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MADS erklärt: Wer war Magnus Hirschfeld?

MADS erklärt: Wer war Magnus Hirschfeld?
Foto: Archiv der Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft e.V., Berlin

„Früher hat es so was nicht gegeben!“ Im Pride Month argumentieren Konservative gerne mal, dass Queerness eine neuartige Trendbewegung sei. Doch die Wahrheit ist: Queere Menschen hat es immer gegeben, es war nur ein langer Weg, ehe sie sich halbwegs sicher in der Öffentlichkeit zeigen konnten. Ein Wegbereiter war Magnus Hirschfeld.


Magnus Hirschfeld war ein jüdischer Arzt, der zunächst als Allgemeinmediziner arbeitete, ehe er nach Berlin zog und dort bereits 1897 das Wissenschaftliche Humanitäre Komitee gründete. Das Komitee setzte sich dafür ein, dass sexuelle Handlungen zwischen Männern entkriminalisiert werden, und erreichte sogar, dass die Abschaffung des Paragrafen 175 im Reichstag diskutiert wurde.

Paragraf 175: Dieser Paragraf existierte noch bis 1994 im deutschen Strafgesetzbuch. Eingeführt worden war er bereits im Kaiserreich 1871 und stellte homosexuelle Handlungen zwischen Männern unter Strafe. Wer nach diesem Paragrafen verurteilt wurde, den erwartete eine Gefängnisstrafe, zu Zeiten des Nationalsozialismus sogar das KZ.

Das Institut für Sexualwissenschaft

Nach dem Ersten Weltkrieg gründete Hirschfeld 1918 das Institut für Sexualwissenschaft in Berlin. Hier forschte er mit anderen Ärzten zu Homosexualität und Transidentität, versuchte Zahlen zu erheben, wie verbreitet Sexualitäten, die von Heterosexualität abweichen, in der Gesellschaft sind. Doch vor allem wollte man mit der dortigen Arbeit zeigen, dass Homosexualität keine Krankheit ist. So produzierte er 1919 den ersten Schwulenfilm der Geschichte, um diese Sexualität und den Umgang damit zu normalisieren. Auch in anderen Bereichen, etwa der Erforschung von sexuell übertragbaren Krankheiten und Verhütung, war das Institut Vorreiter. Und auch Hirschfelds Forschungen zum „Dritten Geschlecht“ haben immer noch eine Bedeutung für die heutige Queer-Theorie.

Hirschfeld wollte sexuell aufklären und alle sexuellen Orientierungen und Identitäten erforschen und verstehen, anstatt sie zu verurteilen. Die Patienten stammten aus allen gesellschaftlichen Schichten, und zahlreiche Institutsmitarbeiter und Ärzte waren selbst homosexuell oder zu der Zeit sogenannte „Transvestiten“. Auch Hirschfeld selbst war schwul.

Zerstörung und Vertreibung durch die Nationalsozialisten

Hirschfeld war für die Nationalsozialisten ein besonderes Feindbild. Bereits in den 20er-Jahren wurde er nach Vorträgen beleidigt, einmal sogar angegriffen. Ab 1930 fühlte er sich in Deutschland durch die immer weiter erstarkenden Nationalsozialisten nicht mehr sicher. So hielt er in den 30er-Jahren zunächst Vorträge in den USA. Nach Deutschland kehrt er nie zurück und nach verschiedenen Stationen in Europa lebte er schließlich im französischen Nizza. Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 wurde sein Institut geschlossen und geplündert. Bei den Bücherverbrennungen wurde die gesamte Institutsbibliothek, mit Forschungsarbeiten über Queerness, zusammen mit einer Büste von Hirschfeld verbrannt. Hirschfeld verstarb 1935 in Nizza.

Von Jennifer Kramer


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Über den Autor/die Autorin:

Jennifer Kramer

Jennifer (22) studiert in Hannover Politikwissenschaft. Damit das Studium nicht zu eintönig wird, schreibt sie nebenbei für MADS über alles, was sie bewegt. Besonders gern über Politik, Kultur und Literatur.

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