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Mehr als ein Foto aus Auschwitz

Ein einziges Foto. Nur ein einziges Foto habe ich beim zweitägigen Besuch vom 10.-11.10.2023 der Gedenkstätten Ausschwitz und Birkenau aufgenommen. Dieser Ort ist eine Gedenkstätte, das habe ich gespürt. Durch eine Smartphone Linse kann ich nicht ernsthaft mitfühlen und respektvoll aller Ermordeten gedenken. Die Häftlinge dort sind und waren Menschen wie Sie und ich. Im Rahmen einer Fahrt des Seminarfachs “Geschichte“ der 13.Klasse der Käthe-Kollwitz-Schule waren wir in Krakow und Umgebung. Was ich beim Besuch der Gedenkstätte wahrgenommen und erlebt habe, davon will ich im Folgenden berichten:

Beim Betreten der Gedenkstätte des ehemaligen Stammlagers Ausschwitz gehe ich durch graue Betongänge, es ist ganz still. „Aharon Altmann“ und „Yosef Mendelboum“ erklingt es durch die Lautsprecher. Ich höre die Namen der Opfer des Holocaust, die hier von den Nationalsozialisten ermordet wurden.

Eine ehemalige Häftlingsbaracke aus roten Backsteinen betritt unser Kurs. In hohen Räumen liegen bis zur Decke Koffer, dann Schuhe und schließlich menschliche Haare. Braun, Schwarz, Blond, gelockt, gerade… hunderttausende unterschiedliche Strähnen, hunderttausende unterschiedliche Menschen. Die Haare wurden den Deportierten nach ihrer Ankunft in Auschwitz oder den Ermordeten nach ihrem Tod abrasiert. Die Nationalsozialisten wollten den Menschen jegliche Individualität und vor ihre Würde rauben. Aus den Haaren fabrizierten deutsche Unternehmen Textilien. Die Kofferberge, Schuhberge und Haarberge sind stumme Zeugen der ermordeten Menschen und sie spiegeln nur einen kleinen Bruchteil des ganzen Ausmaßes der etwa 1.5 Millionen der in Ausschwitz ermordeten Menschen wider.

In einer weiteren Häftlingsbaracke hängt das Portrait eines Jugendlichen. Darunter steht der Name: Moses. Er war 16 Jahre alt. Im Februar 1942 wurde er nach Auschwitz deportiert, nicht mal einen Monat später wurde er ermordet. An den beiden Wänden des Korridors hängen weitere Hunderte Gesichter. Gerade jüdischen Menschen blieben oft nicht einmal mehr als zwei Monate in Auschwitz, ehe sie ermordet wurden.

Wir gehen schweigend zur „Todeswand“. Hier gedenken wir den zehntausenden Menschen, die dort von SS-Männern erschossen wurden. Sie mussten sich mit den Rücken zu ihren Mördern stellen, damit diese ihnen nicht ins zutiefst menschliche Gesicht gucken mussten.

Das Ausmaß der in Auschwitz und in ganz Europa verübten Nationalsozialistischen Verbrechen scheint mir unfassbar groß. Ebenso stand ich vor dem Tor des ehemaligen KZ und links wie rechts konnte ich das Ende fast nicht sehen. Was die Nationalsozialisten schon in Ausschwitz Stammlager an Leid und Ermordung verursachten, taten sie in Ausschwitz-Birkenau noch mehr Menschen an und das zunächst ohne ersichtliches Ende. Die Nationalsozialisten bauten sogar noch 1945 an der Erweiterung des KZ Auschwitz-Birkenau.

An einer heute grünen Wiese direkt hinter den Ruinen des Krematorium V stehen schwarze Gedenksteine. Hier liegt die Asche unzähliger ermordeter und auf Scheiterhaufen verbrannter Menschen. Eine 1944 illegal von Mitgliedern des „Sonderkommandos“ aufgenommene Fotografie zeigt die Verbrennung der Leichen. Ich schlucke hart.

Ich bin 17 Jahre alt und nach einem Besuch der Gedenkstätten in Ausschwitz und Birkenau habe ich ein tieferes Verständnis für die NS-Verbrechen und Verantwortungsbewusstsein. Es ist passiert. Es kann wieder passieren. Die hasserfüllte und menschenverachtende Ideologie der Nationalsozialisten war die Triebfeder des Holocaust. Antisemitismus, Rassismus, Antiziganismus, Queerphobie und weitere Formen von Hass und Diskriminierung sind auch im heutigen Deutschland spürbar. Es ist unser aller Verantwortung diesem Hass, diesen Diskriminierungen und daraus erwachsenen rechten Ideologien keinen Raum zu geben. Es ist unsere Verantwortung die Freiheiten der Demokratie zu nutzten und so für Vielfalt, Toleranz, Gleichheit und Gerechtigkeit aller Menschen einzustehen.


Von Robin Rohde
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