Ministerpräsident Weil diskutiert mit Abiturienten über Politik
Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) hat am Donnerstag in der St. Ursula-Schule mit Abiturientinnen und Abiturienten über Politik diskutiert. Er lobte die Schüler, die immer freitags für Klimaschutz auf die Straße gehen.
Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) hat am Donnerstag bei einem Besuch in der St. Ursula – Schule die Schüler gelobt, die bei den „Fridays for Future“ für den Klimaschutz eintreten: „Demokratie lebt vom Einmischen.“ In einer Diktatur sei der Staat froh, wenn sich die Menschen nicht einbrächten, eine Demokratie dagegen gehe kaputt, wenn die Menschen sich zurückzögen und nicht mehr politisch engagierten, sagte der SPD-Politiker vor rund 60 Abiturienten.
Vermittelt hatte den hohen politischen Besuch in der katholischen Schule Politiklehrer Mathias Schulz. Er ist ein Schulfreund Weils, war mit ihm erst auf der Grundschule Kestnerstraße, später auf dem Kaiser-Wilhelm-Gymnasium, das heute Kaiser-Wilhelm- und Ratsgymnasium heißt. Die Veranstaltung stand unter dem Motto „Mit dem Ministerpräsidenten zum Abitur“, denn am 1. April steht die schriftliche Abiturprüfung an, und im Gespräch mit Weil sollten die Zwölftklässler noch einmal die für sie offenen Fragen klären.
Kompromissfähigkeit in Politik entscheidend
Die jüngere Generation werde die Folgen des Klimawandels viel stärker zu spüren bekommen also die 50- bis 60-Jährigen, betonte Weil, umso wichtiger sei es, dass die Jugendlichen auf die Straße gingen. Die Stimme der Jugend werde gehört, versicherte der Ministerpräsident, beim Thema Klimaschutz, aber Streit um Upload-Filter und die EU-Urheberrechtsreform. Er selbst sei über die Arbeit als Schülervertreter und die katholische Jugendarbeit zur Politik gekommen. „Politik macht richtig viel Spaß“, sagte er. Dabei müsse man auch die Meinungen anderer akzeptieren, Weil verwies auf ein Zitat des früheren Bundeskanzlers und „Weltweisen“ Helmut Schmidt: „Wer zum Kompromiss nicht in der Lage ist, taugt nicht zur Demokratie.“
„Einmischen ist wichtig“
Ministerpräsident Stephan Weil spricht mit Abiturienten in der St. Ursula-Schule. Fotos: Moritz Frankenberg
Das Schlimmste, was einem Politiker passieren könne, sei es, nur im eigenen Saft zu schmoren, sagte Weil. Daher seien auch Gespräche mit Lobbyisten nicht verwerflich, man müsse immer nur wissen, aus welchem Interesse heraus bestimmte Menschen ihre Argumente vorbrächten. Gewerkschaften und Umweltverbände könnten genauso viel Druck machen wie Unternehmen, ist der Ministerpräsident überzeugt.
Deutschland sei das einzige Land, das gleichzeitig den Ausstieg aus der Kohle und aus der Atomenergie plane. Ein ehrgeiziges Vorhaben, da sei ein gutes Drehbuch unerlässlich. Klimaschutz brauche auch Akzeptanz in der Gesellschaft, wenn beispielsweise Arbeitsplätze verloren gingen, sei das schwierig.
Ja zur Frauenquote und Wählen ab 16
Den Schülern ging es nicht nur um den Klimaschutz. Sie wollten auch wissen, was Weil von gendergerechter Sprache hält: „Ich versuche, mich geschlechtergerecht auszudrücken, aber mit dem * habe ich meine Probleme.“ Wie er eine Frauenquote in den Parlamenten findet? „Anders wird es wohl nicht gehen, Appelle helfen nicht“, sagte er. „Frauen machen mehr als die Hälfte der Bevölkerung aus, aber in den Parlamenten sitzen nur ein Viertel Frauen, der Frauenanteil ist nach 100 Jahren Frauenwahlrecht nicht anwachsend, sondern sogar rückläufig.“ Sollten bei Landtags- und Bundestagswahlen schon Schüler ab 16 ihre Stimme abgeben dürfen? „Unbedingt“, sagte Weil, schließlich dürften sich Jugendliche ja auch schon früher ans Steuer eines Autos setzen.
Was sei für ihn soziale Gerechtigkeit, wollte eine Schülerin wissen. „Wenn diejenigen, die unverschuldet in Not gekommen sein, gesellschaftliche Hilfe bekommen, wenn Leistung gerecht behandelt wird, wenn es gewürdigt wird, dass sich jemand anstrengt“, antwortete Weil. Ein Anhänger des bedingungslosen Grundeinkommens ist er nicht: „Wer nicht arbeiten will, sollte keine gesonderte Unterstützung bekommen.“
Die vergangenen 70 Jahre, die Deutschland in Frieden, Freiheit und Wohlstand erlebt habe, seien die besten in der Geschichte des Landes, sagte Weil, und er bekam Unterstützung von Schulleiter Norbert Junker, der sagte: „Nationale Alleingänge führen zu nichts, nur in die Irre.“
Von Saskia Döhner