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Weltmädchentag in der Männerwelt: Warum der Aktionstag nicht wirklich feministisch ist

Weltmädchentag in der Männerwelt: Warum der Aktionstag nicht wirklich feministisch ist
Foto: Unsplash/Kiana Bosmann

Der Weltmädchentag lenkt Aufmerksamkeit auf die Benachteiligung von Mädchen weltweit. Das ist gut so. Doch mit den symbolischen Aktionen zum Mädchentag verfestigen die Initiatoren Klischees, anstatt die Wurzel des Problems zu beleuchten, kommentiert MADS-Autorin Franziska.


Sind Mädchen und Jungen gleichberechtigt? Global gesehen nicht. Und auch in Demokratien wie Deutschland, in denen die Gleichberechtigung der Geschlechter auf dem Papier gilt, unterscheidet sich der Ist- vom Soll-Zustand. Die Ansprüche, die die Gesellschaft an Mädchen stellt, sind andere als die an Jungen. Von Mädchen verlangt sie beispielsweise mehr Selbstbeherrschung, Rücksicht und Vernunft. Von Jungs nicht, die sind halt so, boys will be boys. Allein das ist schon diskriminierend. Daraus ergeben sich spätestens im Erwachsenenleben ungerechte Verhältnisse.

Damit etwas gegen die fehlende Gleichberechtigung von Jungen und Mädchen getan werden kann, muss zunächst Aufmerksamkeit auf das Problem gelenkt werden. Das versuchen die Vereinten Nationen (UN) mit dem internationalen Mädchentag, der jedes Jahr am 11. Oktober begangen wird. Initiiert hat den Tag die Entwicklungsorganisation Plan International.

Der Mädchentag ist wichtig – löst aber die Probleme nicht

Das Anliegen des Weltmädchentags ist wichtig. Schließlich gehen weltweit weniger Mädchen als Jungen zur Grundschule, werden vor allem im globalen Süden Mädchen noch immer zwangsverheiratet, bleiben Mädchen wegen fehlender Aufklärung über Menstruation der Schule fern, leisten Mädchen überall deutlich mehr unbezahlte Sorgearbeit im Familienhaushalt als Jungen. Auf diese strukturelle Benachteiligung weist Unicef, das Kinderhilfswerk der UN, in einem Blogbeitrag hin. Auf der anderen Seite ist klar, dass ein Aktionstag vor allem symbolische Wirkung hat. Beim Weltmädchentag kann man sich allerdings fragen, ob diese symbolische Wirkung nicht ihr Ziel verfehlt.

Foto: Unsplash/Hayley Maxwell

Die prominenteste Mädchentag-Aktion von Plan International besteht darin, bedeutsame Gebäude und Bauwerke in Deutschland pink anzustrahlen. Natürlich ist das ein Hingucker, verfestigt aber schlussendlich in den Köpfen: Mädchen = Pink. Also die Verknüpfung von Geschlecht mit Farbe, die für nichts anderes gut ist, als Mädchen in stereotype Rollen zu stecken. Und auch eine weitere Aktion von Plan International wirkt irgendwie fehlgeleitet. Am Mädchentag sollen Mädchen auf der ganzen Welt Führungspositionen bekleiden. Sie dürfen also Chefin spielen und sollen so dazu inspiriert werden, später selbst mal Boss werden zu wollen. Passend dazu wirbt der Unicef-Slogan zum diesjährigen Mädchentag damit, in die Rechte von Mädchen und somit in ihr Führungspotenzial zu investieren.

Im Patriarchat haben nie alle Mädchen die gleichen Chancen

Natürlich ist es eine gute Sache, Mädchen dabei zu helfen, sich diese Jobs zuzutrauen. Sie zu ermutigen, sich in einer männerdominierten Welt zu nehmen, was sie wollen. Nur verdeckt diese Art des Feminismus, dass nicht alle Mädchen später einmal in der Chefetage landen können – oder wollen. Auch in einer Welt voller angehender Chefinnen wird es diejenigen geben, die unter diesen Chefinnen arbeiten, ihre Kinder erziehen und bei ihnen zu Hause durchsaugen. Dieser „Girlboss-Feminismus“ tut nichts gegen ungerechte Machtverhältnisse, er sorgt nur dafür, dass innerhalb dieser Verhältnisse auch mal die eine oder andere Frau am längeren Hebel sitzt. Er feiert diejenigen, die es vermeintlich geschafft haben, anstatt dafür zu sorgen, dass alle Frauen und Mädchen so leben und das lernen können, wie und was sie wollen.

In einem von Männern für Männer gestalteten System können Mädchen und Frauen nie vollständig gleichberechtigt sein. Sie können sich nicht einfach nehmen, was sie wollen, weil das im Patriarchat nicht vorgesehen ist. Sie bleiben die Ausnahme vom Regelfall. Echte Ermächtigung von Mädchen kann es nur außerhalb dieser Strukturen geben, wenn man ihr Geschlecht nicht mehr mit einer Farbe in Verbindung bringt. Wo sie nicht nach dem CEO-Posten streben müssen, um in ihrem Wert anerkannt zu werden. Wenn sie einfach Mädchen sein können, ohne dass das etwas bedeuten muss.

Von Franziska Wessel


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Über den Autor/die Autorin:

MADS-Team

Unter diesem Namen sammeln wir Beiträge von Gastautorinnen und -autoren, Autorenkollektiven oder freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bei MADS. Die Namen des jeweiligen Autors oder der jeweiligen Autorin stehen unter dem einzelnen Beitrag.

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