Wie Schulschwänzer die Europawahl beeinflusst haben
Europa wählt fürs Klima: Ein halbes Jahr hat die Fridays-For-Future-Bewegung gebraucht, um die Prioritäten in der Politik neu zu sortieren. Wer beschwert sich da noch übers Schule schwänzen?
Spätestens seit den Fridays-for-Future-Protesten ist klar: Diesen jungen Leuten liegt Politik mehr am Herzen, als es Generationsstudien oder FDP-Politiker zu wissen glauben. Gegen Plastik, für Umweltschutz und – ganz allgemein – gegen die Zerstörung des Planeten demonstrieren seit einem halben Jahr tausende Schüler weltweit. Angetrieben von einer, die mit ihren 16 Jahren noch gar nicht wählen darf: Greta Thunberg.
#YouthForClimate für Europa
Schüler, die für den Klimaschutz die Schule schwänzen? Nicht jeder Politiker nahm das in den vergangenen Monaten ernst. Die teils belächelten Protestler sind nicht nur laut und hartnäckig, sondern haben scheinbar auch den Weg an die Wahlurnen bei dieser Europawahl geschafft.
Klima-und Umweltschutz spielten laut einer Erhebung von Infratest Dimap für 48 Prozent die größte Rolle bei der Wahlentscheidung. 20,5 Prozent – fast doppelt so viel wie 2014 – gaben ihre Stimme den Grünen. Zu verdanken hat die Öko-Partei das laut der Forschungsgruppe Wahlen des ZDF vor allem einer Gruppe: Den jungen Wählern.
33 Prozent der unter 30-Jährigen wählten grün – hätten nur Erstwähler gewählt, wäre die Partei sogar auf 36 Prozent gekommen. Dabei sind ein Großteil der FFF-Demonstranten noch gar nicht einberechnet: Denn wählen darf nur, wer schon 18 Jahre alt ist.
Grüne Jugend – konservative Senioren
Der Unterschied im Wahlverhalten zwischen Jung und Alt könnte kaum größer sein: Während sich die Jugend eher für Grün entscheidet, wählen die über 60-Jährigen lieber die CDU/CSU. Dass die Union den Zugang zu jungen Mensch verloren hat, zeigt sich in der Rezo-Debatte wie auch im Wahlergebnis: Läppische 13 Prozent der unter 30-Jährigen wählten die CDU/CSU.
Politische Mobilisierung
Aber ob nun für Klimaschutz oder gegen den Uploadfilter – Menschen unter 30 Jahren sind politisiert wie wohl zuletzt in den Siebzigerjahren. Das stellt auch Martina Gille vom Deutschen Jugendinstitut fest: „Es gibt eine bemerkenswerte politische Mobilisierung bei den jungen Menschen in den letzten Jahren“, sagt sie.
Schon 2016 hatten die Ergebnisse der Sinus-Studie deutlich gemacht, dass sich junge Menschen zwar für Umweltschutz interessieren – aber ihre politische Macht unterschätzen. Die große Menge warte nur darauf, bis eine Massenbewegung spürbar werde, heißt es.
Diese Massenbewegung gibt es jetzt – und sie hat nur ein halbes Jahr gebraucht, um die Prioritäten in der Politik neu zu sortieren. Wer beschwert sich da noch übers Schule schwänzen?