Interview mit Robert
Der dritte Platz beim Schreibwettbewerb 2017 geht an Miriam Reuter aus der Oststadtschule Wunstorf. Miriam hat Robert interviewt, er war einige Jahre im Gefängnis und hat dann einen Neustart gewagt.
Hallo Robert, danke, dass du dir die Zeit für das Interview genommen hast! Es geht ja um das Thema „Neustart“, dazu hast du bestimmt viel zu sagen. Aber erst mal: Wie alt bist du eigentlich?
33 Jahre alt.
Robert, du warst ja einige Jahre im Gefängnis. Warum bist du ins Gefängnis gekommen?
Ich habe Drogen verkauft und auch Drogen genommen.
Wie lange warst du im Gefängnis? Und wo?
Ich war vier Jahre im Gefängnis: In Göttingen in der U-Haft, in Stuttgart-Stammheim und in Brandenburg.
Wie hat der Tag ausgesehen?
Im Gefängnis wirst du so zwischen 5 und 6 Uhr geweckt, indem die Tür radikal aufgeschlossen wird. Dann wird dir eine Taschenlampe ins Gesicht gehalten und geguckt, ob du noch lebst und „Guten Morgen“ gesagt, oder auch nicht. Dann wird die Tür zugeknallt, du bist wach und weißt erst mal wieder, wo du bist. Zum Frühstück geht die Tür auf, es gibt ein minderwertiges Frühstück, zwei Scheiben Brot, Butter, die man nicht schmieren kann, ein bisschen Marmelade und ein Tässchen Tee – dann geht die Tür wieder zu. Zum Mittagessen stehst du an der Tür. Da, wo ich war, in Stammheim, da hast du eine Schüssel hingehalten und alles, was es gibt, Kartoffel, Brühe, Fleisch, hast du da reingekriegt, und das musst du dann essen. Du kamst dir vor wie ein Hund. Und dann nachmittags darfst du eine Stunde auf den Hof gehen. Mit den ganzen Leuten darfst du eine Runde laufen, musst dich halt natürlich mit den Leuten verstehen. Und abends ist Abendbrot, da kriegst du das Gleiche wie zum Frühstück, nur ein paar Scheiben Wurst. Tür zu und schlafen.
Was war dein wichtigster Neustart in deinem Leben?
Jesus – Jesus war der Neuanfang, da war alles neu. Da war ich bereit zu akzeptieren, dass alles noch einen Sinn hat. Viel größeren Sinn, als ich jemals für möglich gehalten hätte. So scheiße, wie manches war, war auch alles so richtig. Neuanfang pur, und da befinde ich mich jetzt immer noch drin. Mein komplettes Leben beginnt ja gerade neu. Jetzt bin ich über ein Jahr draußen. Für mich fängt alles neu an. Alles ist anders. Ich lebe mit Jesus, alle Menschen an meiner Seite sind anders. Ich habe jeden Tag Gefühle, die ich früher nie gehabt habe. Ich bin ein neuer Mensch, ja – und der verlorene Sohn, das bin ich. Das war total cool, das wollte ich jetzt noch kurz erzählen. Jemand hat über den verlorenen Sohn gepredigt. Der verlorene Sohn, der das Geld haben wollte, von zu Hause weggegangen ist und das Geld verprasst hat – dann hat er eine Pause gemacht, dann durfte ich kurz meine Geschichte erzählen. Dann habe ich erzählt und ich kam mir total bescheuert vor, weil ich das erste Mal vor Menschen geredet habe. Mir kam das total blöd vor. Weil ich dachte, viel zu schnell und was die Leute dann von mir denken. Und nach meiner Zeit hat er dann die andere Geschichte weiter erzählt, dass der Sohn wieder fröhlich empfangen wurde. Das war ich dann natürlich auch. Eine Weile später kam eine Frau zu mir, die ist mit ihrer Freundin nach Hause gefahren und ihre Freundin hat geweint und hat wieder mit Jesus neu angefangen.
Jetzt ist es so, dass ich alles neu anfange. Und jetzt hat mich Jesus dazu gelenkt, anderen Menschen zu helfen mit meiner Geschichte. Gerade jungen Leuten eventuell. Dass ich berichten kann. Dass ich ihnen ein Vorbild sein kann. Das mach ich zurzeit, und ich versuche, Gruppen aufzubauen für Jugendliche. Und ich erzähl dann meine Geschichte und ich merke, dass das vielen Leuten einfach helfen kann. Das ist auch so ein Neuanfang, der gerade im Begriff ist zu starten.
Wo lebst du heute?
Meistens in Spremberg, Cottbus. Bei meiner Freundin, da lebe ich die meiste Zeit.
Wie war es, als du wieder frei warst?
Ich hab mich riesig gefreut, als ich frei war. Hab dann meine Freundin kennengelernt, mit der will ich eine Familie aufbauen. Der Neuanfang geht hier draußen weiter. Es ist ja auch so, dass ich geistlich meinen Neuanfang im Knast gestartet habe, jetzt beginnt mein richtiges Leben neu. Neue Menschen, neue Gefühle und neue Einstellungen ohne Drogen und ohne viel Geld. Ich hab auch jetzt immer noch damit zu kämpfen. Ich hatte halt früher ganz ganz viel Geld, und jetzt muss ich drei Jobs haben, um genug Geld zu haben. Ich wusste ja schon, wie es ist, viel Geld zu haben, das ist echt ein Kampf und der wird mein ganzes Leben bleiben.
Robert, vielen Dank für das Interview!