Socialbnb: So wollen diese Studierenden Reisen nachhaltiger machen
Die Welt bereisen und dabei noch etwas Gutes tun? Studierende haben Socialbnb gegründet – eine Onlineplattform auf der man Übernachtungen bei sozialen Projekten buchen kann und die Organisationen vor Ort unterstützen.
Alexander Haufschild schreibt eigentlich gerade an seiner Bachelor-Arbeit. Ehrenamtlich arbeitet er aber mit 14 anderen Studierenden aus Köln an einem ganz anderen Projekt – jeden Tag, ohne Bezahlung. „Socialbnb“ heißt das Vorhaben, unter dem die Uni manchmal leidet, wie Alexander zugibt.
Es ist eine Online-Plattform, die von Kölner Studierenden gegründet wurde, um soziale Projekte und Nichtregierungsoranisationen (NGOs) finanziell zu unterstützen. Die Idee dahinter: Für etwa 20 Dollar pro Nacht können Urlauber bei solchen Organisationen übernachten – das Geld bleibt direkt vor Ort. Nicht bei irgendeiner anonymen Internetagentur.
Die Welt bereisen, exotische Orte kennenlernen und gleichzeitig noch etwas Gutes tun? Das wollen die Studierenden mit Socialbnb möglich machen. Es ist quasi das Airbnb mit gutem Gewissen. Kenia, Tansania, Thailand, Nepal, Uganda: Die Liste der Länder, die mit Socialbnb bereist werden können, ist mittlerweile lang. „35 Organisationen sind es insgesamt, gerade haben wir ein neues Projekt in Peru mit aufgenommen“, sagt Alexander.
Tuk-Tuk-Fahrer gibt Anstoß für Socialbnb
Die Geschichte von Socialbnb begann mit Mister Thy, einem Tuk-Tuk-Fahrer aus Kambodscha. „Eine ehemalige Teamkollegin lernte ihn bei einer Reise kennen, als sie sich zu ihm ins Tuk-Tuk setzte“, sagt Alexander. Mister Thy erzählte der Studentin von einer Schule, die er in seinem Dorf direkt neben seinem Haus gegründet hatte, um den Kindern Englisch beizubringen.
Die Studentin schaute sich das Dorf und die Klassenräume an – und wollte helfen. Mister Thy, die Kinder im Dorf und die Schule gingen ihr nicht mehr aus dem Kopf. Zurück in Deutschland überlegte sie mit Kommilitonen, wie man Mister Thy helfen könnte. „Er hat in seiner Schule in seinem wunderschönen Dorf, in dem tolle Menschen leben, leere Räume. Perfekt zum Vermieten“, sagt Alexander. Die Studierenden gründeten ihre Plattform.
Lehrer durch Gäste finanziert
Innerhalb der ersten drei Monate in denen Socialbnb online war, reisten 20 Menschen über die Plattform zu Mister Thy nach Kambodscha. Mit dem Übernachtungsgeld, das die Gäste vor Ort zahlen, kann die Schule Bücher kaufen und mehrere Lehrer einstellen. „Bis heute wird die Schule von Mister Thy auf diese Weise finanziert“, sagt Alexander stolz. Das Problem von kleinen, sublokalen Organisationen sei, dass sie keine Aufmerksamkeit bekämen – aber massiv von Spenden abhängig seien. „Und deshalb machen wir das auch den ganzen Tag“, sagt Alexander und lacht. Einige aus dem Team wollen Socialbnb nach dem Studium zum Beruf machen.
Mittlerweile sind acht Länder in der Reise-Kartei. „Vergangenes Jahr sind wir noch nach Peru gereist und haben dort selbst NGOs gesucht“, sagt Alexander, „aber wir können es uns auf Dauer nicht leisten überall hinzureisen.“ Deshalb klären die Studierenden über Videoanrufe und per E-Mail, ob eine Organisation für Socialbnb in Frage kommt. Bisher kommen die Kontakte meist noch über Bekannte der Studierenden, „aber es hat schon ein paar Bewerbungen gegeben“, sagt der 23-Jährige.
Preise variieren je nach Projekt
Die Übernachtungspreise sind an die jeweiligen Länder und Projekte angepasst, 20 US-Dollar sind eher eine Orientierungshilfe. „Bücher zu kaufen ist natürlich günstiger, als ganze Gebäude neu zu bauen – deshalb variieren die Preise“, erklärt Alexander. Günstig sei Kambodscha, eine Übernachtung kostet hier etwa 7 Dollar. Um die Projekte in Afrika zu unterstützen, sind dagegen bis zu 30 Dollar nötig. „Die Gastgeber entscheiden selbst, wie viel Geld sie nehmen wollen“, sagt Alexander. „Aber wir beraten sie – auch, damit sie konkurrenzfähig gegenüber Hotels bleiben.“
Die 15 Studierenden haben ein ehrgeiziges Ziel: „Wir wollen die größte soziale Reiseplattform werden“, sagt Alexander. Mit ihrem Projekt distanzieren sie sich außerdem klar von der Vermittlung sogenannter Volunteers, also freiwilliger Arbeiter. „Das ist ein Thema, das heiß diskutiert wird, was auch gut ist“, erklärt Alexander. Der Bevölkerung vor Ort diene es nur bedingt, wenn junge Menschen auf Reise in die Dörfer kämen, um hier für kurze Zeit zu arbeiten. „Nur weil jemand Europäer ist, muss er nicht zwei Wochen Englisch in einem kambodschanischen Dorf unterrichten“, sagt er.
Keine Freiwilligenarbeit bei Socialbnb
Gerade bei Bildungsorganisationen sei es viel wichtiger, dass echte Lehrer vor Ort unterrichten und auch lange dort bleiben, damit sich die Kinder nicht zu oft umgewöhnen müssen. „Aber die Menschen an unseren Standorten haben immer Lust darauf, den Gästen ihr Projekt zu erklären, sie herumzuführen und alles zu zeigen“, sagt Alexander.
Alternative zu Massentourismus
Vor allem junge Menschen gehören zu den Kunden von Socialbnb. „Es gibt aber auch eine Wildnis-Station in Südafrika, die eine Lodge vermietet“, sagt Alexander. „Da hatten wir schon ganze Familien zu Besuch.“ Doch auch wenn die Studierenden mit ihrem Projekt hauptsächlich NGOs unterstützen wollen, haben sie noch etwas anderes im Sinn: eine Alternative zum Massentourismus schaffen. Ganz abseits von ausgetretenen Pfaden oder geführten Touren. Und dann auch noch für eine gute Sache.
Tomma Petersen