Wie die AfD auf Tiktok um junge Wähler buhlt
Die AfD ist auf Tiktok aufgetaucht – und ihre politische Strategie im digitalen Zeitalter wird immer deutlicher. Mit provokanten Aussagen versucht die Partei, junge Wählerinnen und Wähler zu beeinflussen.
„Jeder dritte junge Mann hatte noch nie eine Freundin. Du gehörst dazu? Schau keine Pornos. Wähle nicht die Grünen. Geh raus an die frische Luft. Steh zu dir. Sei selbstbewusst. Guck geradeaus und vor allem, lass dir nicht einreden, dass du lieb, soft, schwach und links zu sein hast. Echte Männer sind rechts!“ Solche Sprüche äußert Maximilian Krah, Politiker der Alternative für Deutschland (AfD) und Mitglied im Europäischen Parlament, auf Tiktok. Und er ist längst nicht der einzige AfD-Politiker in dem Netzwerk. Doch was steckt hinter dieser verstärkten Präsenz auf der beliebten Social-Media-Plattform?
Im Vergleich zu anderen Parteien fällt auf, dass die AfD ziemlich aktiv in den sozialen Medien ist. In einer Dokumentation befragt der „Spiegel“ einige Experten über das Social-Media-Verhalten der Partei und ihrer Jugendorganisation, der Jungen Alternative (JA). Laut dem Datenanalysten Martin Fuchs sind mehr als 60 Prozent der AfD-Abgeordneten auf Tiktok unterwegs. Bei anderen Parteien sind es lediglich um die 20 Prozent. Die JA habe sogar 30.000 Euro Fördermittel bekommen, um junge Wählerinnen und Wähler vor allem über soziale Medien anzusprechen, sagt Andreas Speit, Experte für Rechtsextremismus.
Tiktok-Videos zum Thema Abschiebung
Auch Matthias Helferich, AfD-Bundestagsabgeordneter und zuvor Leiter der JA, versucht, die junge Wählerschaft mit kurzen Tiktok-Videos zu erreichen. Dabei geht es vor allem um das Thema Abschiebung und Kritik an der Bundesregierung. Die Kommentare unter seinen Videos sind größtenteils zustimmend. Aussagen wie „Endlich sagt mal jemand die Wahrheit“ oder „Einfach tolllll!“ schmücken seine Clips.
AfD im Landtag: Einfluss auf gesellschaftliche Debatten
Die AfD hat mehr als 80 Abgeordnete im Bundestag, und ihre Stimme beeinflusst nicht nur politische Positionen, sondern stellt auch die Haltung zur Demokratie und internationalen Verträgen in Frage. Im Interview mit dem „Spiegel“ warnt Michael Stübgen, CDU-Innenminister von Brandenburg, davor, dass die AfD ein „volksdeutsches Deutschland“ anstrebt, in dem nur noch „Volksdeutsche“ das Sagen haben sollen.
Die Online-Präsenz der Partei auf Tiktok wird somit zu einem relevanten Faktor für die Meinungsbildung. Angesichts der Verbindungen der AfD zu rechtsextremen Organisationen und ihrer Kritik an etablierten demokratischen Strukturen stellt sich die Frage, inwiefern die Partei über soziale Medien versucht, ihre Ansichten zu verbreiten und junge Wählende zu beeinflussen.
Vergleich mit der FPÖ und AfD-Fernsehsender
Laut dem Kommunikationsstrategen und Experten für politische Kommunikation Peter Plaikner ist die AfD eine deklarierte Social-Media-Partei, die sich schon seit 2015 die Freiheitliche Partei Österreich (FPÖ) als Vorbild nimmt. Die FPÖ nutzt heute Youtube und Tiktok, um jüngere Menschen anzusprechen. Die AfD folgt einer ähnlichen Taktik, wobei Tiktok als effektives Medium für diese Strategien gilt.
Die AfD denkt sogar über einen eigenen Fernsehsender nach, was jedoch auf Bedenken stößt und vom Deutschen Journalisten-Verband als gesetzeswidrig eingestuft wird. Wobei mit linearem Fernsehen wohl auch eine andere Zielgruppe angesprochen wird als auf Tiktok. So oder so: Spätestens im nächsten Wahlkampf wird die Medienpräsenz der AfD von großer Bedeutung sein.
Von Georg Krierer
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