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„Vollgas im „Schlaraffenland“-Modus“: Ennio spricht über sein neues Album

„Vollgas im „Schlaraffenland“-Modus“: Ennio spricht über sein neues Album
Foto: Jenrick Mielke

Der Münchner Indiepop-Künstler Ennio hat 2022 seinen Durchbruch mit dem Debütalbum „Nirvana“ geschafft. Am 20. September folgt nun das zweite Studioalbum „Schlaraffenland“ – mitsamt neuem Konzept. Im MADS-Interview erzählt Ennio, welche Themen ihn und viele andere junge Menschen beschäftigen.


Ennio, du veröffentlichst am 20. September dein zweites Album. Was war deine Vision dafür?

Ich habe extra einen Begriff als Titel gewählt, der sehr offen ist. „Schlaraffenland“, darunter kann sich ja erst mal jeder etwas vorstellen. Ich wollte für das Konzept, das ich im Kopf hatte, unbedingt einen Begriff wählen, der wandelbar ist. Am Anfang des Albums steht der Begriff „Schlaraffenland“ für einen Ort, den man nicht kontrollieren kann. Einen Ort, der einen herumschubst. In dem man existiert, aber nicht so richtig weiß, wie man navigieren soll, und auch einfach ein bisschen lost ist. Mit der Zeit lässt man verschiedene Dinge und Gefühle zu und entwickelt sich dadurch persönlich weiter. Bis man dann irgendwann realisiert, dass man sich gar nicht immer rumschubsen lassen oder die Kontrolle verlieren muss. Das „Schlaraffenland“ verwandelt sich also in eine Welt, die man sich selbst erschaffen kann. Letztendlich reflektiert es auch mein Leben der letzten Jahre.

Zur Person

Ennio, bürgerlich Ennio Frankl, wurde 2000 in München geboren. Seit 2016 veröffentlichte er zunächst unter dem Künstlernamen Emotional Club englischsprachige Musik. Ab 2021 folgte dann unter dem Namen Ennio die Veröffentlichung deutscher Indiemusik. Man konnte den Musiker bereits als Support-Act von Künstlern wie Provinz und Jeremias erleben. Seit der Veröffentlichung seiner ersten Single „Blaulicht“ kamen zwei EPs hinzu: „Stundenull“ (2022) und „Rimini Tape“ (2023). 2022 veröffentlichte der Künstler außerdem sein erstes Album unter dem Titel „Nirvana“. Ennio hat bereits drei eigene Touren und bei zahlreichen Festivals live gespielt.

Wie hat sich die Arbeit daran zu der an deinem ersten Album unterschieden?

Das erste Album war eher so eine Sammlung aus Songs, die in dieser Zeit entstanden sind und die ich dann veröffentlicht habe. Diesmal habe ich fast zwei Jahre an dem Album gearbeitet und habe eben mit einem Konzept, mit einem stimmigen Anfang und Ende und einer Story gearbeitet. Auch der Sound hat sich ein bisschen gewandelt. Es war dadurch eine ganz andere Herangehensweise, und es steckt einfach viel mehr dahinter, weil ich als Musiker viel dazugelernt habe. Ich glaube, das hört man.

Mit welchen Themen hast du dich in dem Album besonders auseinandergesetzt?

Es gibt echt einige Songs, die Momente des Erwachsenwerdens beschreiben. In „Die Jungs“ zum Beispiel geht es darum, dass man alte Freundschaften pflegt. Wahrscheinlich kennt es jeder, dass alte Freunde wegziehen oder einfach andere Lebenswege einschlagen und man sich aus den Augen verliert. Ich hatte damit in letzter Zeit ein bisschen zu kämpfen und glaube, dass sich da bestimmt einige junge Menschen mit identifizieren können. In „Die Erde dreht sich (ohne mich)“ geht es darum, dass egal was passiert, egal was du oder die anderen machen, das Leben immer weitergehen wird. Manchmal muss man einfach loslassen und versuchen, das Beste aus seiner Situation zu machen.

Ist das Schlaraffenland für dich mehr eine Flucht aus der Realität oder ein Ort, an dem du dich bewusst mit deinen Ängsten und Wünschen auseinandersetzt?

