Warum Silvesterfeiern auf dem Dorf mehr knallen
Nur ihre eigene Geburtstagsparty planen die meisten Menschen noch akribischer als Silvester. Wer wann wo mit wem feiert, das ist in manchen Cliquen gefühlt schon wieder ein Thema, wenn die Katerkopfschmerzen sich am zweiten Januar verzogen haben. Sicher, in der Stadt gibt es mehr Möglichkeiten. Doch gerade mit Mitte 20 lohnt sich der Weg zurück zu den Wurzeln, über die man schon als Kind auf dem Feldweg gestolpert ist. Jetzt ist genügend Abstand da, um Dinge zu schätzen, die früher genervt haben. Eine Liebeserklärung an Silvesterfeiern auf dem Dorf.
Zurück in die Zeit reisen: Schon kurz vor Weihnachten setzen sich viele Studenten in den Bummelzug, der gemächlich gen Heimat tuckert. Wer sich für eine Silvesterparty auf dem Dorf entscheidet, den erwartet nun eine Woche voller Nostalgie. Der Hügel, auf dem man sich zum ersten Mal küsste und die Parkbank, auf der man kurz danach seinen ersten Liebeskummer in Erdbeersekt ertränkte: Zu fast jedem Platz gibt es eine Geschichte zu erzählen. So richtig wie früher fühlt man sich allerdings erst, wenn man wieder mit einem Becher Fanta-Korn in der Hand im Gartenschuppen von Marius mit allen alten Freunden sitzt, die ganze Nacht zu Billy Talent tanzt und um Mitternacht Menschen umarmt, mit denen man sein halbes Leben verbracht hat.
Pragmatisch statt prollig: Wer Silvester in einer stylischen Location in der Stadt feiert, hat die Eintrittskarte nicht nur schon vor langer Zeit besorgen müssen, sie war auch wahnsinnig teuer. Auf dem Dorf dagegen kennt immer jemand jemanden, der Scheune oder Partykeller kostenlos zur Verfügung stellt. Drei Raclettegrills aufgestellt – und schon ist das Buffet fertig. So bleibt mehr Geld für Essen, Getränke und Böller.
Angstfrei knallen: Idioten gibt es überall – doch auf dem dünn besiedelten Dorf ist die Chance geringer, an Menschen zu geraten, die es lustig finden, andere mit Raketen abzuschießen und Böller nach ihnen zu werfen. Stattdessen passen die Nachbarn auf, dass auch ja niemand eine Rakete aus der Hand starten lässt.
Kein Entscheidungsstress: Wer in der Stadt feiert hat die Qual der Wahl. Es gibt dutzende Partys, die einen Besuch wert sind. Wer sich dagegen erst einmal für eine Feier auf dem Land entschieden hat, hat diesen Stress nicht mehr. Hier geht es nicht um das „Wo“, denn die Möglichkeiten sind von vornherein begrenzt. Stattdessen bleibt mehr Zeit für das Wesentliche: Das Jahr mit Menschen ausklingen lassen, die einem schon lange etwas bedeuten.
Niemand geht verloren: Wenn um 24 Uhr alle nach draußen stürmen, endet das in einem großen Wirrwar: Und das wird schlimmer, je mehr Menschen sich auf einem Fleck bewegen. Wer mit seinen Freunden auf dem Dorf feiert, braucht keine Verlustängste zu haben: Hier verirrt sich niemand.
Sehen statt gesehen werden: Schon Tage vorher über das passende Outfit sinnieren, um am Silvesterabend mit dem Feuerwerk um die Wette zu glitzern – das ist für eine Party auf dem Dorf (erst recht) nicht nötig. Hier geht es nicht darum, sich zu präsentieren oder einen Dresscode einzuhalten, sondern einen entspannten Abend zu erleben. Ob in Glitzerkleid und Sakko oder Schlabbershirt, das bleibt jedem selbst überlassen.
Es steht in den Sternen: Leuchtreklamen und Straßenlaternen, die die ganze Nacht brennen, erleuchten die Stadt. Das ist sehr praktisch, aber nicht sonderlich romantisch. In vielen Dörfern gehen die Laternen um Punkt Mitternacht aus. Wer hier in den Himmel blickt, der erkennt klar die hell leuchtenden Sterne – bis die ersten Raketen in schillernden Farben explodieren.