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Warum Frauen lieber mit einem Bären allein im Wald wären als mit einem Mann

Warum Frauen lieber mit einem Bären allein im Wald wären als mit einem Mann
Foto: Becca/Unsplash

Mann oder Bär? Der neueste Tiktok-Trend beschäftigt sich mit genau dieser Frage – und zeigt so die patriarchalen Strukturen auf, die die Gesellschaft heute noch durchziehen. MADS erklärt euch den Trend.


Die Frage „Mann oder Bär?“ wird zurzeit häufig auf Tiktok gestellt. Gestartet durch eine Straßenumfrage, beantworten etliche Menschen diese ungewöhnliche Frage – und viele Frauen und Mädchen teilen ihre persönlichen Erfahrungen. Der Mann von Content Creatorin Lilianna Wilde sagt auf Tiktok, dass er bei einem Bären zumindest wisse, was passieren könne, bei einem Mann sei er sich unsicher.

@jon.the.detective

Man or bear a detective’s perspective. Team Bear. #fyp #manvsbear #woods #bearman

♬ original sound – Jon.The.Detective

Überwiegende Antwort: Bär

Die Frage zielt darauf ab, herauszustellen, wie gefährlich Frauen auch heute noch in einer vermeintlich modernen Gesellschaft leben. Denn die überwiegende Antwort auf die Frage ist: Bär. Es gibt viele Begründungen – zum Beispiel, dass Bären weniger gefährlich seien, dass sie zu vielen Straftaten, wie beispielsweise Vergewaltigungen, gar nicht fähig seien. Überwiegend stellt sich aber heraus, dass nicht nur Frauen, sondern auch viele Männer davon ausgehen, dass wenn ein Mann mit einer Frau allein im Wald gelassen wird, er ihr etwas antun oder es zumindest versuchen würde.

Frauen teilen auf Tiktok ihre Gründe für die Wahl „Bär“. Hier eine Auswahl:

„The bear won’t kill me to fulfill his sick fantasy“ („Der Bär wird mich nicht töten, um eine kranke Fantasie auszuleben“)

„No one will say I liked the bear attack“ („Niemand wird sagen, dass ich den Bärenangriff genossen habe“)

„I dont keep an eye out for bears when I take my little sister to the park“ („Ich schaue mich nicht nach Bären um, wenn ich mit meiner kleinen Schwester in den Park gehe“)

„I know why the bear is in the woods, I dont know why a man is in the woods“ („Ich weiß, warum der Bär im Wald ist, aber nicht, warum ein Mann im Wald ist“)

„On a regular daily basis women dont feel threatenend by bears, they are regularly threatenend by men the dont know“ („Frauen fühlen sich nicht tagtäglich von Bären bedroht, sie werden von fremden Männern bedroht“)

„Bears wont sexually assault you“ („Bären werden dich nicht sexuell missbrauchen“)

Häufig dreht sich die Begründung als darum, zu wissen, was ein Bär tue. Auf Tiktok äußern sich auch erfahrene Jäger, die erklären, dass Bären nicht ohne Grund angreifen. Dafür müssten sie sich bedroht fühlen. Außerdem gebe es je nach Art Strategien zur Abwehr. So könne man zum Beispiel schreien und sich groß aufrichten, auch gibt es Abwehrspray gegen Bären. Ein Mann sei deutlich schlechter einzuschätzen. Total übertrieben? Eine Studie der University of North Dakota aus 2014 zeigt, dass 31,7 Prozent der befragten Männer eine Frau vergewaltigen würden, wenn dies keine Konsequenzen für sie selbst hätte. Eine weitere Studie des Edinburgh University Childlight Institutes aus 2023 zeigt, dass einer von zehn Männern schon mal online oder im echten Leben sexuelle Handlungen mit Kindern ausgeführt hat. Es gibt also durchaus Gründe für Frauen und Mädchen, eine gesunde Portion Angst vor fremden Männern zu haben.

Männer reagieren auf den Trend

Viele Männer haben auf den Trend reagiert und fühlen sich angegriffen. Sie argumentieren, dass Bären viel gefährlicher seien, und kritisieren, dass Männern kollektiv vorgeworfen werde, Frauen zu gefährden. Es scheint dieselbe Empörung zu sein, die sich vor einigen Jahren als Antwort aufs #MeToo-Movement durch #notallmen ausgedrückt hat. Content Creator LJ Truth sagt, wer einen Bären wähle, sei „delusional“. Viele der Männer scheinen die Entscheidungen der Frauen nicht akzeptieren zu können. Und das, obwohl laut Statistik jeden dritten Tag eine Frau in Deutschland von einem Mann getötet wird. Die Angst vor Männern ist also durchaus berechtigt.

Wer ist wirklich gefährlicher?

Es gibt viele Tiktoker, die versucht haben, die Hypothese „Männer sind gefährlicher als Bären“ zu beweisen. Dafür haben sie die Statistiken in den USA genutzt: Wenn man die Population der Bären an die der Männer anpasst, selbst dann wäre es mehr als doppelt so wahrscheinlich, von einem Mann angegriffen oder getötet zu werden als von einem Bären. Natürlich ist das eine schwierige Annahme, denn Bären-Populationen werden in den USA reguliert und sind grundsätzlich nur in bestimmten Gegenden vorhanden. TizzyENT auf Tiktok erklärt mit Statistiken aus den USA, dass man dort eher in einem Autounfall sterben würde, als durch eine Bärenattacke.

@dadchats

This is America 🐻 👨

♬ original sound – dadchats

In Deutschland gilt der Bär als ausgestorben, diese hypothetische Frage lässt sich hier also schlecht durchspielen. 2023 starben allerdings auch hier 2817 Menschen in Verkehrsunfällen. 2022 gab es insgesamt 157.818 Opfer von häuslicher Gewalt, davon waren 126.254 weiblich. Auch in Deutschland ist es also wahrscheinlicher als Frau häusliche Gewalt zu erleben, als in einem Verkehrsunfall zu sterben. Auch gab es laut Bundeskriminalamt 2023 12.186 bei der Polizei gemeldete Fälle von sexueller Nötigung oder Vergewaltigung, von diesen Fällen waren insgesamt 11.617 Opfer weiblich. So ist es also auch deutlich wahrscheinlicher, sexuell genötigt oder vergewaltigt zu werden, als in einem Verkehrsunfall zu sterben.

Von Olivia Bodensiek


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Über den Autor/die Autorin:

MADS-Team

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