Eher das Zweite, aber auch nicht ganz. Vielleicht könnte man es als eine Reise zur Selbstbestimmtheit sehen. Dass man lernt, wie man selbst das Ruder in die Hand nehmen kann und wie man sein eigenes Leben und auch das Leben seiner Mitmenschen mitgestalten kann. Deswegen würde ich es auf keinen Fall als Flucht ansehen.

Ist es ein Privileg, so denken zu können und seine Selbstbestimmung zu finden?

Auf jeden Fall, zu 100 Prozent. Als ich neu in die Musikszene reingekommen bin, da wusste ich beispielsweise viele Dinge auch noch nicht. Ich hatte keine Ahnung, wie irgendwelche Verträge laufen oder wie man bei einem Festival gebucht wird. Ich wusste, wie man Gitarre spielt, Songs schreibt und singt. Aber es gibt noch so viele andere Dinge, auf die man achten muss. Und das ist dann zum Beispiel so ein Bereich in meinem Leben, den ich langsam gelernt habe zu navigieren. Wie ich mich nicht mehr rumschubsen lassen muss und wie ich für mich einstehen kann. Natürlich ist das ein riesiges Privileg. Für mich ist das größte Privileg, dass ich Musik machen kann – und dass es noch zusätzlich mein Job ist, ist verrückt.

Die Thematik spricht durchaus eine ganze Bandbreite an Gefühlen an: von Selbstbewusstsein und Hoffnung bis zu Ängsten vor einer ungewissen Zukunft. Wie vereinst du diese konträren Emotionen in deiner Musik?

Wenn man so lange an einem Projekt arbeitet, kommen viele Emotionen zusammen. Manche Songs habe ich schon vor zwei Jahren angefangen zu schreiben. Über diesen Zeitraum sammelt sich echt viel an, und man geht durch so viele verschiedene Phasen. Aber das ist irgendwie voll mein Ding, dass ich gerne nicht nur ein Genre von Songs mache, sondern lieber einen wilden Mix. Ich höre auch viel unterschiedliche Musik, eine Ballade und als Nächstes irgendeinen House-Track oder einen Countrysong. Bei mir war Musik schon immer sehr gemischt und ich ziehe aus vielen Genres meine Inspiration. Dementsprechend spiegelt sich das dann auch in dem Album wider. Es war immer mein Anspruch, verschiedene Dinge zu machen, alles andere langweilt mich.

Glaubst du, dass Musik helfen kann, solche Utopien wie ein persönliches Schlaraffenland zu erschaffen oder zumindest zu inspirieren?

Ich selber bin krass inspiriert von Musik und das bringt mir sehr viel Spaß und Glücksgefühle im Leben. Ich hoffe, dass meine Musik das auch bei irgendwem da draußen auslöst. Das wäre für mich persönlich als Musikfan sehr großartig.

Du hast dich bewusst dafür entschieden, in München zu bleiben und nicht etwa nach Berlin zu gehen. Wie beeinflusst die Stadt dein Schaffen?

Als Kreativschaffender ist man immer krass beeinflusst von den Menschen um einen herum und auch von dem Ort, an dem man sich befindet. Für mich persönlich ist München einfach ein guter Ausgleich, weil man mit Live-Shows, Touren und Festivals eh immer so viel unterwegs ist. Wenn ich dann mal freihabe, ist es für mich super wichtig, wieder Energie zu tanken. Weil ich in München aufgewachsen bin, habe ich meine ganzen Freundeskreise hier. Es ist immer eine schöne Abwechslung, dass die alle nicht so viel mit Musik zu tun haben. Dadurch komme ich aus meiner Bubble raus. Berlin ist sicher für viele sehr inspirierend. Für mich persönlich ist das so aber einfach der richtige Weg.

Du hast erwähnt, dass „Schlaraffenland eine neue Ära einleitet. Was kommt als Nächstes?

Ich bin gerade noch Vollgas im „Schlaraffenland“-Modus, weil ich gerade die Tour plane. Vieles muss noch gemacht werden, und das nimmt auch immer mehr Vorbereitungszeit in Anspruch, als man denkt. Dieses Momentum will ich erst mal noch ein bisschen genießen, bis es dann Zeit für etwas anderes ist.

Von Carlotta Krawczyk


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Über den Autor/die Autorin:

MADS-Team

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