Seite auswählen

Werbung

Mediziner über den Trend zu Abnehmspritzen: „Viele gehen auf Ausgangsgewicht zurück“

Mediziner über den Trend zu Abnehmspritzen: „Viele gehen auf Ausgangsgewicht zurück“
Foto: Unsplash/Fuu J

In sozialen Netzwerken, vor allem auf Tiktok, sind sogenannte Abnehmspritzen derzeit Thema. Wie gefährlich ist der Hype – und was bewirken die Spritzen überhaupt? Das erklärt Endokrinologe Prof. Dr. Andreas Pfeiffer im MADS-Interview.


Herr Pfeiffer, was hat es mit den sogenannten Abnehmspritzen auf sich?

Eigentlich werden diese Spritzen bei Patienten mit Diabeteserkrankungen eingesetzt. Ich bin Endokrinologe, also Hormonspezialist und befasse mich auch mit den Hormonen, die Diabetes bedingen. In diesem Rahmen verwenden wir das Medikament Ozempic auch schon seit Jahren, jetzt wird es vermehrt im Internet als Mittel der Gewichtsreduktion beworben.

Andreas Pfeiffer ist Endokrinologe an der Berliner Charité. Foto: privat

Wie sehen Sie denn diesen Hype?

Es gab ja bereits eine große Menge an Medikamenten zur Bekämpfung von Adipositas, die aber alle ungewünschte Nebenwirkungen zur Folge hatten. Das Gute an den Medikamenten wie Ozempic: Durch den langjährigen Gebrauch in der Diabetes-Behandlung wissen wir, dass sie sehr sicher sind. Es wird derzeit auch viel an ähnlichen Medikamenten geforscht, da wird noch einiges nachkommen. Man kann auch mit anderen Maßnahmen wie hypokalorischen Diäten für Gewichtsabnahmen sorgen. Studien haben aber gezeigt, dass so etwas meistens nicht nachhaltig hilft. Bei einer Gewichtsreduktion von 10 bis 15 Kilogramm nehmen zwischen 80 und 90 Prozent der Personen wieder zu. Und es ist nicht so, dass diese Menschen das wollen.

Und bei Medikamenten wie Ozempic ist das nicht so?

Doch, Studien haben gezeigt, dass viele Personen nach der Absetzung der Medikamente oft wieder auf das Ausgangsgewicht zurückgehen. Das gilt nicht für alle, aber die Wirkung hält bei den meisten nur bei einer durchgehenden Behandlung an. Bei Menschen mit chronischer Adipositas spricht medizinisch aber nichts gegen eine dauerhafte Therapie.

Wie helfen solche Medikamente denn überhaupt bei der Gewichtsreduktion?

Unter anderem steuern sie den Hunger, Appetit und Energiestoffwechsel. Das hängt damit zusammen, dass der Wirkstoff Semaglutid aus diesen Medikamenten auch bestimmte Regelkreise im Gehirn aktiviert, wenn man so will, den körpereigenen Kalorienzähler. Und das ist die Wirkung, die insbesondere mit dieser Gewichtsreduktion zusammenhängt, bei Ozempic sind das zwischen sechs und acht Kilo im Monat. Andere Medikamente sind höher dosiert, da kommt man dann auf noch höhere Gewichtsabnahmen.

Foto: Unsplash/i yunmai

Für wen sind solche Medikamente geeignet?

Diese Medikamente können vor allem für Menschen mit Adipositas hilfreich sein. Das ist einfach eine Krankheit, die sehr gefährlich ist. Wenn Leute im mittleren Lebensalter Adipositas haben, dann prädisponiert sie das für Diabetes, Herzinfarkte, Schlaganfälle, Krebs und noch einiges mehr. Personen, die dieses Problem nicht haben, können das oft nicht nachvollziehen, aber Betroffene kämpfen meistens mit einem Zwang zu essen. Oft wollen sie ja abnehmen, schaffen es aber nicht. Da sind solche Medikamente sehr hilfreich.

Für wen wäre das Medikament eher nicht geeignet?

Wir bekommen oft Nachfragen von jungen Frauen, die unter sozialem Druck stehen, schlank zu sein, und deshalb auch sehr mit Ernährung kämpfen. Für die ist das Medikament nicht zielführend.

Welche Nebenwirkungen gibt es?

Die Nebenwirkungen sind nicht lebensbedrohlich und beschränken sich meistens auf den Darm. Dazu gehören Völlegefühl, Erbrechen und Durchfall. Das kann auch auftreten, wenn das Medikament zu schnell zu hoch dosiert wird. Die Dosierung sollte langsam gesteigert werden, dann vertragen 90 Prozent der Menschen das Medikament gut. Vereinfacht gesagt, ist es sehr gut für Menschen, die ein Problem mit Adipositas haben. Leider ist diese im deutschen Gesundheitssystem nicht als Krankheit anerkannt, weshalb für diese Medikamente meistens selbst bezahlt werden muss. Das kann auf Dauer eine ganze Menge Geld kosten.

Zur Person

Prof. Dr. Andreas Pfeiffer ist Endokrinologe, also Hormonspezialist, an der Charité-Universitätsmedizin in Berlin. Dort befasst er sich mit den Stoffwechselhormonen, unter anderem auch mit denen, die Diabetes bedingen. Ozempic wird dort seit Jahren in der Behandlung von Patientinnen und Patienten mit Diabetes verwendet.


Lies auch:


Über den Autor/die Autorin:

Poste einen Kommentar:

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Newsletter

UNSERE MADS-PARTNER

Jetzt zum MADS-Newsletter anmelden

Jetzt zum MADS-Newsletter anmelden

Laufend die neuesten Artikel direkt in deine Mailbox -bequemer geht's nicht. Melde dich schnell und kostenlos an!

Du bist erfolgreich angemeldet