„Nackt über Berlin“ in der ARD-Mediathek: Zwei Jungs auf Abwegen
Die Serie „Nackt über Berlin“ ist in der ARD-Mediathek verfügbar. Jannick und sein Freund Tai erleben in Berlin einige wilde Wochen. Nach dem dem Suizid einer Klassenkameradin müssen die beiden jedoch erkennen, dass Gewalt gegen Ungerechtigkeit wenig hilft.
Jannick (Lorenzo Germeno) und Tai (Anh Khoa Trần) sind beide Außenseiter an ihrer Schule und haben sich so als Freunde gefunden. Doch Jannick hapert mit seiner Homosexualität und seinen Gefühlen für Tai – von denen dieser nichts weiß. Tai hingegen war in Melanie Heise verliebt, welche sich nach einer unglücklichen Affäre mit einer Lehrerin vom Schuldach stürzte. So beginnt die Serie „Nackt über Berlin“ (ARD-Mediathek).
Als Tai abends im Park Direktor Lamprecht betrunken auf einer Bank findet, nimmt das Drama seinen Lauf. Tai ruft Jannick an, gemeinsam sperren die beiden Lamprecht in seinem eigenen Smart-Home ein.
Tragikomik trotz ernster Themen
Trotz ernster Themen wie der Diskriminierung, die Tais Familie aufgrund ihrer Herkunft erfahren hat, bietet die Serie jede Menge Raum für Tragikomik: Jannicks Vater muss seine Männlichkeitsvorstellungen aufgrund des eigenen Sohnes überdenken, Erwachsene werden als hilflos und überfordert enttarnt. Besonders die Dialoge und das Sounddesign der Serie – Jannick liebt klassische Musik, besonders Tschaikowski – können überzeugen. In ihrer Tragikomik erinnert die Serie stellenweise an Wolfgang Herrndorfs Tschick, auch wenn die Gewaltspirale, die sich entfaltet, deutlich düsterer ist.
„Nackt über Berlin“: Mehr Gewalt schafft mehr Probleme
Immer heftiger wird die Gewalt, die die beiden Jungen nutzen, um ein Geständnis von Lambrecht zu seiner Schuld an Melanies Tod zu erpressen. Was als Scherz beginnt, ist spätestens dann nicht mehr lustig, als Lamprecht das Wasser abgedreht wird. Die Serie zeigt auf, wie leicht Jugendliche in die Kriminalität abrutschen können.
Zwischen Gut und Böse liegt ein schmaler moralischer Grat – so müssen auch Jannick und Tai am Ende schmerzhaft erkennen, dass Gewalt statt Lösungen nur neue Probleme schafft. Man merkt der Serie an, dass der Drehbuchautor Alex Ranisch auch den Roman geschrieben hat, auf dem die Verfilmung basiert. Serie und Buch lohnen sich gleichermaßen für alle, die das Coming-of-Age-Genre mögen.
Von Lisa Neumann
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