungen, Weltorganisationen Konzerne und die Verbraucher bekommen nicht ihr Fett weg. Klar, die Regierung kann Gesetze erlassen, die die Akteure in ihre Schranken weisen. Doch allein für den CO2-Ausstoß verantwortlich sind sie nicht – sondern wir alle.

Ausblenden tut er außerdem auch ein paar Fakten zur Klimapolitik von Staaten, die erlobend erwähnt. So habe England bereits eine CO2-Steuer eingeführt und seinen Anteil an Treibhausgasen über die letzten Jahrzehnte auf einen historischen Tiefstand gebracht. Rezo meint dabie Großbritannien – das im selben Zeitraum die Stromerzeugung durch Atomenergie massiv ausgebaut hat. Auf Kernenergie setzt zudem auch Frankreich, dessen Präsident Emmanuel Macron lobend genannt wird, weil dessen Klimaziele für 2050 doch ambitionierter als die der Deutschen seien. Wenn es nur um ambitionierte Klimaziele geht: Die haben wir auch.

Vorwurf: Regierung baut Arbeitsplätze in klimafreundlicher Industrie ab

Rezo zufolge habe die Bundesregierung 80.000 Arbeitsplätze in der Photovoltaik-Industrie „abgebaut“. Doch: Die staatsfinanzierte chinesische Solarzellenproduktion hatte am Jobschwund hierzulande erheblichen Anteil. Hätte die Bundesregierung da mithalten wollen, müsste sie wohl sehr viel tiefer in die Tasche greifen. Dass sie dies stattdessen bei der Subventionierung der Arbeitsplätze im Kohlebergbau tut, ist durchaus kritisierbar. Doch dass dies passiert, damit  „das dicke Gehalt“ der Chefs von Energiekonzernen gesichert werden soll, stimmt nicht.

Vorwurf: CDU-Politiker sind inkompetent

Hier spielt Rezo ein paar peinliche, tatsächlich große Ahnungslosigkeit dokumentierende Interview-Sequenzen vor. Zu sehen sind die Drogenbeauftragte Marlene Mortler (CSU) und der Chefverhandler für die umstrittene EU-Urheberrechtsreform, Axel Voss (CDU). Wenn die beiden repräsentativ für das Kompetenzniveau ihrer Parteien sind, muss man sich ernsthaft Sorgen machen. Aber: Es sind nur zwei Personen. Auc hwenn die Dunkelziffer womöglich höher ist.

Vorwurf: Die CDU unterstützt völkerrechtswidrige Kriege

Rezo bezichtigt Kanzlerin Angela Merkel der Lüge. Diese habe 2003 als Oppositionsführerin den US-Krieg gegen den Irak unterstützt, sagt er – und belegt dies mit einem Einspieler, in dem Merkel sagt: „Ich unterstütze die Vereinigten Staaten von Amerika.“ Er schneidet einen späteren Clip dagegen, in dem die Kanzlerin bekundet: „Ich unterstütze nie einen Krieg.“

Ja, Rezo hat allerhand gute und gut dokumentierte Gründe, die US-Kriege im Nahen und Mittleren Osten zu verurteilen. Deutschlands mittelbares Mitwirken daran lässt sich aber nicht glaubhaft problematisieren, wenn man nicht auch die Nato-Zugehörigkeit oder mindestens mal die Nato-Beistandsklausel erwähnt. Beides tut der Youtuber nicht.

Wenn Deutschland, wie Rezo es fordert, „,mal richtig Konsequenzen zieht“ und die US-Atombomben aus seinem Territorium verbannt sowie die Amerikaner aus der US-Basis in Ramstein rausschmeißt, müsste es sich eine neue Schutzmacht suchen. Oder selbst zur militärischen Supermacht werden. Dazu sagt Rezo leider nichts.

Wirklich ärgerlich ist der Part, indem er sich über die deutsche Beteiligung am Einsatz gegen den „Islamischen Staat“ in Syrien aufregt, ohne auch nur mit einem Wort das Leid zu erwähnen, das der IS über Millionen Männer, Frauen und Kinder in der Region gebracht hat. Hätte man dessen Schergen weiter töten, vergewaltigen und versklaven lassen? 

Fazit

Rezos Kritik ist oft berechtigt. Meist aber gründet sie auf Zuspitzungen, Auslassungen und wenig komplexe Zusammenhänge. Und in einem Punkt liegt er völlig daneben: Seinen Aufruf, nicht CDU, CSU, SPD oder AfD zu wählen, begründet er mit den Worten: „Es gibt nur eine legitime Einstellung.“ Das mag für Nordkorea gelten. Für Deutschland gilt das sicher nicht.

Von Marina Kormbaki/RND/MADS


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